Bilder von Zuschauern, die auf der Straße stehen und erst im letzten Moment zur Seite springen, wenn sich ein Rallyeauto nähert, gehören der Vergangenheit an. "Unglaublich! Ein Wunder, dass zu unserer Zeit nicht mehr passiert ist. Wenn ich heute die Bilder von damals sehe, schäme ich mich", sagte Walter Röhrl bei Sport und Talk im Hangar 7.

Die FIA erklärt im sportlichen Reglement der WRC, dass im Sicherheitsplan einer Rallye die Sicherheit der Zuschauer einer der wichtigsten Punkte ist. Daher gibt es Vorschriften, welche Maßnahmen vor und während einer Rallye eingeleitet werden müssen.

Optional ist ein Lehrfilm mit Kommentaren der Fahrer, die an die Zuschauer appellieren. Vor der Rallye Monte Carlo 2016 wurde ein solcher Film auf der Webseite des Veranstalters und bei Youtube platziert. Allerdings enthielt dieser, entgegen den Empfehlungen im Reglement, Szenen von Unfällen, bei denen Zuschauer betroffen waren. Für die 2017er Ausgabe des Klassikers wurde kein neuer Film erstellt.

In jedem Fall ist der Veranstalter verpflichtet, Informationen auf verschiedenen Kanälen zur Verfügung zu stellen. So ist unter anderem vorgeschrieben, dass 45 bis 60 Minuten vor dem Start des ersten Teilnehmers ein Auto über die Prüfung fahren und via Lautsprecher Informationen an die Zuschauer weitergeben muss. Sollten sich dennoch Zuschauer in gefährlichen Bereichen befinden, müssen sie dort weggebracht werden.

Gefährliche Bereiche müssen im Sicherheitsplan der Rallye ausgewiesen werden. Wenn viele Zuschauer erwartet werden, sind sogar zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen wie Reifenstapel oder Heuballen erforderlich. Streckenposten oder andere Sicherheitskräfte - etwa der Polizei oder des Militärs - sind ebenfalls Vorschrift.

Kai Hantel, Leiter der Streckensicherung bei der ADAC Rallye Deutschland, erläutert, nach welchen Sicherheitskriterien Bereiche für die Zuschauer ausgewählt werden. "Im Grunde muss jeder Zuschauerbereich unter anderem folgende Kriterien erfüllen: Er darf nicht unterhalb des Streckenniveaus liegen, sondern sollte leicht erhöht sein. Der Abstand zur Strecke muss der Geschwindigkeit der Teilnehmer angemessen sein. Und die Fans sollten zum Erreichen der Zuschauerzone nach Möglichkeit nicht die Strecke kreuzen müssen, ansonsten ist eine Zuschauerschleuse einzurichten, die von erfahrenem Personal überwacht wird."

Die Auswahl von Zuschauerbereichen sei oft sehr schwer, da verschiedene Interessen aufeinandertreffen. "Wir wollen natürlich, dass die Fans nah am Geschehen sind und einen möglichst spektakulären Blick haben. Andererseits geht die Sicherheit immer vor. Bei der ADAC Rallye Deutschland gelingt es uns sehr gut, diese Ansprüche ohne Kompromisse bei der Sicherheit unter einen Hut zu bekommen", sagt Hantel.

Unfälle mit Zuschauern in den vergangenen Jahren

Trotz aller Sicherheitsmaßnahmen kam es in den vergangenen Jahren auch bei der Rallye Deutschland zu Unfällen. 2013 wurden auf der 16. Prüfung zwei Zuschauer verletzt, als ein WRC2-Fahrzeug von der Strecke abkam. Allerdings befanden sich die Fans in diesem Fall in einer Sperrzone, die für Zuschauer verboten ist.

2015 gab es bei der Rallye Argentinien zahlreiche Verletzte, als Hayden Paddon auf der neunten Prüfung nach einem Sprung schief aufkam und in eine Zuschauergruppe fuhr.

Beim Saisonauftakt 2016 in Monte Carlo kam Jari-Matti Latvala auf der 11. Wertungsprüfung von der Strecke ab und fuhr beim Versuch, die Prüfung wieder aufzunehmen, einen Zuschauer an.

Ein Jahr nach Latvalas Unfall gab es einen noch dramatischeren Vorfall. Der Zuschauer, der in den Unfall von Hayden Paddon involviert war, starb. "Hayden Paddon kann nichts dafür", nahm Rallye-Legende Röhrl den Neuseeländer in Schutz. "Der Zuschauer stand in einer Zone, in der er nicht stehen hätte dürfen. Das ist extrem bitter. Aber ich hoffe, dass daran nicht seine Karriere zerbricht."

Rallye-Legende Röhrl: WRC 2017 wieder gefährlicher?: (02:33 Min.)

Sehr viel Glück hatte 2014 eine Gruppe Zuschauer bei einer Rallye im Aostatal. Die Fans konnten sich nur knapp vor dem heranrasenden Boliden retten. Alle blieben unverletzt.

Auch Rallye-Legende Colin McRae hatte einen Unfall mit einem Zuschauer zu verzeichnen. Er fuhr ihn bei der Rallye Neuseeland 1998 beim Driften in einer Kurve an.