Obwohl sich Hermann Gaßner junior gegen die 18 stärksten europäischen Nachwuchsfahrer durchsetzen konnte und Schnellster nach den sechs Wertungsprüfungen war, entschied sich die hochkarätige Jury beim Pirelli Star Driver Shootout gegen den deutschen Youngster. Die Entscheidung fiel letztendlich auf den Finnen Jarkko Nikara und den Tschechen Martin Semérad.

Für die europäische Zone sollten zwei Piloten den Zuschlag erhalten. Dabei lag es auf der Hand, dass bei einer solchen Fahrersichtung marktpolitische Entscheidungen niemals völlig auszuschließen sind: Schließlich investiert Pirelli viel Geld in das ehrgeizige Nachwuchsprojekt, das der italienische Reifenhersteller quasi im Paket der Alleinausrüstung der WRC "mitgekauft" hat.

Als Pirelli von den Pariser Mächten, der FIA, den Vertrag als Alleinausrüster der Rallye-WM erhielt, war in dem Abkommen auch jener Punkt integriert, wonach sich der Reifenhersteller zu einer solchen Nachwuchsaktion verpflichte. Die "Driver Search" war also ein Teil des Abkommens und musste von Pirelli im Rahmen des Alleinausrüstervertrags mit akzeptiert werden. Da die Investition ohnehin getätigt werden musste, hatte Pirelli bis zuletzt nichts dagegen, dass der schnellste Pilot den Zuschlag erhalten würde. Jetzt wurde offenbar anders entschieden.

Die FIA hat bereits im Vorfeld einige Piloten von der Teilnehmerliste streichen lassen, da sie "nicht dem Geist der Veranstaltung" entsprächen. Darunter war auch Andreas Aigner, der von der OSK nach einem Hearing nominiert wurde. Nur einen Tag vor deren Streichung haben der FIA-Stellvertreter Sandström und Pirelli-Mann Isola in einem exklusiven Gespräch mit der motorline.cc die Teilnahme von Andi Aigner, Martin Prokop, Patrick Sandell und Michal Kosciuszko begrüßt. Wittmann wurde dann als Zweitplatzierter des OSK-Hearings nachnominiert.

Damit ist die Aussage von Peter Tyson, dem Pirelli-Marketingchef, ein wenig in Frage zu stellen. Direkt nach der Entscheidung für Nikara und Semérad meinte er: "Wir sind mit dieser Wahl überaus glücklich. Es sind zwei sehr junge Fahrer, die nun die Möglichkeit haben, sich in der Weltmeisterschaft einem Millionenpubllikum zu präsentieren. Es war ein Projekt, das es seit Bestehen der Weltmeisterschaft noch nie gegeben hat. Damit kommt frisches Blut in die WM."

Auch Hans-Christoph Mehmel, Präsident des FIA Rallyekollegiums, bestätigte die enge Entscheidung:: "Die beiden Gewinner sind würdige Sieger, aber unter den 18 hoffnungsvollen Teams hätte diese Ehre beinahe jeder verdient. Unsere Jury hat es sich nicht leicht gemacht und bis zum letzten Augenblick heftig diskutiert."

Walter Röhrl begründete die Entscheidung gegen Hermann Gaßner wie folgt: "Jarkko war hinsichtlich des Fahrens außer jeder Diskussion. Die nachfolgenden Vertreter lagen alle sehr eng beieinander. Dies betraf Tschechien, Italien und Irland. Man hat sich dann für den mit 18 Jahren jüngsten Teilnehmer, Martin Semerád, entschieden. Mit dieser Entscheidung konnten wir alle leben. Denn die Zeiten waren nicht alleine entscheidend."

Nachdem sich Hermann Gaßner junior auf den drei Schotter- und den drei Asphaltprüfungen gegen die Konkurrenten durchsetzen konnte und inoffizieller Gesamtsieger der Zeitenjagd war, wurde seine Hoffnung nicht erfüllt: "Ich habe hier mein Bestes gegeben und bewiesen, dass ich zu den schnellsten Nachwuchsfahrern Europas gehöre. Selbstverständlich bin ich enttäuscht, dass es für mich nicht gereicht hat. Aber ich werde weiter kämpfen, um mein Ziel, nächstes Jahr in der Weltmeisterschaft zu starten, zu erreichen. Die Entscheidung lag eben in den Händen der Jury."