Formel 1 2018: Warum ist ein Porsche schneller als ein F1-Auto? (19:23 Min.)

"Sehr schnell, sehr schön und das Geilste, was ich je gefahren bin. Das coolste Auto auf der schönsten Rennstrecke der Welt. Die Kombination ist der Wahnsinn." Konkreter ausgedrückt: Timo Bernhard trifft Porsche 919 EVO trifft Nürburgring-Nordschleife. Eine Dreier-Kombi, die absolutes Spektakel verspricht und derzeit in aller Munde ist.

Porsche hat sein Monster kürzlich auf die legendäre Nordschleife losgelassen, die ersten Einstellfahrten in der Grünen Hölle absolviert - um den epischen Rekord von Stefan Bellof zu knacken und die nächste Fabel-Rundenzeit aufzustellen. Schon bald kehren die Zuffenhausener mit dem 919 Hybrid EVO zurück in die Eifel, um erstmals eine offizielle Zeit zu notieren.

"Normalerweise fährt man mit solch einem Auto nicht mehr auf der Nordschleife, aber wir haben uns gut vorbereitet", sagt Porsche-Werksfahrer Timo Bernhard nach dem ersten Test zu Motorsport-Magazin.com. "Das ist auch kein 5-Minuten-Job. Man lädt das Auto nicht ein, kommt zur Strecke, fährt fünf Runden und alles ist perfekt."

Rekord-Killer 919 EVO

Tatsächlich steckt hinter der Abschieds-Tournee des 919 Hybrid nach dem Porsche-Ausstieg aus der WEC ein riesengroßer Aufwand. Rekorde brechen, das will ordentlich vorbereitet sein. Bevor Bernhard etwa ins Auto stieg, drehte er zahlreiche Runden im Simulator. Kein Wunder bei den Daten des Porsche-Monsters: 1.200 PS, 849 Kilo und keinerlei Regel-Beschränkungen - das kompromissloseste Rennauto der Welt.

Bernhard kennt die Nordschleife wie seine Westentasche. Zehnmal trat er beim 24-Stunden-Rennen an, holte dabei fünf Siege mit dem Porsche 911 GT3. Doch der 919 EVO ist noch einmal eine ganz andere Hausnummer. Bernhard: "Vor der Nordschleife hat man immer Respekt, egal, in welchem Auto. Man muss sie immer anders behandeln als andere Rennstrecken. Es war sehr interessant, sie aus einem anderen Blickwinkel kennenzulernen."

Bellof-Rekord bleibt unvergessen

Schon in Spa knackte Porsche mit dem Monster-919 den Streckenrekord von Lewis Hamilton aus dem Jahr 2017 um mehr als sieben Zehntelsekunden. Porsche als Formel-1-Killer. Als nächstes dürfte der ikonische Bellof-Rekord am Nürburgring fallen. Der verstorbene Ausnahmepilot fuhr eine bis heute nicht erreichte 6:11.130 im Porsche 956. Eine Runde für die Ewigkeit, ganz gleich, ob der unlimitierte 919 letztendlich schneller sein wird.

Trotz neuerer Technik und frei von Regel-Beschränkungen wird es alles andere als einfach, mit dem Monster-Porsche Bellofs Rekord zu brechen. Schon in Spa wurden die Fahrer mit Kräften von rund 5,5 G belastet. Ähnliche Werte dürften auch auf der Nordschleife an den Piloten zerren.

Porsche-Monster 919 EVO: So fährt sich der Formel-1-Killer (05:52 Min.)

Bernhard: Schon verdammt schnell

Renn-Veteran Bernhard: "Wegen des zusätzlichen Abtriebs und der höheren Beschleunigung war das schon noch mal eine andere Nummer. Das LMP-Auto ist ohnehin schnell, aber in Spa war es noch mal ein Schritt drüber. Wenn man da Zeiten auf Formel-1-Niveau fährt, ist das schon verdammt schnell. Die Limits waren verschoben, aber: Das Auto hat sich weiter wie der 919 aus der WEC angefühlt. Und das gibt dir als Fahrer ein Gefühl von Sicherheit."

Nicht auszuschließen, dass die Formel-1-Autos der Generation 2018 dieses Jahr in Spa zurückschlagen und den Rekord zurückerobern. Anders sieht es gegebenenfalls auf der Nordschleife aus, wo zuletzt im Jahr 2013 Michael Schumacher mit einem Formel-1-Auto eine Demorunde im gemächlichen Tempo drehte. Ein F1-Auto heutzutage in vollem Tempo durch die Grüne Hölle - relativ unrealistisch.

Keine Rennen mit dem Porsche 919 EVO

Bernhard erklärt, warum sich ein Le-Mans-Prototyp auf der Nordschleife besser eignet: "Mit dem LMP1 sind wir ja auch in Le Mans gefahren, wo man das Auto anpassen musste. LMP1 sind vom Potenzial her unheimlich schnell, aber auch sehr gut den Bedingungen anzupassen. Für solche Geschichten macht es das Auto perfekt."

In Folge des Hypes um den Porsche 919 EVO Hybrid fragten sich zuletzt einige Fans: Könnte man mit einem solchen Rennwagen nicht gleich eine eigene Meisterschaft austragen? Klare Absage aus Zuffenhausen: Das Auto wurde ausschließlich für die spektakuläre Abschieds-Tour konstruiert und für jede der Strecken, auf denen es Rekord jagt, aufs Extremste angepasst.