Pro: Erfahrung ist das höchste Gut

von Annika Kläsener

M-Sport sollte Petter Solberg verpflichten, weil er zum einen das Team besser kennt als Mads Östberg und Nasser Al-Attiyah und damit die Rolle eines Teamleaders übernehmen könnte, an dem sich die anderen beiden orientieren. Das ist umso wichtiger, da mit Jari-Matti Latvala bereits ein zentrales Teammitglied zu Volkswagen abgewandert ist.

Gleich bei seiner ersten Rallye nach der Rückkehr zu Ford stand Petter Solberg auf dem Podest und Teamchef Malcolm Wilson war zufrieden, Foto: Sutton
Gleich bei seiner ersten Rallye nach der Rückkehr zu Ford stand Petter Solberg auf dem Podest und Teamchef Malcolm Wilson war zufrieden, Foto: Sutton

Zum anderen würde er als Weltmeister Publicity mit sich bringen, denn der Name "Solberg" zieht nach wie vor, sei es in den Medien oder bei Sponsoren. Und die braucht M-Sport dringend, auch wenn mit Qatar bereits ein Partner gefunden wurde. Angesichts Solbergs Werbewirkung sollte es nicht allzu schwer ins Gewicht fallen, dass er nicht bereit ist, für ein Cockpit zu bezahlen.

Nicht vernachlässigen sollte Teamchef Malcolm Wilson auch die durch den werksseitigen Rückzug Fords veränderte Ausgangslage im technischen Bereich. Solberg kann auf mehr Erfahrung bei der Entwicklung und Abstimmung eines Boliden bauen als Östberg und Al-Attiyah, da er den Großteil seiner Karriere Werkspilot war. Zudem hat er immer noch einen sehr guten Grundspeed, er gewann in der abgelaufenen Saison 44 von 263 Wertungsprüfungen. Lediglich durch eine hohe Fehlerquote kam diese Pace zuletzt nicht zum Tragen. Wenn er an dieser Stellschraube dreht, könnte er M-Sport weiterhin den Kontakt zur Spitze sichern.

Contra: Solberg ist sein (fehlendes) Geld nicht wert

von Marion Rott

Solberg und M-Sport klingt im ersten Moment nach geballter Erfahrung und auch erfolgsversprechend. Allerdings wird dem Team im kommenden Jahr die werksseitige Unterstützung von Ford wegfallen, was im Klartext heißt, dass das Team vor allem eines braucht: Geld. Schon vor einiger Zeit erklärte der Norweger aber, dass er nicht bereit ist, für ein Cockpit zu bezahlen. Schließlich musste er das jahrelang bei Citroen tun, als er als Privatier unterwegs war und über jeder Rallye das Damoklesschwert der Finanzen schwebte. Solberg ist zwar ein guter Fahrer, aber wenn das Geld für ein gutes Auto und die nötige Manpower fehlt, kann auch er nichts ausrichten.

Allzu oft fährt Petter Solberg nicht auf, sondern steht neben der Strecke, Foto: Sutton
Allzu oft fährt Petter Solberg nicht auf, sondern steht neben der Strecke, Foto: Sutton

Zumal nach seiner Saison 2012 in Frage gestellt werden muss, wie gut er als Fahrer noch ist. Zwar holte der Norweger 44 WP-Siege, hatte aber kaum eine Rallye, bei der er nicht über einen Felsen fuhr, eine seitliche Begrenzung touchierte oder sogar durch die Weinberge donnerte und einen Strommasten umfuhr. Am Ende musste er sich M-Sport-Neuzugang Mads Östberg sogar in der Gesamtwertung geschlagen geben, obwohl dieser in einem Privatteam unterwegs war und zwei Rallyes auslassen musste. Durch diese fehlende Konstanz würde M-Sport durch Solberg nicht nur kein zusätzliches Geld bekommen, sondern aufgrund von fehlenden Punkten und Materialkosten vielleicht sogar verlieren.

Letztlich muss auch die Motivation angezweifelt werden. Klar fährt Solberg seit Jahren in der WRC und erklärt immer wieder, dass sein nächster Sieg bald kommen muss, dass ein Ausfall ein Drama war oder er tieftraurig ist, das Podest knapp verfehlt zu haben. Auf der anderen Seite zeigen ihn Bilder immer wieder neben seinem beschädigten Boliden und von Frustration ist oftmals wenig zu sehen. Zumal sich auch die Frage stellt, was muss er noch beweisen? Sebastien Loeb kann er nun nicht mehr besiegen und ohne den Franzosen (Loeb war in seinen Anfängen) hat er 2003 bereits einen WM-Titel gewonnen. Vielleicht wäre M-Sport besser beraten, sich einen jungen, aufstrebenden Piloten wie Ott Tänak oder Juho Hänninen in den Boliden zu holen, der alles Erdenkliche geben wird, um in seinem Sport erfolgreich zu sein.