Peugeot ist einen weiteren Schritt in Richtung Le-Mans-Rückkehr gegangen. Der Autobauer aus Frankreich enthüllte am Dienstag sein Hypercar, mit dem er ab 2022 an den Rennen der Langstrecken-Weltmeisterschaft mit zwei Fahrzeugen teilnehmen will. Sie tragen die Bezeichnung 9X8. Die Sensation an dem brandneuen Sportwagen: Einen Heckflügel sucht man vergeblich.

In der jüngeren Vergangenheit nahmen bereits der DeltaWing und der darauf basierende Nissan der ZEOD RC ohne Heckflügel am 24-Stundenklassiker teil. Bei ihnen handelte es sich aber um experimentelle Fahrzeuge, die im Rahmen der 'Box 56' an den Start gingen. Sie waren sich nicht zwingend an das technische Regelwerk gebunden. Dass nun ein regulärer Teilnehmer auf einen Heckflügel verzichtet, ist außergewöhnlich.

"Das neue Le-Mans-Hypercar-Reglement wurde erarbeitet, um die Bedeutung konventioneller leistungssteigernder Systeme zu reduzieren", erklärt Olivier Jansonne, Technischer Direktor des WEC-Programms bei Peugeot Sport. "Die Entwicklung des Peugeot 9X8 war eine faszinierende Erfahrung, weil wir die Freiheit hatten, zu erfinden, zu innovieren und ausgefallene Wege zu erforschen, um die Leistung des Modells und vor allem seine Aerodynamik zu optimieren. Das Reglement schreibt vor, dass nur eine verstellbare aerodynamische Vorrichtung erlaubt ist, ohne den Heckflügel zu spezifizieren. Unsere Berechnungen und Simulationen ergaben, dass eine hohe Leistung effektiv auch ohne einen solchen möglich ist."

Peugeot will Heckflügel-Geheimnis bewahren

Jean-Marc Finot, Motorsport Direktor der Peugeot-Dachmarke Stellantis betont, wie groß der Innovationsgrad des neuen WEC-Renners ist: "Der Verzicht auf einen Heckflügel am Peugeot 9X8 ist ein großer, innovativer Schritt. Wir haben einen Grad an aerodynamischer Effizienz erreicht, der es uns erlaubt, auf dieses Detail zu verzichten. Fragen Sie aber nicht, wie! Wir haben die Absicht, das so lange wie möglich geheim zu halten."

Am Heck fallen zudem je drei Rückleuchten auf jeder Seite mit 'Krallenoptik' auf, wie Peugeot das Aussehen bezeichnet. Sie umranden den breiten Diffusor, mit dem sich offenbar so hohe Abtriebswerte erzielen lassen, dass ein Heckflügel überflüssig wird. An den Lufteinlässen an der Front ist mittig ein beleuchtetes Emblem des Fahrzeugbauers angebracht.

Das Peugeot-Emblem an der Front ist beleuchtet, Foto: Uli Sonntag
Das Peugeot-Emblem an der Front ist beleuchtet, Foto: Uli Sonntag

Der Bolide verfügt über einen Hybridantrieb mit jeweils einem Motor an der Vorder- und an der Hinterachse. Im Heck sorgt ein 2,6-Liter-Benzinmotor mit zwei Turboladern für Vortrieb. Das V6-Aggregat leistet 680 PS. Vorne ist ein Elektromotor-Generator mit einer Leistung von 200 kW verbaut. Eine hochdichte 900-Volt-Batterie, die Peugeot gemeinsam mit dem Technologiepartner TotalEnergies/SAFT entwickelt hat, speichert die rekuperierte Energie.

Peugeot kehrt mit geballter Formel-1- und Sportwagen-Erfahrung zurück

Peugeot hat im Februar dieses Jahres die Fahrer für das WEC-Programm vorgestellt. Neben den ehemaligen Formel-1-Piloten Paul di Resta, Kevin Magnussen und Jean-Eric Vergne, gehören auch Loic Duval, Le-Mans-Sieger mit Audi, Mikkel Jensen, James Rossiter und Gustavo Menezes zum Aufgebot. Der USA-Amerikaner Menezes ist überzeugt: "Peugeot schlägt mit dem Peugeot 9X8 ein neues Kapitel im Motorsport auf. Wir werden die Geschichte mitschreiben!"

Statement statt Flügel: 'Wir wollten keinen Heckflügel', Foto: Uli Sonntag
Statement statt Flügel: 'Wir wollten keinen Heckflügel', Foto: Uli Sonntag

Das am Dienstag enthüllte Auto entspricht nicht exakt dem aktuellen Entwicklungsstand. Es bildet einen Status ob, der inzwischen bereits ein paar Wochen zurückliegt. "Das Auto wird sehr ähnlich aussehen. Es entspricht den Zustand, an dem wir die Arbeiten an den Oberflächen einfrieren mussten", sagt Jansonne.

Peugeot will mit dem 9X8 weitere Gesamtsiege an der Sarthe einfahren. 1992 und 1993 gewannen die Franzosen unter der Leitung des heutigen FIA-Präsidenten Jean Todt erstmals das traditionsreiche Heimrennen mit einem 905. Nach der Jahrtausendwende kehrte die Automarke mit dem Löwen-Emblem zurück an die Sarthe. 2009 feierte sie mit einem 908 den dritten Gesamtsieg. Das 2007 gestartete Sportwagen-Projekt wurde zu Beginn des Jahres 2012 überraschend mit sofortiger Wirkung eingestellt.

Die Bezeichnung des neuen Boliden ist an seine Vorgänger angelehnt. Die erste Ziffer knüpft unmittelbar an die vorherigen Bezeichnungen der Langstrecken-Rennwagen an. Das 'X' verweist auf die verbaute Allradtechnik, während die '8' das Kennzeichen aller aktuellen Peugeot-Modelle ist.

Peugeot machte Ende 2019 sein Hypercar-Projekt öffentlich. Der Verbrennungsmotor wird seit April auf dem Prüfstand erprobt. Noch in diesem Jahr soll das Auto seine Premiere auf der Rennstrecke feiern.

Technische Daten des Peugeot 9X8

  • Klasse: Le Mans Hypercar (LMH)
  • Länge: 5.000 mm
  • Breite: 2.080 mm
  • Höhe: 1.180 mm
  • Radstand: 3.045 mm
  • Antriebsstrang: Peugeot HYBRID4 500 kW (Allradantrieb)
  • Hinterradantrieb: 500 kW (680 PS), 2,6-Liter-Benzinmotor mit zwei Turboladern V6 mit Allradantrieb + sequenzielles Siebenganggetriebe
  • Frontantrieb: 200 kW Elektromotor-Generator + einstufiges Untersetzungsgetriebe
  • Batterie: Hochdichte 900-Volt-Batterie, gemeinsam entwickelt von Peugeot Sport, TotalEnergies/SAFT
  • Kraftstoff und Schmiermittel: TotalEnergies