Schneller als die Formel 1! Porsche hat auf seiner großen Abschieds-Tour mit dem LMP-Rennwagen 919 Hybrid einen neuen Streckenrekord in Spa-Francorchamps aufgestellt. Mit einer Evo-Version des Autos soll Neel Jani laut Porsche-Angaben eine Bestzeit von 1:41.770 Minuten gefahren sein. Damit habe er laut den Zuffenhausenern den Formel-1-Rekord von Lewis Hamilton gebrochen. Der Mercedes-Fahrer benötigte 2017 im Qualifying 1:42.553 Minuten - 0,783 Sekunden mehr als der LMP-Porsche.

Jani erzielte auf seiner Rekordrunde, die am Montagmorgen um 10:23 Uhr startete, einen Topspeed von 359 km/h und eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 245,61 km/h. Die Lufttemperatur betrug elf Grad Celsius, die Streckentemperatur 13 Grad Celsius. Zum Einsatz kamen speziell entwickelte Prototypen-Rennreifen von Michelin.

Evo-Porsche 919: 53 Prozent mehr Abtrieb

Porsche baute den 919, dreimaliger Sieger der 24 Stunden von Le Mans, aufwendig um. Darunter Entwicklungen, die für 2018 geplant waren, bevor sich der Hersteller aus der WEC-Langstreckenweltmeisterschaft verabschiedete. Zudem weitere Aero-Modifikationen wie Frontschürze, Heckflügel und ein DRS-System. Dadurch soll der Evo-Porsche 53 Prozent mehr Abtrieb haben als das vom Reglement reglementierte Auto von 2017.

Foto: Gruppe C / Tim Upietz
Foto: Gruppe C / Tim Upietz

Auch am Motor hatten die Zuffenhausener noch einmal Hand angelegt - frei von jeglichen Restriktionen. Das Effizienzreglement der WEC limitierte die Energie aus Kraftstoff pro Runde mittels Begrenzung der Durchflussmenge durch einen Fuel Flow Meter. In Spa durfte der Porsche 919 Hybrid in seiner letzten Saison 1,784 Kilogramm/2,464 Liter Benzin pro Runde einsetzen.

Damit leistete der Vierzylinder-Verbrenner rund 500 PS. Frei von dieser Restriktion, ausgestattet mit entsprechenden Software-Updates, aber unter Verwendung des üblichen Rennkraftstoffs, bringt er es in der Evo-Variante auf 720 PS.

Die erlaubte einsetzbare Energiemenge aus den beiden Rückgewinnungssystemen betrug beim WM-Lauf in Spa 2017 exakt 6,37 Megajoule pro Runde. Damit blieben die Systeme deutlich unter ihrem Potenzial. Auf seiner Rekordrunde stand Jani jetzt der volle Boost von 8,49 Megajoule zur Verfügung - die Leistungsausbeute wuchs um zehn Prozent von 400 auf 440 PS.

Alles neu am Rekord-Porsche 919

Zur weiteren Performance-Verbesserung erhielt der Evo ein Vierrad-Brake-by-Wire-System für zusätzliche Gierwinkel-Kontrolle. Außerdem wurde die Servounterstützung der Lenkung an die höheren Kräfte angepasst. Zusätzlich wurden die Radträger vorne und hinten verstärkt.

Foto: Gruppe C / Tim Upietz
Foto: Gruppe C / Tim Upietz

Das Leergewicht sank um 39 Kilogramm gegenüber der Rennversion auf 849 Kilogramm. Dafür wurde entfernt, was für eine einzelne Runde bei besten Bedingungen entbehrlich ist: Klimaanlange, Scheibenwischer, einige Sensoren, die Elektronikeinheit der Regelwächter, die Lichtanlage und die pneumatische Wagenhebervorrichtung.

12 Sekunden schneller als 2017

"Der 919 Evo ist brutal beeindruckend", sagte Rekord-Fahrer Jani. "Er ist definitiv das schnellste Auto, das ich je gefahren bin. Das Grip-Niveau ist für mich eine völlig neue Dimension, das konnte ich mir vorher so nicht vorstellen. Die Abläufe auf einer einzelnen Runde mit dem 919 Evo sind derartig schnell, dass der Anspruch an die Reaktionsschnelligkeit noch einmal ein ganz anderer ist als ich ihn aus der WEC kenne. Wir sind nicht nur schneller als die F1-Polepostion von 2017. Die Runde war zwölf Sekunden schneller als unsere WEC-Pole aus dem vergangen Jahr!"

Foto: Gruppe C / Tim Upietz
Foto: Gruppe C / Tim Upietz

Fritz Enzinger, Leiter LMP1: "Das war eine absolut fantastische Runde - eine herausragende fahrerische Leistung von Neel und das Ergebnis großartiger Ingenieursarbeit. Der heutige Streckenrekord beweist eindrucksvoll die ultimative Performance des innovativsten Rennwagens seiner Zeit."

Nächster Halt: Nordschleife

Die Rekordrunde in Spa war die erste Station der 919 Tribute Tour. Als nächstes wird der 919 am 12. Mai bei einer Demonstrationsfahrt über die legendäre Nordschleife vor dem Start zum 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgrings zu sehen sein. Anschließend stehen Fahrten beim Goodwood Festival of Speed (12.-15. Juli), dem Festival of Porsche in Brands Hatch (2. September) und der Porsche Rennsport Reunion im kalifornischen Laguna Seca (26.-29. September) auf dem Programm.