Im vierten Jahr ihres Bestehens und in der zweiten Saison des innovativen Reglements kann die World Endurance Championship Starterfelder von über 30 Fahrzeugen bei bislang jedem Rennen der Saison vorweisen. Selbst das Nissan-Debakel erscheint fürs Erste verkraftbar. Für Gerard Neveu, den Chef der Langstrecken-Weltmeisterschaft, ein sehr gutes Zeichen. "Wir sind glücklich über die Position der WEC in ihrem erst vierten Jahr, aber wir werden nicht in Selbstgefälligkeit verfallen." Er kündigte an, den Kalender für die Saison 2016 in Austin im September zu veröffentlichen.

Nicht ganz ohne Stolz verweist er auf das, was binnen vier Jahren aufgebaut worden ist: "Wir haben einen starken Kalender mit Events, die jedes Jahr wachsen und große Zuschauerzahlen anlocken, in Kombination mit großartiger Action auf der Strecke wie neben der Strecke und attraktiven Ticketpreisen." Bei den bisherigen Rennen in Europa konnten die Zuschauerzahlen gesteigert werden, ob sich der Trend in Übersee fortsetzen wird, bleibt abzuwarten. Gerade das Rennen in Bahrain war bislang zuschauertechnisch ein Sorgenkind, während in China und Austin das Interesse leicht gestiegen ist. "Es ist noch Arbeit zu tun und wir arbeiten stets daran, die WEC zu verbessern", so Neveu.

Das Interesse bei den europäischen Rennen steigt, Foto: Adrenal Media
Das Interesse bei den europäischen Rennen steigt, Foto: Adrenal Media

Mit dem Sechs-Stunden-Rennen am Nürburgring, das in die Fußstapfen der legendären 1000-Kilometer-Distanz tritt, steht erstmals seit Einführung des Lone Star Le Mans in Austin im Jahr 2013 ein neues Event im Kalender der Langstrecken-Weltmeisterschaft. Ob es dauerhaft drinbleibt, wird vor allem vom Erfolg dieses Jahr abhängen, denn es ist dieses Jahr nur Ersatzevent für Sao Paulo, wo intensive Arbeiten am Autodromo Jose Carlos Pace durchgeführt werden.

Die Wahl auf Deutschland ist für Neveu ein logischer Schritt: "Audi und Porsche sind deutsche Hersteller und Toyota Racing ist in Köln beheimatet, deshalb hat es viel Sinn ergeben. Wir sind us sicher, dass dieses Heimrennen für diese wichtigen Hersteller von den deutschen Fan unterstützt wird."

Expansion vor allem Kostenfrage

Insgesamt allerdings bleibt der Kalender, obschon eine Expansion auf dem amerikanischen Kontinent angestrebt wird, in seinem Kern stabil. "Um Sichtbarkeit zu erreichen, brauchen wir Stabilität", erklärt der Franzose. "Und der beste Weg, mit den einheimischen Fans und Medien in Kontakt zu treten, ist, die Events ungefähr zur selben Zeit im Jahr abzuhalten. Dieses Jahr werden wir das vierte Mal in Fuji, Shanghai und Bahrain antreten und es wird das dritte Event in Austin sein. Jedes Jahr haben wir größere Zuschauermengen und höheres Medieninteresse erlebt." Kritische Stimmen beklagen das Fehlen eines zweiten Saisonhöhepunkts neben Le Mans im Kalender.

Doch diesen zu erweitern ist kein einfaches Unterfangen: "Man darf den logistischen Aspekt nicht unterschätzen. Über 30 Autos und das Equipment von Land zu Land zu transportieren ist teuer und mit viel Arbeit verbunden. Deshalb versuchen wir, in einer logischen Abfolge um die Welt zu reisen." So würden die Ressourcen effizient genutzt. Formel 1 und MotoGP beispielsweise leisten sich teure Einmalreisen in die USA mitten in der Europa-Saison, während in der WEC strikt zwischen einer Europa-Halbzeit und einer Welttournee unterschieden wird.

Deshalb bleibt Neveu auch hinsichtlich des Kalenders für 2016 vorsichtig mit neuen Events. "Wir stehen in Kontakt mit Vermarktern rund um die Welt, die die WEC zu neuen Orten bringen möchten", so der 50-Jährige. "Aber wir werden nur expandieren, wenn die Bedingungen stimmen und unsere Partner zustimmen." Für 2016 wird mit einem Rennen in Kanada oder Mexiko gerechnet - logischerweise um den Zeitpunkt des Austin-Events herum. "Ansonsten haben wir noch viel, worauf wir uns in 2015 freuen können, aber kommendes Jahr werden wir Ford [in der GTE Pro] begrüßen, die sich dem Wettbewerb mit Aston Martin, Ferrari und Porsche stellen. Wir werden auf einem soliden Fundament aufbauen, das wir seit 2012 gelegt haben."