In Spa-Francorchamps lieferte die FIA WEC eines ihrer besten und chaotischsten Rennen in ihrer knapp fünfjährigen Geschichte ab. In der LMP1-Klasse blieb kein Werk von Problemen, Unfällen, Strafen oder Defekten verschont. So mussten im Laufe des Rennens Audi, Porsche und Toyota jeweils mit mindestens einem ihrer Wagen die Segel im Kampf um den Sieg streichen. Letzten Endes kam nur der Audi #8 ganz ohne Probleme durch und durfte sich damit über den Sieg freuen. Motorsport-Magazin.com hat für euch die Reaktionen der LMP1-Werke auf das verrückte Rennen von Spa.

Audi in Spa: Wer zuletzt lacht...

Das ganze Wochenende über hatte Audi mit dem Wagen #8 zu kämpfen. Im zweiten freien Training kamen Di Grassi/Duval/Jarvis überhaupt nicht zum Fahren. Umso erfreulicher für das Trio, dass sie das sechsstündige Chaos-Rennen von Spa am besten über die Bühne brachten und so ihren ersten Sieg in der Langstrecken-WM WEC bejubeln durften. "Was für ein verrücktes Rennen! Mit diesem Ergebnis haben wir nun wirklich nicht gerechnet", konnte Lucas Di Grassi im Anschluss sein Glück kaum fassen.

"Am Ende ging es um Langstrecken-Qualitäten, und wir sind als einzige Fahrermannschaft in einem Hybrid-Sportwagen ohne Probleme durchgekommen." Dieser Umstand spricht für die immense Qualität des Fahrertrios auf dem Audi #8. Weniger gut lief es dagegen für das Schwesterauto, den R18 mit der #7. Fässler/Lotterer/Tréluyer waren im Laufe des Rennens immer wieder in das chaotische Geschehen verwickelt. Zunächst musste der Audi zum Reparaturstopp kommen, da der Unterboden beschädigt war. Später musste die #7 noch einmal die Box ansteuern, da verstopfte Lüftungsschächte die Temparaturen in die Höhe schnellen ließen.

Am Ende verlor die #7 nach einer Kollision mit einem LMP2-Boliden weitere Zeit, zudem musste man zu einer Durchfahrtsstrafe antreten. "Wir hatten in Spa sehr viele Probleme. Ungewöhnlich war, dass wir so viele Kontakte mit anderen Autos hatten. Wir mussten den Unterboden wechseln, die Kühler reinigen, ich berührte einen LMP2-Rennwagen, und zum Schluss fuhr mir noch ein Gegner ins Heck", schüttelte Marcel Fässler nach dem Rennen den Kopf. Mit Platz fünf betrieb die #7 am Ende noch Schadensbegrenzung.

Porsche in Spa: Das Rennpech klebt an den Füßen

Der Porsche #1 verbrachte sehr viel Zeit an der Box, Foto: Porsche
Der Porsche #1 verbrachte sehr viel Zeit an der Box, Foto: Porsche

Für Porsche entpuppte sich nach den dominanten Trainings das Rennen als totaler Schuss in den Ofen. Immerhin: Der 919 Hybrid #2 fuhr als Zweiter über die Ziellinie. Das war es dann aber auch schon mit positiven Nachrichten für Porsche an diesem Tag. Denn die #2 fuhr fast die gesamte Renndistanz über mit defektem Hybrid-System und entsprechend wenig Power. "Es war natürlich frustrierend, seit der sechsten Runde nicht mehr die volle Hybridleistung zu haben. Das Auto ist auf den starken Allradantrieb aus den Kurven heraus abgestimmt. Wir hatten im Cockpit alle Hände voll zu tun, um trotz der technischen Schwierigkeiten ins Ziel zu kommen", beklagte sich Marc Lieb hinterher.

Dass es trotzdem noch zu Platz zwei gereicht hatte, hatten Dumas/Jani/Lieb nicht nur dem Pech der Konkurrenz zu verdanken: "Ohne die volle Leistung vom Hybridsystem fährt sich das Auto ganz anders, man kommt viel schlechter durch den Verkehr und muss auf die Bremstemperatur aufpassen. Wir haben unseren 919 geschont, so gut wir eben konnten", führte Neel Jani aus. Beim Schwesterauto #1 funktionierte das Hybridsystem, doch Bernhard/Webber/Hartley wurden schon früh im Rennen durch zwei Reifenschäden vorne links aussichtslos zurückgeworfen.

Als Folge der beiden Plattfüße wurde auch das Getriebe an der Vorderachse in Mitleidenschaft gezogen. "Mit dem defekten Reifen musste ich noch eine ganze Runde absolvieren, das hat Folgeschäden verursacht – vermutlich auch den Schaden am Vorderachsgetriebe", gab Timo Bernhard nach dem Rennen zu Protokoll. Der Porsche #1 stand Ewigkeiten für Reparaturarbeiten in der Garage. Am Ende fuhr man das Rennen aber doch zu Ende, die Zielflagge sah man auf Platz 27 in der Gesamtwertung.

Toyota in Spa: Der große Coup vereitelt

Beide Toyota wurden vom Defektteufel heimgesucht, Foto: Toyota
Beide Toyota wurden vom Defektteufel heimgesucht, Foto: Toyota

Toyota war drauf und dran, durch seine Weltmeister-Besetzung Davidson/Buemi/Nakajima auf dem Wagen #5 den ersten Sieg seit Bahrain 2014 zu holen. Nach der ersten Stopp-Runde lag der Toyota #5 plötzlich auf Platz eins und konnte diese Position auch gegen den Weltmeister-Porsche behaupten. Im Anschluss wurde, auch durch die Probleme der Konkurrenz, das Polster immer komfortabler, ehe der TS050 Hybrid nach gut vier Stunden Rauchzeichen von sich gab - ein mechanischer Schaden kündigte sich an.

Klar, dass sich der Frust seinen Weg bahnte: "Ich hatte das Gefühl, wir hätten den Sieg wirklich verdient gehabt, und er wurde uns auf grausame Weise wieder weggenommen. Und das wegen einem Problem, das vorher noch nie aufgetaucht ist", so ein niedergeschmetterter Anthony Davidson. Das Trio auf dem Toyota #5 fuhr am Ende als 26. Über die Ziellinie und kam damit immer noch besser als das Schwesterauto #6 davon. Der Toyota von Sarrazin/Conway/Kobayashi musste das Rennen, ebenfalls wegen eines Defekts, vorzeitig beenden.

Die #6 war durch eine Kollision mit dem SMP-BR01 #37 früh auf der Verliererstraße: Durchfahrtsstrafe. Als Dritter fuhr man zunächst das Rennen fort, ehe ein technischer Defekt das Rennen von Sarrazin/Conway/Kobayashi besiegelte. "Ich habe einen Fehler gemacht und ein LMP2-Auto abgeräumt. Das hat unser Rennen zerstört. Danach haben wir so hart gepusht, wie wir konnten und lagen schon wieder in den Top-3. Wir hätten mit beiden Autos auf das Podium fahren können, aber es sollte nicht sein", so ein geknickter Mike Conway.