Nach einer schier endlosen Zeit, hat Jari-Matti Latvala Ford den Rücken gekehrt und sucht sein Glück nun bei Volkswagen. Eine Partnerschaft, die lange erwartet war und doch mit einigen Fragezeichen versehen ist. Viele hatten sich erhofft, dass VW einen deutschen Fahrer verpflichten würde - beispielsweise Sepp Wiegand oder Christian Riedemann, der 2012 mehrmals die Möglichkeit hatte, sich im Skoda Fabia S2000 zu beweisen. Letztlich fiel die Entscheidung auf den schnellen Finnen, doch hat sich Volkswagen wirklich einen Gefallen damit getan, den sehr Crash-anfälligen Latvala zu holen?

Pro: Einfach sauschnell

von Marion Rott

Für Volkswagen war die Verpflichtung von Latvala ein Glücksfall. Der Finne ist trotz seiner erst 27 Jahre einer der erfahrensten Piloten im Feld und bereits seit mehr als zehn Jahren mit dem Umfeld der WRC vertraut. Er kennt alle Rallyes der letzten Jahre und verfügt damit über deutlich bessere Voraussetzungen als die meisten anderen Piloten im Feld. Zudem war er bis zum Ende der abgelaufenen Saison bei einem Werksteam unter Vertrag, kennt das Arbeiten und kann bei der Weiterentwicklung des Polos gute Hilfestellung leisten.

Mit Sebastien Ogier und Jari-Matti Latvala hat sich VW das perfekte Team gesichert, Foto: Sutton
Mit Sebastien Ogier und Jari-Matti Latvala hat sich VW das perfekte Team gesichert, Foto: Sutton

Neben all diesen Fähigkeiten abseits der Strecke, spricht sein Speed für ihn. Nicht nur einmal konnte Latvala in den letzten Jahren Sebastien Loeb erschrecken und ihn manchmal sogar zur Verzweiflung treiben. Im Vergleich zu seinem Teamkollegen Sebastien Ogier sahen die Zeiten in Monte Carlo natürlich noch nicht überzeugend aus, dabei gilt es allerdings zu bedenken, dass Ogier ein Jahr Zeit hatte, um sich an das Fahrgefühl in einem Volkswagen zu gewöhnen und ab den ersten Testfahrten im Polo R WRC dabei war. Latvala hingegen stieß deutlich später zum Team und konnte nur in Mexiko und danach in Monte Carlo erste Eindrücke seines neuen Arbeitsgeräts sammeln.

Der Polo konnte in Monte Carlo mit Platz zwei bereits überzeugen, was auch an der fahrerischen Leistung von Ogier lag. Wenn Latvala erst versteht, wie der Polo genau funktioniert und seinen Fahrstil daran anpasst, bilden er und der Franzose ein starkes Duo der jungen WRC-Generation. Die beiden verstanden sich bereits in der Vergangenheit gut und sollten sowohl durch die private Sympathie als auch den unbedingten Willen zu gewinnen, ein unschlagbares Duo bilden, mit dem Volkswagen deutlich besser fahren wird, als mit einem unerfahrenen anderen Piloten.

Contra: Latvala zerstört mehr als er hilft

von Michael Höller

Volkswagen braucht im ersten Jahr in der WRC vor allem eines: Kilometer. Die Entwicklung des Polo R WRC hat oberste Priorität. Da könnte sich Jari-Matti Latvala aber eher als Hindernis, denn als Hilfe herausstellen. Denn der Finne fliegt nur allzu oft ab, auch beim Testen. Nicht nur einmal konnte Ford sein Entwicklungsprogramm nicht voll durchziehen, weil Latvala zunächst den Focus, später den Fiesta, früh schrottete. Im Vorjahr musste er nach einem Crash beim Testen sogar den Lauf in Argentinien verletzt auslassen, auch bei seinem VW-Debüt rutschte er von der Piste und schied aus.

Jari-Matti Latvala kam in Monte Carlo nach einem Fehler nicht ins Ziel, Foto: Red Bull
Jari-Matti Latvala kam in Monte Carlo nach einem Fehler nicht ins Ziel, Foto: Red Bull

Hier stellt sich auch die Frage, ob für den früher oder später von VW angestrebten Hersteller-Titel nicht ein solider Platzfahrer besser wäre, als Latvala mit seinem Hop-oder-Drop-Stil. Im Kampf um die Fahrer-WM hat man mit Sebastien Ogier ohnehin das heißeste Eisen in den eigenen Reihen. Und dass der Finne dem talentierten Franzosen in der Einzelwertung je nahe kommen wird, halte ich für ausgeschlossen.

Aus Marketingsicht muss sich VW die Frage gefallen lassen, ob nicht der Aufbau eines "eigenen" Talents sinnvoller gewesen wäre, als das Umetikettieren des Ford-Produkts Latvala. Hier warten aber mit Andreas Mikkelsen (23) und der deutschen Hoffnung Sepp Wiegand (21) schon zwei aussichtsreiche Kandidaten. Mal sehen, wie lange VW-Boss Jost Capito Latvala beim Zerstören der Polos zusieht.