Vier zu zwei steht es zwischen Citroen und Ford nach Siegen im Moment. In der Fahrerwertung trennen Sébastien Loeb und Mikko Hirvonen hingegen schon 50 Punkte oder zwei ganze Siege. In der Konstrukteurswertung sind es zur Saisonhalbzeit bereits 26 Punkte. Was aus Ford-Sicht allerdings noch viel unbefriedigender als diese Zahlen sein muss, ist der Umstand, dass man eigentlich seit dem Saisonauftakt in Schweden nicht mehr die Geschwindigkeit fand, um Citroen wirklich herauszufordern. So wurde zwar die Rallye Neuseeland gewonnen, aber strenggenommen auch erst, nachdem gleich mehrere Citroen-Piloten auf den letzten Metern gepatzt hatten.

2009 kam es in Großbritannien noch zu einem spektakulären Finale, Foto: Sutton
2009 kam es in Großbritannien noch zu einem spektakulären Finale, Foto: Sutton

Doch woher kommt dieser Unterschied? Schließlich lieferten sich Loeb und Hirvonen im letzten Jahr noch ein Duell bis zum letzten Meter, das um lediglich einen Punkt zu Gunsten des Rekordweltmeisters entschieden wurde und schließlich wurden die Autos seitdem in Hinblick auf das kommende S-WRC Reglement bis auf kleinste Details vollständig eingefroren.

Zunächst einmal darf sicher nicht vergessen werden, dass die Weltmeisterschaft auch im letzten Jahr erst richtig spannend wurde, nachdem Sébastien Loeb nach einem überlegenen Saisonstart zu Saisonmitte gleich bei drei aufeinander folgenden Rallyes gepatzt hatte. Doch auch das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Hirvonen insbesondere in der zweiten Saisonhälfte zumindest auf Schotter absolut auf Augenhöhe mit Loeb zu bewegen schien. Was also ist anders in dieser Saison?

Denkbar wäre, dass Citroen einfach in der Setup-Arbeit, im Fine-Tuning noch mehr Zeit aus dem C4 kitzeln konnte, als umgekehrt Ford aus dem Focus. Eine Erklärung könnte hierbei sein, dass Fords Entwicklung des neuen S-2000 Fiesta bereits weiter vorangeschritten ist und somit möglicherweise mehr Ressourcen als bei Citroen vom aktuellen Fahrzeug abgezogen wurden.

Jari-Matti Latvala hatte bei seinem Sieg in Neuseeland auch ein wenig Glück auf seiner Seite., Foto: Sutton
Jari-Matti Latvala hatte bei seinem Sieg in Neuseeland auch ein wenig Glück auf seiner Seite., Foto: Sutton

Doch schlussendlich bleibt das alles vage, schließlich absolviert auch Ford in dieser Saison weiter regelmäßig Testfahrten mit dem Focus, um eben genau am Setup zu arbeiten; ganz davon abgesehen, dass sowohl der C4 als auch der Focus eigentlich mittlerweile viel zu ausgereift sind, um hier wirklich noch große Sprünge zu erwarten. Damit fällt der Blick auf einen ganzen anderen Bereich, die Fahrer. Möglicherweise ist genau das der Punkt, an dem Ford derzeit etwas zu schwach aufgestellt ist:

Mikko Hirvonen ging mit dem Erfolg, aber auch der Hypothek von zwei Vizeweltmeisterschaften in die Saison. Nachdem es im Vorjahr denkbar knapp nicht gereicht hatte, sollte endlich der Titel her. Dazu wollte der Finne insgesamt aggressiver zu Werke gehen, um dieses Mal am Ende den einen entscheidenden Punkt vor und nicht hinter Sébastien Loeb zu liegen. Hinzu kam noch der Druck, in Hinblick auf die Asphaltläufe der zweiten Saisonhälfte unbedingt vorlegen zu müssen und das bei Rallyes, die Hirvonen auch noch tendenziell entgegenzukommen schienen. Mehrere Rallyes später blieb die Erkenntnis, bei den vergangenen Rallyes wohl etwas zu aggressiv zu Werke gegangen und das Auto tendenziell überfahren zu haben. In Portugal war dann das Ziel, in erster Line wieder einen guten Fahrfluss zu finden. Genau damit konnte Hirvonen aber nicht jene Konstanz zeigen, die ihn noch letzte Saison ausgezeichnet hatte.

Zuletzt reihte sich auch Sebastien Ogier unter den Siegpiloten ein., Foto: lavadinho.com
Zuletzt reihte sich auch Sebastien Ogier unter den Siegpiloten ein., Foto: lavadinho.com

Jari-Matti Latvala ging nach seiner Katastrophensaison 2009 hingegen nicht länger als junges Supertalent mit großen Freiheiten, sondern als klare Nummer zwei in die Saison. Auch wenn allein der Umstand, dass Ford ihm nach dem Vorjahr die Treue hielt, eindeutig bewies, dass man weiter an das Talent des Finnen glaubt, war das nicht nur nominell eine klare Abwertung. Was darauf folgte, waren durchaus gute und konstante Leistungen bei denen Latvala ein ums andere Mal sogar schneller als Hirvonen unterwegs war. Doch obwohl sich dieser Schritt später einmal für die Karriere des Finnen durchaus auszahlen könnte, war damit auch klar, dass ein so "gebremster" Latvala nun nicht von Spitzenposition zu Spitzenposition eilen würde.

Anders hingegen die Situation bei Citroen, wo Sébastien Loeb sich trotz zwei zuletzt nicht gewonnenen Rallyes stark wie eh und je präsentierte und mit Sebastien Ogier nun sogar ein weiter Siegpilot hinzukam. Nicht zu vergessen Petter Solberg, der momentan seinerseits nur 13 Punkte hinter Mikko Hirvonen in der WM liegt und auch Daniel Sordo, der gerade in Portugal wieder besser zurechtkam und noch vor Mikko Hirvonen das Ziel sah. Das Problem für die Ford-Piloten: Haben sie einen schlechten Tag, finden sie sich jetzt nicht wie in der letzten Saison, hinter Loeb auf Rang zwei oder auch einmal hinter Loeb und Sordo auf Rang drei wieder, sondern oft gleich hinter einem ganzen Citroen-Quartett. Das erschwert auch die Taktik, da sich die Citroen-Piloten so oft untereinander die ungeliebte führende Startposition teilen können.

Petter Solberg erlebte seine erfolgreichste erste Saisonhälfte seit 2005., Foto: Sutton
Petter Solberg erlebte seine erfolgreichste erste Saisonhälfte seit 2005., Foto: Sutton

Vielleicht rächt es sich jetzt ein wenig, dass Ford zum Saisonwechsel nicht Petter Solberg unter Vertrag nahm, der zur Winterpause trotz seiner Starts für Citroen in der vergangenen Saison auch einem Ford-Engagement nicht abgeneigt schien. Auch wenn der Norweger bei den letzten beiden Rallyes ebenfalls nicht fehlerfrei blieb, wäre er mit seiner Erfahrung möglicherweise eine deutliche Bereicherung für Fords Kader gewesen, womit ganz nebenbei auch ein starker Rivale im Citroen-Kader weggefallen wäre…

Nun gut, in der Fahrerwertung scheint die Saison für Ford mittlerweile eher in Richtung einer Übergangssaison zu gehen. Sollte Loeb nicht noch ähnlich wie im letzten Jahr patzen, dürfte sein Vorsprung gerade bei noch ausstehenden vier Asphaltrallyes kaum noch in Gefahr geraten. In der Konstrukteurswertung könnte Ford hingegen noch Kapital daraus schlagen, dass gerade Daniel Sordo als zweiter Citroen-Werkspilot seine Leistung in der ersten Saisonhälfte nur all zu selten umsetzten konnte. 26 Punkte sind noch aufholbar, auch wenn gerade besagter Sordo auf Asphalt natürlich auch wieder erst einmal geschlagen sein möchte. Ansonsten dürften die Karten mit neuen Fahrzeugen 2011 völlig neu gemischt werden, wobei Ford auch dann mit der Überlegung nicht schlecht beraten scheint, ob man Petter Solberg nicht ein drittes Auto anbieten sollte… gerade wenn Sebastien Ogier als dritter Pilot das Citroen-Werksteam verstärken sollte.