Die Sonne versteckte sich hinter den Wolken, doch das bemerkte an diesem Sonntag im Februar 2008 in Schweden niemand. Jari-Matti Latvala überstrahlte alles. Zum ersten Mal in seiner Karriere hatte der Finne eine WRC-Rallye gewonnen und eine große Karriere stand bevor. Fast auf den Tag genau sechs Jahre später wiederholten sich die Ereignisse. Wieder in Schweden, wieder ein Latvala-Sieg, wieder bedeckter Himmel. Auch diesmal hat sein Sieg eine ganz besondere Bedeutung. Zum ersten Mal in seiner Karriere führt der 29-Jährige die Weltmeisterschaft an. Das Projekt Titel hat final begonnen.

In seinem zweiten Jahr bei Volkswagen hofft Latvala endlich auf den großen Durchbruch und will allem voran aus dem Schatten seines schier übermächtigen Teamkollegen Sebastien Ogier treten. Der erste Schritt ist gemacht, denn Latvala arbeitet mit einem Mentaltrainer zusammen. "Mein Problem ist, dass ich nicht gelassen bleibe. Ich bin zu nervös und angespannt und mache dann Fehler", erklärte Latvala vor der Saison auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

Der Anstoß zum Mentaltrainer kam laut Latvala von Volkswagen. "Sie haben gesehen, wie ich unter Stress bei der Rallye Finnland arbeitete", erinnerte sich der Finne. Als einer der Top-Favoriten war er 2013 in sein Heimevent gestartet, nur zwei Prüfungen später zerschellten alle Hoffnungen aber an einem Baumstumpf, den Latvala übersehen hatte. Schnell fiel die Wahl auf den Schweizer Christoph Treier, allerdings fand das erste wirkliche Zusammentreffen erst Ende der Saison in Wales statt. "Er hat dort beobachtet, wie ich mich verhalte und dann einige Ideen entwickelt", verriet Latvala. Die richtige Arbeit startete aber erst vor der Saison.

Für Jari-Matti Latvala ist die Marschrichtung klar: nach vorne, Foto: Volkswagen Motorsport
Für Jari-Matti Latvala ist die Marschrichtung klar: nach vorne, Foto: Volkswagen Motorsport

Nun versucht Treier, der früher im Alpin-Sport tätig war, Latvala mit verschiedensten Übungen perfekt auf Drucksituationen während Rallyes vorzubereiten. "Beispielsweise muss ich wie in einer App die Zahlen von 1 bis 20 öffnen, die durcheinander sind. In dieser Zeit redet er permanent, stellt mir Fragen - auf teilweise sehr aggressive Weise", schilderte der Finne auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. Damit soll die Konzentration auf das Wesentliche verbessert werden. Zudem arbeitet Latvala sehr viel an Entspannung, um ruhig schlafen zu können. Seit Monte Carlo ist Treier bei jeder Rallye ab dem Recce vor Ort und arbeitet gemeinsam mit Latvala während des gesamten Events - wie Schweden zeigt, mit Erfolg.

Zum ersten Mal hält Latvala die WM-Spitze in Händen, nun gilt es, diesen Vorsprung auf die Konkurrenz bis zum Ende der Saison zu halten. Allerdings weiß der Vizeweltmeister um die Stärke der Konkurrenz und hat sich auch schon über die Kehrseite der Medaille Gedanken gemacht. "Der WM-Titel ist der Traum vieler Fahrer, aber sicherlich waren etliche Piloten jahrelang dabei und haben es nicht geschafft", gab der Finne im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com zu. "Natürlich ist das auch möglich, aber ich möchte meine positive Einstellung behalten und daran glauben, dass ich Weltmeister werden kann. Ich glaube fest daran und wenn man fest an etwas glaubt und hart dafür arbeitet, dann wird man es bekommen. Wenn man allerdings aufhört, daran zu glauben, dann schaffst man es niemals." Bleibt für Latvala zu hoffen, dass 2014 sein Glaube stärker als alle Zweifel ist, denn wie schon das Sprichwort sagt: Der Glaube versetzt Berge.