'Hypercar' prangt als Schriftzug auf der Motorhaube des Toyota GR010 Hybrid, den der Autobauer aus Japan am Freitag der Weltöffentlichkeit präsentiert hat. Ersten Reaktionen zufolge konnte die explizite Kennzeichnung des Renn-Prototypen nicht schaden: Zahlreiche Fans taten sich schwer, optische Unterschiede zum LMP1-Vorgängermodell TS050 zu finden, mit dem Toyota zuletzt ohne größere Konkurrenz dreimal in Folge die 24 Stunden von Le Mans gewann.

Mit dem GR010 Hybrid haben die Japaner nun als erster Hersteller weltweit eines der Hypercars vorgestellt, die der WEC Langstrecken-Weltmeisterschaft und vor allem dem Klassiker in Le Mans zu neuem Glanz verhelfen sollen. Die großen Veränderungen halten sich zunächst in Grenzen. In der neuen Topklasse, die auf die LMP1-Kategorie folgt, betätigt sich Toyota 2021 erneut als einziger Autohersteller.

Erst 2022 stößt Peugeot mit einem eigenem Hypercar zu Toyota und den Privatiers ByKolles und Glickenhaus hinzu. Ob es den Franzosen gelingen wird, einen Rennwagen zu bauen, der auch optisch an das erinnert, was sich viele Fans unter einem Hypercar vorstellen? Auf Seiten von Toyota haben sich die Ingenieure mehr auf den reinrassigen Rennsport versteift statt auf die Optik des künftigen Straßen-Hypercar namens GR Super Sport, mit dem Alex Wurz beim vergangenen 24h-Rennen seine Demorunden in Le Mans drehte.

Toyota GR Super Sport: Überschaubare Gemeinsamkeiten mit dem GR010 Hybrid, Foto: Toyota Gazoo Racing
Toyota GR Super Sport: Überschaubare Gemeinsamkeiten mit dem GR010 Hybrid, Foto: Toyota Gazoo Racing

'Der markante Look des Rennprototypen spiegelt das Erscheinungsbild des GR Super Sport Hypercars wider', heißt es in einer Pressemitteilung von Toyota anlässlich der Weltpremiere. Von den geschwungenen Linien der gezeigten Straßenversion ist allerdings wenig zu erkennen. Auch setzt Toyota beim GR010 wieder auf die straßenuntypische Finne, die im Gegensatz zum TS050 nun nicht mehr direkt mit dem ausladenden Heckflügel verbunden ist.

Nach der Ankündigung der Hypercar-Klasse hatten sich viele Fans weltweit eher Rennwagen erwartet, die an den Look der damaligen GT1-Boliden oder der heutigen Modelle a la Mercedes-AMG Project One, Aston Martin Valkyrie beziehungsweise den Exoten um Rimac, Pininfarina oder Apollo erinnern. Stattdessen enthüllte Toyota eine per Reglement beschnittene, optische Evolution der diversen TS Hybrid-Baureihen, die seit 2012 in der WEC zum Einsatz kamen.

"Ich hatte nicht erwartet, dass das Auto so viel Spaß machen würde zu fahren. Ich dachte, es würde sich wie ein GT-Auto anfühlen", wurde passenderweise der Schweizer Toyota-Pilot Sebastien Buemi zitiert.

Dabei dürfte Toyotas Rennversion sogar deutlich weniger Leistung haben als die spätere Straßenvariante in Kleinserienproduktion, die gerüchteweise rund 1.000 PS stark sein soll. Um Kosten zu sparen, liegt die Obergrenze für die WEC-Hypercars und die 2023 folgenden LMDh-Prototypen bei 680 PS beziehungsweise 500 kW Systemleistung - ob mit oder ohne Einsatz des Hybridantriebes.

Toyota-Hypercar 2021: Erste Fahraufnahmen des GR010: (02:36 Min.)

Während Hersteller wie Audi und Porsche auf das kostengünstigere 'Baukasten-System' der Le Mans Daytona hybrid-Autos mit einheitlichen Chassis und Hybridsystemen setzen, wich Toyota nie von einer Hypercar-Idee ab. Größere Freiheiten bei der Entwicklung des Hybridsystems - ab 2021 nur noch an der Vorderachse zugelassen - und dem Chassis waren die Argumente, die wohl eher unter der Haube greifen.

Von den ursprünglich angepeilten vierstelligen PS-Zahlen ist bei den WEC-Hypercars mit fortschreitender Zeit nicht viel übrig geblieben. Dass die Prototypen auf dem 13 Kilometer langen Circuit de la Sarthe rund zehn Sekunden langsamer sein werden als die leichteren LMP1-Monster, dürfte angesichts der eingesparten Entwicklungsgelder zu verschmerzen sein. Gerade hier hätten straßenähnlichere Rennautos wohl zu größerer Akzeptanz unter Langstrecken-Enthusiasten beigetragen.

Man darf gespannt sein, ob die WEC-Hypercars von Glickenhaus und ByKolles zumindest etwas mehr den Fahrzeugen ähneln, die auch im Straßenverkehr bewegt werden dürfen - wenn es das Budget der Käufer zulässt.

Die beiden Privatschmieden verzichten komplett auf ein Hybridsystem, sondern setzen im Kampf gegen Toyota auf reine Verbrenner-Power. Auch die Japaner bohrten von ehemals 2,4 auf 3,5 Liter Hubraum auf, da die Hybrid-Komponente an Bedeutung verliert. Eine neue Balance of Performance in der Topkategorie lässt auf einen ebenbürtigeren Kampf hoffen als zuletzt.

Toyota GR010 Hybrid: Technische Spezifikationen

Toyota GR010Spezifikation
KarosserieKohlefaser-Verbundwerkstoff
GetriebeTransversal, 7 Gänge sequenziell
AntriebswellenGleichlaufgelenkwellen mit Tripodegelenk
KupplungLamellenkupplung
DifferenzialMechanisches Sperrdifferenzial
AufhängungEinzelne Doppelquerlenker vorne und hinten, Schubstangensystem
FedernTorsionsstäbe
StabilisatorenVorne und hinten
BremsenAkebono Monoblock-Leichtmetall-Bremssättel mit belüfteten Carbon-Bremsscheiben
Länge4.900 Millimeter
Breite2.000 Millimeter
Höhe1.150 Millimeter
Gewicht1.040 Kilogramm
Tankinhalt90 Liter
MotorTwin-Turbo-V6-Direkteinspritzer
Hubraum3,5 Liter
Leistung Benzinmotor500 kW / 680 PS
Leistung Elektromotor200 kW / 272 PS
BatterieToyota Lithium-Ionen-Batterie
Frontmotor/InverterAisin AW / Denso