Jari-Matti Latvala geriet in Monte Carlo heftig in die Kritik. Der Volkswagen-Pilot war am Samstag auf einer Prüfung von der Strecke abgekommen und hatte einen Zuschauer leicht erwischt. Der Finne erhielt nachträglich eine Strafe, weil er seinen Polo nicht stoppte, um sich nach dem Gesundheitszustand des Zuschauers zu erkundigen. Latvala selbst behauptete, durch Dampf des Autos und aufgewirbelten Matsch nichts von der Kollision gesehen zu haben.

Nun gibt es Rückendeckung für den Vizeweltmeister von 2015. Volkswagen-Motorsportdirektor Jost Capito nimmt seinen Fahrer klar in Schutz und unterstreicht die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen. "Ich denke, er hat etwas gesehen. Aber er sah nicht den Mann auf der Motorhaube", erklärte Capito bei Autosport.

Strafe für Latvala richtig

Die Strafe von 5000 Euro sowie die Androhung einer Rallye Sperre, sollte sich ein ähnlicher Vorfall wiederholen, findet Capito dennoch gerechtfertigt. Latvala habe einen Fehler gemacht. Dabei spiele es keine Rolle, ob es versehentlich geschah oder nicht. "Wenn er Menschen um sich herum sieht, hätte er anhalten und nachfragen können, ob alle in Ordnung sind. Das wäre die richtige Reaktion gewesen", so Capito.

Genau das tat Volkswagen noch am Samstag, sobald der Ablauf des Unfalls bekannt wurde. Über die sozialen Medien versuchte das Team den betroffenen Zuschauer ausfindig zu machen - ohne Erfolg. Auch dem Veranstalter der Rallye Monte Carlo lagen keine Informationen zu einem Verletzten vor. Glücklicherweise suchten andere Zuschauer, die sich während des Unfalls an der gleichen Stelle aufgehalten hatten, den Weg zu Volkswagen. Sie berichteten, dass es dem Betroffenen gut ginge und nichts passiert sei.

Latvala aufrecht und ehrlich

Obwohl der Zuschauer glücklicherweise keine Verletzungen davontrug, waren die Stewards wie auch Capito der Auffassung, Latvala hätte zumindest in Betracht ziehen müssen, dass Zuschauer verletzt sind und das entsprechend überprüfen. Capito ist überzeugt, dass Latvala - hätte er den Zwischenfall bemerkt - genau das getan hätte. "Jari-Matti ist kein Typ, der nicht stoppen würde, wenn er realisiert hätte, jemand getroffen zu haben", sagte Capito und verwies etwas überspitzt auf die gewissenhafte Persönlichkeit des Finnen. "Der Mann weint, wenn eine Fliege gegen seine Windschutzscheibe prallt."

Den Anstoß zur Diskussion um den Ablauf der Geschehnisse hatte Julian Porter gegeben. Der WRC-Reporter berichtete von einer Szene nach dem Ende der Prüfung, als Latvala die Radaufhängung seines Polo R WRC zu reparieren versuchte. Der Finne soll Porter gesagt haben, dass er auf der Prüfung einen Zuschauer angefahren und nun Informationen zu dessen Gesundheitszustand haben wolle. Latvala selbst argumentierte im Stewards-Meeting, er wollte sich nur allgemein informieren, ob ein Zuschauer involviert gewesen sei.

Für Capito ist diese Situation nur ein Fingerzeig darauf, wie gewissenhaft sich Latvala verhalten hat. "Für mich zeigt das Jaris Charakter. Er hat gerade das Auto repariert, aber er wollte wissen, ob er jemanden angefahren hat und er wollte wissen, ob es demjenigen gut geht", unterstrich der Volkswagen-Motorsportdirektor. Die Tatsache, dass Latvala in diesem Moment an die Zuschauer und nicht nur an die Rallye und sein Auto dachte, hatte Capitos Meinung nach auch einen Einfluss auf die Bewertung der Stewards.

Latvala selbst hatte bereits am Sonntag erklärt, die Strafe in vollem Umfang zu akzeptieren. "Die Sicherheit für Zuschauer und Teilnehmer einer Rallye hat absolute Priorität, das steht für mich und Miikka absolut außer Frage", sagte der 30-Jährige. "Wir bedauern den Vorfall sehr und werden alles dafür tun, dass sich so etwas in Zukunft nicht wiederholen wird. Gleichzeitig sind wir froh, dass es in diesem Fall für den Zuschauer so glimpflich ausging und nichts Ernstes passiert ist."