Die Luft an der Spitze ist dünn, beim dritten Lauf zur FIA Rallye-Weltmeisterschaft in mehrerlei Hinsicht noch etwas dünner: Die WM-Führenden und Titelverteidiger Sébastien Ogier/Julien Ingrassia und die WM-Zweiten Andreas Mikkelsen/Anders Jæger stehen auf dem "Dach der Rallye-WM" vor einer äußerst schweren Aufgabe. Bei der Rallye Mexiko starten sie als Erste und Zweite auf die schwierigen Schotter-Strecken Zentralmexikos, ihre Volkswagen Teamkollegen Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila als Achte. Ihr gemeinsames Ziel: für Volkswagen zum vierten Mal in Folge in der extremen Höhe von bis zu 2.746 Meter über Normalnull zu triumphieren und damit den bisher einsamen Rekord des Polo R WRC von zwölf aufeinanderfolgenden Siegen einzustellen. 399,71 Kilometer gegen die Uhr stehen auf 21 Wertungsprüfungen auf dem Programm – darunter die mit 80,00 Kilometer längste und die mit 1,09 Kilometer kürzeste in der Geschichte des Polo R WRC.

"Wir haben es in Mexiko mit vielen Extremen zu tun", so Volkswagen Motorsport-Direktor Jost Capito. "Die Wertungsprüfungen sind die am höchsten gelegenen der Saison, die längste Prüfung des Jahres steht auf dem Programm und gleichermaßen die kürzeste in den Tunneln von Guanajuato. Wir kommen mit Sébastien Ogier und Andreas Mikkelsen als WM-Erste und -Zweite nach Mexiko – das ist alles andere als eine leichte Aufgabe, weil sie die Route eröffnen und einen Nachteil in Kauf nehmen müssen. Gleichzeitig hat Jari-Matti Latvala als Achter auf der Strecke eine gute Startposition. Einen Extrakick Motivation ziehen wir aus der Chance, den zwölften Sieg in Folge holen zu können und damit womöglich unseren eigenen Rekord einzustellen. Doch bei der ersten Schotter-Rallye des Jahres und angesichts der stark aufgestellten Konkurrenz wird es ein hartes Stück Arbeit. Aber die hat noch niemand in unserem Team gescheut. Wir freuen uns auf Mexiko."

¡Viva México! Enthusiastische Rallye-Begeisterung eines fairen und fachkundigen Publikums

Mit die leidenschaftlichsten Fans der Rallye-Welt, dazu der Gänsehaut-Start in Guanajuato und viel Begeisterung für die Marke Volkswagen – der dritte Saisonlauf der Rallye-WM ist nicht nur für das Team von Ogier, Latvala, Mikkelsen und Co. ein wahres Highlight. Hunderttausende begeisterte Zuschauer säumen von Donnerstagabend bis Sonntagmittag die Wertungsprüfungen und feiern die Teilnehmer frenetisch. Der zeremonielle Start in der zum UNESCO-Weltkulturerbe zählenden Minen-Stadt Guanajuato mit dem Gewirr aus Tunneln und malerisch-farbenfrohen Häusern gehört zum Besten und Emotionalsten, was die Rallye-WM zu bieten hat.

Die Rallye Mexiko bietet spektakuläre Bilder, Foto: Sutton
Die Rallye Mexiko bietet spektakuläre Bilder, Foto: Sutton

Hoch hinaus, lang gestreckt – von extremen Höhen und Distanzen

Wie Joggen mit Schnorchel – bei der Rallye Mexiko geht es hoch hinaus. Auf der Wertungsprüfung "El Chocolate" erreichen die World Rally Cars bei Kilometer 45,6 nach einem langen Aufstieg in einer schnellen Rechtskurve den höchsten Punkt des Rallye-Jahres. 2.746 Meter über Normalnull bilden das "Dach der Rallye-WM". Die Herausforderung daran: Mit jedem Höhenmeter sinkt der Sauerstoffgehalt der Luft und damit der wichtigste Brennstoff für die Verbrennungsräume der 1,6-Liter-Turbomotoren. Nur mit einer klugen Motorsteuerung, die aus den herrschenden Gegebenheiten das Maximum herausholt, ohne dabei die Standfestigkeit des Motors aufs Spiel zu setzen, können die Ingenieure diesem Effekt, der bis zu 30 Prozent der Motorleistung kostet, entgegenwirken.

"El Chocolate" bildet mit ihren 54,21 Kilometern ohnehin schon eine der längsten Prüfungen im Kalender – sie ist aber bei Weitem nicht die Längste. Auch wenn noch nicht alle Routenführungen für die diesjährigen WM-Läufe festgelegt sind, ist eines sicher: Die Prüfung "Guanajuato" am Sonntag wird mit 80,00 Kilometern der längste Test für Mensch und Maschine im gesamten Jahr sein, denn sie schöpft das nach Statuten des Automobil-Weltverbands FIA maximal Erlaubte voll aus. "Guanajuato" hat also alles, was es zur Legendenbildung braucht.

Jubilare und Jubelarien: 100. WM-Start von Ogier und Ingrassia

Sébastien Ogier und Julien Ingrassia verbindet seit jeher eine besondere Geschichte mit der Rallye Mexiko. Hier startete 2008 ihre Rallye-WM-Karriere mit einem Sieg in der Junior-WM-Wertung. Wenn die dreimaligen Weltmeister 2016 zurückkehren, markiert dies ihren 100. Start in der Rallye-WM. Sebastien Ogier ist sich der Bedeutung dieses Ortes durchaus bewusst: "Die Rallye Mexiko wird die 100. in meiner Laufbahn. Die beste Art, dieses Jubiläum zu feiern, ist natürlich ein Sieg, aber einfach wird das nicht." Dort, wo alles begann, dürfen Ogier/Ingrassia auf besondere Erfolge verweisen. Das Duo hat die vergangenen drei Ausgaben der Rallye Mexiko für sich entschieden. Unvergessen: der Kraftakt im vergangenen Jahr, als sie mit kluger Reifenwahl und einer herausragenden fahrerischen wie navigatorischen Leistung einen zuvor unmöglich geglaubten Erfolg feierten. Deshalb ist die Rallye Mexiko für Ogier auch etwas ganz besonderes. "Ich habe so viele schöne Erinnerungen an Mexiko und die fantastischen Fans", erklärt der Franzose.

Andreas Mikkelsen und Andreas Jæger sind derzeit WM-Zweite, Foto: Sutton
Andreas Mikkelsen und Andreas Jæger sind derzeit WM-Zweite, Foto: Sutton

Mikkelsen/Jæger sind die Meister-Jäger aus dem Norden

Die derzeitigen WM-Gegner Nummer eins für Ogier/Ingrassia kommen ebenfalls aus dem Volkswagen Lager: Andreas Mikkelsen und Anders Jæger haben nach den Rallyes in Monte Carlo und Schweden zwar 23 Punkte Rückstand auf die Meister. "Obwohl es in Schweden nicht ganz nach Wunsch für uns verlaufen ist, bin ich mit der bisherigen Saison zufrieden", erklärt Mikkelsen. Doch die beiden Norweger, die erst seit Saisonbeginn ein Duo bilden, haben ebenfalls das Zeug zum Siegen. In Spanien beim letzten Rallye-WM-Lauf, der auf ebenso trockenem Schotter ausgetragen wurde wie jetzt jener in Mexiko, siegte Andreas Mikkelsen. Auch in Mexiko hat der Norweger eine positive Bilanz: mit Platz drei in der vergangenen Saison. Trotzdem wird es in diesem Jahr in Mexiko spannend für das Duo. "Im Vergleich zum vergangenen Jahr gibt es einige neue Wertungsprüfungen. ‚Guanajuato‘ am Sonntag ist 80 Kilometer lang. Das wird eine große Herausforderung für uns und auch für den Polo R WRC. Um bei so einer langen Distanz die Konzentration hochzuhalten, ist es wichtig, auf den Energiehaushalt zu achten", so Mikkelsen.

Chance auf Wiedergutmachung – Latvala/Anttila mit perfekter Startposition

Doppelte Chance, Verlorenes wiedergutzumachen: Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila treten im dritten Polo R WRC mit dem Ziel an, ihren nicht wunschgemäß verlaufenen Saisonstart vergessen zu machen. Dank Startposition acht, die auf den Schotter-Pisten einen Vorteil gegenüber ihren Teamkollegen bedeuten dürfte, stehen die Chancen gut. Das weiß auch Jari-Matti Latvala. "Mexiko wird die erste Schotter-Rallye des Jahres sein. Der Untergrund ist dort in der Regel ziemlich hart. Darüber befindet sich meist eine Schicht aus feinerem Schotter, die den Untergrund sehr rutschig werden lässt. Je mehr Autos darüberfahren, desto sauberer und schneller wird der Untergrund. Für mich ist es also definitiv ein Vorteil, später in die Prüfungen zu starten – sofern es nicht regnet", erklärt Latvala. Nach "Nullern" zum Saisonstart bei der Rallye Monte Carlo und der Rallye Schweden sowie bei der Rallye Mexiko im vergangenen Jahr sind Motivation und Erfolgshunger entsprechend groß. ". Ich versuche aber, weiterhin optimistisch zu bleiben, und bin mir sicher, dass es von nun an besser für uns laufen wird."

Den eigenen Rekord einstellen – Volkswagen reist mit Extrakick Motivation nach Mexiko

Seit der Rallye Portugal 2015 ungeschlagen – elfmal in Folge. Volkswagen hat in Mexiko die Chance, nach Triumphen in Portugal, Italien, Polen, Finnland, Deutschland, Australien, Frankreich, Spanien, Großbritannien, Monte Carlo und Schweden die Siegesserie ein weiteres Mal zu verlängern. Damit würde die Marke ihren eigenen, bisher einsamen Rekord einstellen, den sie zwischen der Rallye Australien 2013 und der Rallye Finnland 2014 aufgestellt hatte. Zum Vergleich: Nach den beiden längsten Siegesserien durch Volkswagen mit zwölf und elf Siegen in Serie liegt die drittbeste Marke der Historie bei acht Triumphen in Folge, aufgestellt von Citroën.