Es ist nicht leicht, sich als Fahrer bei den Fans einen Namen zu machen, wenn man nicht in der Formel 1 gefahren ist. Olivier Pla ist ein solcher Fall. Dem Franzosen blieben nach guten Leistungen in Formel 3 die Türen ganz nach oben verschlossen, weil er in der GP2 nicht zurecht kam. Bis zum Alter von 33 Jahren musste er warten, bis er endlich zu einem Werksfahrervertrag gekommen ist. Für Pla ist das Engagement bei Nissan eine späte Kompensation für die riesige Enttäuschung im Jahr 2012, als er für Peugeot die WEC fahren sollte, der PSA-Konzern aber völlig unvermittelt den Stecker zog.

Zu seinem Glück konnte er zu diesem Zeitpunkt durchaus mit Niederlagen umgehen: Nachdem seine Formelkarriere in der GP2 den Bach heruntergegangen war und er Mitte 2006 vor die Tür gesetzt wurde, vergaßen viele Fans seinen Namen sehr schnell. Er setzte sich in die (E)LMS ab und war fortan in der LMP2 unterwegs. Hier mauserte er sich über die Jahre zu einem der schnellsten Piloten dieser Klasse überhaupt. Trotzdem blieb ihm ein Titel in der WEC bislang verwehrt: Sowohl 2013 als auch 2014 kam er auf den zweiten Platz, vor allem 2014 war G-Drive Racing eigentlich der erklärte Favorit, doch sein Traum endete mit einem Bremsdefekt in der Leitplanke.

Nun wird alles gut für den LMS-Meister der LMP2 von 2009. "Es freut mich, für eine große Marke wie Nissan an den Start zu gehen", sagte er gegenüber Endurance Info. "Die Marke ist so lange im Motorsport präsent mit Autos, von denen Kinder träumen. Ich war so dicht dran bei Peugeot und diese Gelegenheit kam jetzt sehr unerwartet." Seines Erachtens gebe es nämlich mehr starke Fahrer in der WEC als gute LMP1-Cockpits. "Das ist jetzt eine neue Herausforderung für mich", fügte er hinzu.

2008 fand Olivier Pla bei den Sportwagen eine neue Heimat, Foto: Sutton
2008 fand Olivier Pla bei den Sportwagen eine neue Heimat, Foto: Sutton

Ungewohntes Fahrzeugkonzept als Motivation

Und das gleich im doppelten Sinne, denn Pla wird den höchst unkonventionellen Nissan GT-R LM Nismo mit Frontantrieb pilotieren. "Das Konzept ist innovativ, anders und interessant", lobte er sein künftiges Einsatzgerät. "Letzten Dezember bin ich nach Arizona gegangen und wusste nicht, was ich erwarten soll. Als ich ihn dann sah, dachte ich nur: ‚Wow!‘ Nissan hat das Gegenteil von allen anderen Herstellern gemacht. Das ist nicht der leichteste Weg, aber ein sehr befriedigender."

Über die Performance des Fahrzeugs will er sich aber noch nicht äußern. "Der Nissan GT-R LM Nismo ist in der ersten Phase seiner Entwicklung. Wann immer wir mit dem Fahrzeug rausgehen, machen wir Fortschritte." Derzeit testet das Team auf dem in Europa kaum bekannten Palm Springs Raceway, bevor es in Sebring Anfang März zu einem Aufeinandertreffen mit Audi kommt. Nach Europa kommt der ungewöhnlichste LMP1 seit über zehn Jahren erst zum offiziellen Prolog der WEC.

Neues Team arbeitet gut zusammen

Von Machtkämpfen innerhalb des über drei Kontinente verstreuten Projekts, über die zwischenzeitlich spekuliert worden ist, will Pla nichts wissen: "Briten, Amerikaner und Japaner arbeiten gut zusammen. Alle bewegen sich in dieselbe Richtung. Der erste Test war schon sehr positiv." Fühlt sich der Fronttriebler mit Elektroboost auf der Hinterachse nun auch komplett anders an? "Sicher, das Konzept ist ganz anders, aber letztlich ist es ein komplexes Rennauto wie alle modernen LMP1. Die Gewichtsverteilung ist ganz anders, weil so viel Gewicht auf der Vorderachse sitzt. In diesem Punkt ist es sehr anders."

Neu für ihn sind auch seine zahlreichen Teamkollegen: "Sie haben alle einen ordentlichen Lebenslauf. Marc [Gene] hatte ich bei Peugeot kurz getroffen. Er ist ein großartiger Kerl. Harry [Tincknell] kenne ich dank seiner LMP2-Performances, wo er alle überrascht hat. Er ist richtig schnell. In Europa kennt man Tsugio Matsuda sicher kaum, aber unterschätzt ihn bloß nicht. Seine Resultate in der Super GT und Super Formula sprechen für ihn." Auch für seine Teamkollegen Gene, Tincknell, Matsuda, Jann Mardenborough, Michael Krumm und Lucas Ordonez stellt der Einsatz im Nissan-Werksteam den Höhepunkt ihrer Karriere dar.