Stark verbessert gegenüber dem Vorjahr und doch zurückgefallen - Toyota ist 2015 von einer Dampfwalze aus dem VW-Konzern überrollt worden. Trotz signifikanter Verbesserungen am Toyota TS040 Hybrid ist die Gazoo-Mannschaft 2015 auf dem falschen Fuß erwischt worden. Die enorme Verbesserung der LMP1-Boliden über den Winter ließ den Weltmeister-Boliden zwar deutlich schneller werden, doch die Gegner wurden noch schneller. Toyota reagiert und stellt für 2016 ein höheres Budget zur Verfügung, wenn der TS050 Hybrid die Nachfolge des aktuellen Modells antreten soll.

Mit den Plätzen sechs und acht holte Toyota das schlechteste Ergebnis in Le Mans seit der Wiederkehr im Jahre 2012. Das Bittere: "Es gab nicht den kleinsten Fehler; man kann nicht sagen, dass wir ein schlechtes Rennen hatten", zeigt sich Pascal Vasselon, der Technische Direktor des Teams, gegenüber Endurance Info angesichts eines Rückstands von acht Runden verdattert. Man habe sich um drei Sekunden in der Rundenzeit gegenüber dem Vorjahr gesteigert, versichert er. Problematisch nur, wenn die Konkurrenz fünf Sekunden findet.

Alexander Wurz erläutert im Detail, wie der Toyota TS040 Hybrid vom schnellsten Werkswagen im Jahr 2014 zum langsamsten Hybrid-LMP1 (den nur formal als Hybrid antretenden Nissan herausgerechnet) werden konnte: "Letzte Saison hatte Toyota unter den neuen Regularien ein hohes Niveau bei der Aerodynamik erreicht", sagt er gegenüber Daily Sportscar. "Unsere Gegner haben das auf clevere Art und Weise erkannt und ihre Ressourcen genutzt, um ihre Leistung und die Aero zu verbessern. Als Sportsmann muss ich sagen: Auf eine echt coole Art!"

Acht Runden Rückstand: Obwohl Le Mans ohne Probleme verlief, ist die Bilanz verheerend, Foto: Toyota
Acht Runden Rückstand: Obwohl Le Mans ohne Probleme verlief, ist die Bilanz verheerend, Foto: Toyota

Mehr Geld für mehr Performance

Das Problem hat er damit bereits angeschnitten: "Der Grund, dass wir da sind, wo wir jetzt stehen, liegt nicht daran, dass wir etwas falsch gemacht hätten oder nicht wüssten, was wir tun. Es liegt einfach daran, dass wir nicht die Ressourcen haben." Toyota hat nach dem erfolglosen Formel-1-Abenteuer in den 2000ern mit dem höchsten Budget der Motorsportgeschichte die Motorsport-Budgets stark zusammengekürzt. Das reichte noch für den WM-Titel im Jahre 2014 mit viel Erfindungsreichtum, im zweiten Jahr des Effizienz-Reglements hingegen macht sich das finanzielle Ungleichgewicht bereits bemerkbar. Audi und Porsche werden dreistellige Millionenbeträge als Jahresbudget nachgesagt.

"Wir wissen, wo die Probleme liegen und wissen, wie wir sie angehen könnten, aber momentan haben wir schlicht nicht die Ressourcen, um dies gänzlich in Angriff zu nehmen", fährt Wurz fort. Das ganze Problem dreht sich letztlich nur um die finanziellen Ressourcen. Und so stockt der Mutterkonzern auf: "Eine Reaktion war notwendig und wir werden ein zusätzliches Budget für die kommende Saison erhalten, wenn auch nicht auf dem Niveau der Gegner", bestätigt Vasselon.

Im Zentrum des neuen TS050 für 2016 wird ein komplett neuer Antriebsstrang stehen. Wurz sieht dort die meisten Reserven. Toyota wird den Saugmotor gegen ein Turboaggregat ersetzen. Aktuell existiert ein 2l-Reihenvierzylinder in der Super GT, der sich anbieten würde. Details gibt es seitens Toyota zum neuen Konzept aber noch nicht, außer der bekannten Tatsache, dass die Superkondensatoren durch ein 8MJ-Batteriesystem getauscht werden. Vasselon bestätigt aber, dass der neue Antrieb in Japan vorbereitet wird. "Wir haben Videokonferenzen mit Japan alle zwei Tage. Die technischen Rahmenbedingungen sind festgezurrt, die Details werden derzeit angepasst."

Kaum Erfolgsaussichten: Die Saison 2015 wird Toyota wohl abschreiben müssen, Foto: Speedpictures
Kaum Erfolgsaussichten: Die Saison 2015 wird Toyota wohl abschreiben müssen, Foto: Speedpictures

Saison 2015 nahezu abgeschrieben

Die Weichen werden also bereits für die Zukunft gestellt. Bei den Testfahrten auf dem Nürburgring erprobte Toyota bereits Teile im Hinblick auf die kommende Saison. Für das Jahr 2015 gibt es unterdessen wenig Hoffnung. "Ich denke, es wird für uns überall hart werden", stöhnt Wurz im Hinblick auf die noch ausstehenden Rennen in Deutschland, den USA, Japan, China und Bahrain. Der Österreicher kann nur nach Strohhalmen der Hoffnung suchen:"Aus unerfindlichen Gründen ist uns Shanghai immer sehr entgegen gekommen, letztes Jahr vielleicht aufgrund der Reifenwahl. Vielleicht hilft uns das wieder? Eventuell klappt es ja am Nürburgring im Nassen."

Realistisch betrachtet sieht der 41-Jährige, der seinen dieses Jahr auslaufenden Vertrag mit Toyota im September zu verlängern gedenkt, jedoch keine Perspektive für Erfolg in diesem Jahr. "Das Problem ist: Wenn man Nachteile bei der Effizienz des Antriebs und der Leistung hat, dann wird man auf allen Strecken seine Probleme haben." Der Schlüssel sei es, sich von der Frustration nicht überwältigen zu lassen, sondern sie in neue Motivation zur Verbesserung umzuwandeln.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Die Hoffnung, dass man dank des Effizienz-Reglements mit einem kleinen Budget und viel Erfindungsreichtum einen Stich setzen kann, hat sich bereits im zweiten Jahr der Regularien zerschlagen. Von nun an ist es eine Materialschlacht, und hier liegt die große Gefahr: Immer weiter anschwellende Budgets haben schon zahlreiche Hersteller-starke Rennserien binnen kürzester Zeit zerstört. Insbesondere Audi und Porsche sollten ein Interesse daran haben, die WEC nicht kaputt zu rüsten. Wenn jetzt die Kostenspirale losgeht, könnte dem wachsenden Pflänzchen WEC schnell das Wasser entzogen werden. (Heiko Stritzke)