Das Schlüsselwort deiner Saison 2015 war wohl fehlende Motivation. War der Hauptgrund, dass das versprochene neue Auto von Hyundai nicht kam?
Thierry Neuville: Es war ganz klar einer davon. Es hat sich schwieriger herausgestellt, als ich dachte, als ich zu Hyundai gewechselt bin. Wir wussten, dass 2014 schwer sein würde und es hat sich dann als relativ gute Saison für uns herausgestellt. 2015 haben wir dann schnell gesehen, dass der Unterschied zu Volkswagen noch größer wurde, als sie mit dem neuen Auto kamen. Anfang des Jahres habe ich versucht, zu pushen, was auch zwei, drei Mal gut geklappt hat. Die Hoffnung auf das neue Auto war natürlich groß. Es hat sich allerdings herausgestellt, dass es später und schließlich gar nicht kommen würde. Das war ganz klar einer der Hauptpunkte für meine fehlende Motivation. Es gab dann natürlich auch große Kritik von mir im Team und irgendwann arbeitet man nicht mehr in die gleiche Richtung. Das haben wir jetzt geradegebogen und die Stimmung im Team ist gut.

Wie gehst du als Fahrer damit um, wenn du dich immer wieder auf das neue Auto freust und jedes Mal aufs Neue nur vertröstet wirst?
Thierry Neuville: Die Versprechungen wurden nicht eingehalten. Das war für mich natürlich ein Grund zur Kritik. Aber ich denke, dass ich damit einen Fehler gemacht habe. Mittlerweile kennen wir die Gründe für die Verspätungen. Es hat sich auch schwieriger herausgestellt, als sich das selbst das Management vorgestellt hatte. Durch die Kritik haben wir ab einem gewissen Punkt nicht mehr in die gleiche Richtung gearbeitet und dadurch haben beide Parteien verloren. Die Resultate waren nicht mehr da und es war schlecht für die Meisterschaft. Mittlerweile hatten wir aber gute Gespräche, auf die wir aufbauen müssen, um in Zukunft wieder in die gleiche Richtung zu pushen.

Thierry Neuville im Interview mit Motorsport-Magazin.com, Foto: Motorsport-Magazin.com
Thierry Neuville im Interview mit Motorsport-Magazin.com, Foto: Motorsport-Magazin.com

Was fehlte dem Hyundai i20 WRC in der Saison 2015 hauptsächlich?
Thierry Neuville: Ich denke, bei der Leistung haben wir große Fortschritte gemacht - das war die Hauptarbeit 2015. In vielen anderen Bereichen waren wir durch die Joker begrenzt. Es fehlte uns an Grip, Gewichtsverteilung und Schwerpunkt. Technisch gesehen gibt es natürlich Dinge, die wir noch verbessern können. Wir versuchen, das ins neue Auto einzubringen und hoffen, dass Anfang des Jahres alles so funktioniert, wie es soll.

Du hast immer wieder Testfahrten mit dem neuen Auto absolviert. Bietet das Auto denn alles, was dir bisher fehlte?
Thierry Neuville: Im Moment ist noch nicht alles da, was wir gern hätten. Die neue Aerodynamik kommt, genau wie verschiedenste andere Teile. Wir haben ganz klar etwas Verspätung in der Entwicklungsphase, die aber normal ist. Trotzdem müssten wir es mit der Erfahrung aus den letzten Jahren hinbekommen, das Auto startklar und ohne Probleme bei der Rallye Monte Carlo einsetzen zu können.

Aber so richtig optimistisch, dass du in Monte Carlo eine Chance auf den Sieg hast, klingen deine Aussagen nicht...
Thierry Neuville: Wie gesagt, die Konkurrenz ist groß. Der Maßstab ist Volkswagen und daran sollte man sich auch orientieren, wenn man ein neues Auto baut. Das ist ganz klar das Ziel. Im Moment ist es für mich zu früh, zu sagen, ob es reicht oder nicht.

Thierry Neuville bei der Rallye Schweden, Foto: Sutton
Thierry Neuville bei der Rallye Schweden, Foto: Sutton

Volkswagen ist, wie du gesagt hast, der Maßstab. Aber könntest du in einem aktuellen Volkswagen Sebastien Ogier schlagen?
Thierry Neuville: Ogier ist im Moment auf Höchstform. Er hat im Vergleich zu 2013, als wir ihm mit einem Privatteam relativ nah gekommen sind, nochmals einen Schritt gemacht. Damals war es für uns einfacher, mit ihm um die Führungsposition zu kämpfen. Ich denke, im Moment ist die Antwort: nein.

Dann andersherum gefragt: Was fehlt dir, um auf sein Level zu kommen?
Thierry Neuville: Gute Frage. Im Moment bin ich einfach nicht in Höchstform und nicht zufrieden mit meiner eigenen Leistung. Das ist das Problem. Volkswagen ist ein superprofessionelles Team. Während der Rallyes würde ich uns als Team genauso stark einschätzen. Zwischendurch haben wir aber sehr viel Arbeit und suchen immer noch Leute. Es ist immer noch ein kleiner Rückstand, der nicht so einfach aufzuholen ist. Aber der Hauptgrund ist klar bei mir selbst zu suchen. Ich muss wieder den richtigen Speed, das Vertrauen und das gute Gefühl beim Fahren finden.

Die Saison wurde gerade zum Ende hin für dich immer schwieriger. Schmerzen dann verpasste Sieg-Chancen wie in Schweden noch mehr?
Thierry Neuville: Nein, denn das war noch das Positive, was wir aus der Saison mitnehmen können. Für mich gab es ein paar gute Rallyes - wie Schweden. Die Rallye Deutschland war vermutlich aber das beste Resultat für uns. Es war ein wirklich harter Kampf mit Dani [Sordo], bis wir am Sonntag die Punkte sichern mussten. Wir sind in Deutschland wahrscheinlich noch nie so schnell gefahren wie in diesem Jahr. Australien war ebenfalls okay, allerdings konnten wir das mit dem siebten Rang nicht im Ergebnis zeigen, da wir durch die Streckenposition im Verhältnis zu unserem Teamkollegen benachteiligt waren. Am Sonntag haben wir ebenfalls wieder etwas Druck rausgenommen, aber bis dahin war es die fast perfekte Rallye. Das waren die drei Events, bei denen wir gute Ergebnisse abgeliefert haben. Die anderen waren eher durchwachsen...

Thierry Neuville und Hayden Paddon auf Sardinien, Foto: Hyundai
Thierry Neuville und Hayden Paddon auf Sardinien, Foto: Hyundai

Dein Teamkollege Hayden Paddon hat seinen Vertrag mit Hyundai um drei Jahre verlängert. Einerseits kommt dadurch die von dir geforderte Konstanz ins Team. Aber erzeugt es nicht andererseits Druck auf dich, da er an deinem Nummer-1-Status sägt?
Thierry Neuville: Einen klaren Nummer-1-Status gibt es bei uns nicht wirklich. Ich war in diesem Jahr für zehn Rallyes nominiert, während sich Dani und Hayden im Cockpit abgewechselt haben. Ich denke, er hat eine gute Saison abgeliefert und irgendwann kommen erste Kontakte zu anderen Teams. Ich kenne diese Situation aus der Vergangenheit und ich denke, bei ihm war es genauso. Er musste sich entscheiden und das hat er getan. Das heißt, dass er seine Zukunft bei Hyundai sieht. Ich bin überrascht, dass er so lange unterschrieben hat, besonders, da 2017 neue Hersteller kommen. Aber jeder macht seine eigenen Erfahrungen.

Du sprichst neue Hersteller an. Hast du etwas Sorge, dass Toyota einsteigt und euch sofort sehr nahe kommt - oder sogar vorbeizieht?
Thierry Neuville: Nein, das glaube ich nicht. Wir sollten die Ressourcen, das nötige Personal und Budget haben, um auf sehr hohem Niveau Rallyes bestreiten zu können. Volkswagen ist der Maßstab und daran werden sich viele die Zähne ausbeißen. Ich denke, für Toyota wird es schwierig. Citroen wird es bei der Rückkehr ebenfalls schwer haben, genau wie wir es schwer haben. Aber nächstes Jahr sind wir in jedem Fall erster Anwärter auf eine Attacke in Richtung Volkswagen.