Sie wird die "wilde Schönheit" genannt: Korsika. Die Insel ist nun erstmals Gastgeber für eine andere wilde Schönheit im Motorsport: den Polo R WRC. Volkswagen und Sébastien Ogier/Julien Ingrassia (F/F) reisen damit frisch gekürt als alte und neue Weltmeister zum elften Lauf der FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC). Bei der zweiten Asphalt-Rallye des Jahres sind trotz des frühzeitigen Titelgewinns ein paar offene Fragen zu klären. Wer wird "Vizeweltmeister" in der Fahrer- und Beifahrer-Wertung? Volkswagen hat die beiden aussichtsreichsten Duos im Rennen: die derzeitigen WM-Zweiten Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila (FIN/FIN) und WM-Dritten Andreas Mikkelsen/Ola Fløene (N/N), die bei der Rallye Frankreich 2014 - damals noch im Elsass ausgetragen - einen Doppelsieg "powered by Volkswagen" feierten. 2015 haben sie es allerdings mit einer ganz anderen Rallye Frankreich zu tun: Nur neun Wertungsprüfungen stehen auf dem Programm, sie sind dafür jedoch im Durchschnitt knapp 37 Kilometer lang.

"Bei der Rallye Frankreich auf Korsika kommen die Weltmeister nach Hause. Sébastien Ogier und Julien Ingrassia feiern hier als alte und neue Champions ihr WM-Heimspiel", so Volkswagen Motorsport-Direktor Jost Capito. "Was das bedeutet, ist nach dem bisherigen Saisonverlauf sonnenklar: Sie wollen gewinnen - wie überall - und zeigen, was sie draufhaben. Jari-Matti Latvala und Miikka Anttila sowie Andreas Mikkelsen und Ola Fløene haben als 2014er-Doppelsieger große Ambitionen und kämpfen um den ‚Vizetitel'. Aber auch unsere Gegner von Hyundai, M-Sport Ford und Citroën wollen hier mit aller Macht siegen. Bei dem einzigartigen Zeitplan mit den sehr langen Wertungsprüfungen ist das eine höchst interessante Mischung."

Sebastien Ogier und Julien Ingrassia kommen als Weltmeister in die Heimat, Foto: Volkswagen Motorsport
Sebastien Ogier und Julien Ingrassia kommen als Weltmeister in die Heimat, Foto: Volkswagen Motorsport

Die "Tour de Corse" für Volkswagen: eine Premiere

Zwei Siege bei der Rallye Frankreich hat der Polo R WRC bereits auf der Haben-Seite. 2013 feierten Sébastien Ogier/Julien Ingrassia in Straßburg ihren ersten WM-Titel beim Heimspiel. Ein Jahr später konnten Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila den ersten Sieg eines finnischen Duos auf diesem Untergrund seit knapp 15 Jahren feiern. In dieser Saison zieht die Rallye Frankreich aus dem Elsass auf die Insel Korsika um. Die "Tour de Corse" ist somit eine Premiere für den Polo R WRC, der überall dort wenigstens einmal siegte, wo er bisher antrat.

Die "Tour de Corse" für Fahrer und Beifahrer: lange WPs, wahre Herausforderungen

Extrem schnelle, dann wieder enge und langsame Abschnitte, rauer und gleichzeitig rutschiger Asphalt, der stellenweise an Straßen aus längst vergangenen Tagen erinnert, dazu der permanente Wechsel von Bergauf- und Bergab-Passagen - die Rallye Frankreich auf Korsika ist in vielerlei Hinsicht speziell. Die langen Wertungsprüfungen - die kürzeste beträgt 16,74, die längste 48,46 Kilometer - und Distanzen von bis zu 80 Kilometern bis zum nächsten Service für die Michelin-Wettbewerbsreifen erfordern von den Fahrern taktisch kluges Einteilen des schwarzen Goldes.

Sebastien Ogier hat die letzte Asphalt-Rallye in Deutschland gewonnen, Foto: Sutton
Sebastien Ogier hat die letzte Asphalt-Rallye in Deutschland gewonnen, Foto: Sutton

Die Rallye auf Korsika bietet zudem wahre Prüfungsklassiker, die auf eine lange Geschichte in der Rallye-WM zurückblicken. Von 1973 bis 2008 wurde der französische WM-Lauf auf Korsika ausgetragen. Die Wertungsprüfungen von einst stehen 2015 beim Comeback der Rallye-WM wieder auf der Agenda - und wurden zum Teil seit 30 Jahren nicht mehr von der höchsten Liga des Rallye-Sports befahren. Die WP "Francardo/Sermano" steht stellvertretend für die Herausforderung der Rallye auf Korsika: Im Norden des Rallye-Zentrums Corte wird in einer der schönsten Regionen der Insel angesichts schmaler, aber schneller Passagen und einer Achterbahnfahrt durch die zahlreichen Bergregionen die Frage nach Mann oder Maus beantwortet. Auf einer wahren Ikone, der Wertungsprüfung "Muracciole/Col de Sorba", erreichen die Teilnehmer den höchsten Punkt der Rallye - mit 1.311 Metern über Normalnull. Ebenfalls ein Klassiker des Rallye-Sports: die WP "Zérubia/Martini". Die Oberflächenbeschaffenheit ändert sich permanent, überhöhte Kurven und holprige Abschnitte wechseln sich ab, bevor ein wahrer Sprint zum Col de Siu (731 Meter) ansteht.

Die "Tour de Corse" für Mathematiker: "Vizeweltmeister" gesucht

Maximal 84 Punkte sind in der Fahrer- und Beifahrer-Wertung für die Teilnehmer noch zu holen. Exakt 23 Punkte unterscheidet im Kampf um den inoffiziellen "Vizetitel" derzeit die Volkswagen Duos Latvala/Anttila und Mikkelsen/Fløene. Auch wenn auf Korsika noch keine Entscheidung im Rennen um Platz zwei der Gesamtwertung fallen kann, geht es darum, die Weichen auf Erfolg zu stellen. Latvala/Anttila legen es darauf an, Rang zwei aus dem Vorjahr zu verteidigen - und Mikkelsen/Fløene, sich vom dritten zu verbessern. Die beiden Duos, die 2014 die Rallye Frankreich für Volkswagen mit einem Doppelsieg beendeten, haben zudem Konkurrenz aus den Lagern von Citroën und Hyundai. Mads Østberg/Jonas Andersson haben mit 44 Punkten Rückstand auf Platz zwei ebenso Chancen auf den "Vizetitel" wie Thierry Neuville/Nicolas Gilsoul mit 48 Zählern Rückstand.

Jari-Matti Latvala ist nach seinem Testunfall auf Korsika in der Bringschuld, Foto: Sutton
Jari-Matti Latvala ist nach seinem Testunfall auf Korsika in der Bringschuld, Foto: Sutton

Stimmen vor der Rallye Frankreich

Sébastien Ogier: "Ich fühle mich im Moment einfach großartig und bin mehr als zufrieden, weil wir so früh in der Saison bereits all unsere Ziele erreicht haben. Das habe ich alles aber immer noch gar nicht richtig realisiert. Unser Erfolg bedeutet jedoch nicht, dass wir den Rest der Saison entspannt ausklingen lassen. Ganz klar, der Druck ist jetzt weg, doch mein Hunger nach weiteren Siegen wurde dadurch nicht gestillt. Mit der Rallye Frankreich steht für mich außerdem eine ganz besondere Rallye an. Ich liebe Korsika und habe dort schon tolle Urlaube verbracht. 2008 bin ich dort als Förderpilot des französischen Motorsport-Verbands FFSA in der Junioren-WM an den Start gegangen und nach sieben Jahren kehre ich nun mit einem World Rally Car nach Korsika zurück. Klar, dass ich jetzt mit Volkswagen dort gewinnen möchte. Schließlich ist die Rallye auf Korsika eine der geschichtsträchtigsten Rallyes überhaupt. Allerdings stellen die langen Wertungsprüfungen sowohl für mich als auch für die Reifen eine sehr große Herausforderung dar. Die Straßen können verdammt eng werden. Deshalb wird die ‚Recce' wieder einmal eine wichtige Rolle spielen."

Jari-Matti Latvala: "Den Titel in der Hersteller-Wertung so früh in der Saison zu gewinnen, war einfach genial. Das ist eine Bestätigung für das gesamte Team. Trotzdem muss ich sagen, dass ich in diesem Jahr gern die Fahrer-Weltmeisterschaft gewonnen hätte. Das war mein Ziel und das habe ich verfehlt. Die Saison ist aber noch lange nicht vorbei und ich möchte die kommenden drei Rallyes gewinnen. Schließlich legen wir mit einem erfolgreichen Saisonabschluss einen Grundstein für die nächste Saison. Dabei sind Kontinuität und Tempo zwei Schlüsselfaktoren. Ich verbinde mit der Rallye Korsika viel Positives und habe dort von 2004 bis 2008 wichtige Erfahrungen gesammelt. Eines liebe ich besonders an der Rallye auf Korsika: Der Asphalt bietet einen extrem guten Grip, aber man darf die hügeligen Kurven niemals schneiden und es gibt kaum eine Gerade. Wenn du auf Korsika eine 100 Meter lange Gerade findest, dann bist du auf der falschen Insel. Nach dem ganzen Schmutz und Staub in Australien freue ich mich nun auf eine sehr saubere Asphalt-Rallye."

Andreas Mikkelsen will Jari-Matti Latvala noch einholen, Foto: Volkswagen Motorsport
Andreas Mikkelsen will Jari-Matti Latvala noch einholen, Foto: Volkswagen Motorsport

Andreas Mikkelsen: "Ich fahre an der Spitze mit und spüre, dass ich mit meinen Teamkollegen mithalten kann. Ich habe immer gesagt, dass ich mich in dieser Saison verbessern möchte. Das bedeutet, dass ich in der Fahrer-Wertung noch einen Platz nach oben klettern muss. Ein Podiumsplatz ist daher auch mein Ziel für die Rallye Frankreich, die dieses Jahr nach langer Zeit wieder auf Korsika ausgetragen wird. Die Insel kenne ich sehr gut, weil ich dort schon vier Mal an den Start gegangen bin - zweimal in der Rallye-WM und zweimal in der IRC. Ich muss zugeben, dass ich die Rallye noch nie fehlerfrei gemeistert habe. Die Rallye Korsika verzeiht keine Fehler. Es gibt sehr knifflige Kurven, äußerst enge Straßen und lange Wertungsprüfungen, auf denen man schnell seine Reifen beschädigt. Auf Korsika fahren wir nur zwei Wertungsprüfungen doppelt, sodass man bei der ‚Recce' sehr aufmerksam sein und auf den Punkt abliefern muss. Im Vergleich zu anderen Rallyes gibt es auf Korsika keine Geraden zum Ausruhen. Wenn man dann nicht hundertprozentig konzentriert ist, kann man die Rallye vergessen."