Also Flugkilometer sammle ich in letzter Zeit einige - von Fuji aus musste ich ja gleich nach Brasilien zurück, weil ich dort eine Menge PR-Termine hatte. Und nach Shanghai geht es dann auch gleich wieder zurück - nach Europa werde ich wohl erst nach dem Saisonfinale in Bahrain wieder zurückkommen.

Fuji war natürlich irgendwie ein ganz seltsames Wochenende - da kommt man den ganzen Weg nach Japan, um dann am Ende ein Rennen zu fahren, das aus 16 Runden hinter dem Safety-Car besteht, und das in mehr als viereinhalb Stunden. Aber was soll man machen, gegen das Wetter kommt nun mal keiner an, und es ging wirklich nicht, den Start freizugeben. Es stand einfach an vielen Stellen viel zu viel Wasser. Das liegt natürlich zum Teil wohl auch an dem Belag und der speziellen Charakteristik von Fuji, das Wasser fließt da offenbar nicht richtig ab. Auf manch anderer Strecke könnte man bei einer solchen Regenmenge, wie wir sie da hatten, wohl fahren - aber dort eben nicht. Die Verantwortlichen haben da absolut die richtige Entscheidung getroffen - auch wenn es vor allem für die Fans, die auf den Tribünen so tapfer ausgeharrt hatten, natürlich sehr schade war.

Ich bin ja - wie einige andere auch - schon in der Aufwärmrunde in die Startaufstellung mal von der Strecke gerutscht, ewig durchs Gras gerodelt und dann auch noch leicht angeschlagen. Der leichte Schaden am Bodywork ließ sich zum Glück am Grid ziemlich einfach beheben, aber die Mechaniker hatten eine Menge Arbeit damit, das ganze Gras, das ich bei der Aktion eingesammelt hatte, wieder aus dem Auto heraus zu befördern. Im strömenden Regen ist das absolut kein Spaß, da bin ich ihnen jetzt in Shanghai auf jeden Fall noch mindestens ein Bier schuldig - in Fuji hat das nicht mehr geklappt, weil ich am Abend sofort geflogen bin...

Bruno Senna freut sich auf die Herausforderung China, Foto: Speedpictures
Bruno Senna freut sich auf die Herausforderung China, Foto: Speedpictures

Im Nachhinein hat sich an dem Sonntag dann ja herausgestellt, dass es entscheidend war, dass wir am Samstag die Pole-Position heraus gefahren hatten, das war am Ende gleichbedeutend mit dem Sieg. Und auch wenn es ja nur halbe Punkte gab, so hat sich mein einmaliger Ausflug in das 95er-Auto, zu den Amateuren, wenigstens gelohnt. Nachdem ich mich nach den freien Trainings durchgesetzt und die Mannschaft überzeugt hatte, wie wir das Auto umbauen müssen, um schneller zu sein, ging es im Qualifying wesentlich besser als zuvor, meine zweite Runde war auch wirklich gut, und nachdem dann Christoffer Nygard auch noch zwei gute hingelegt hat, hat es gereicht und das dänische Auto stand endlich mal wieder ganz vorn.

Jetzt in Shanghai fahre ich wieder in dem Pro-Auto mit meiner alten Nummer 99, diesmal zusammen mit Pedro Lamy und Richie Staneway. Das ist bestimmt eine sehr schnelle Kombination, und wir wollen auf jeden Fall wieder auf´s Podium, vor allem, weil Shanghai ja eine Strecke ist, die dem Aston Martin liegen sollte. Gewinnen könnte möglicherweise schwierig werden, da spielen dann ja eventuell auch noch Meisterschaftsaspekte eine Rolle, das wird auch von der Gesamtkonstellation abhängen, etwa davon, wo das 97er-Auto liegt... Die WEC ist nun mal in erster Linie ein Teamsport...

Die Frage nach der Zukunft

Allmählich kommen natürlich auch die Fragen auf, was ich im nächsten Jahr machen werde. Due WEC ist sicher eine sehr gute Serie, ich habe mich da auch schnell zurecht gefunden und denke, ich kann mit meinen Leistungen und Ergebnissen wirklich zufrieden sein. Aber ich würde auch sehr gerne mal wieder ein Formel-Auto fahren, vom reinen Fahrspaß her gibt einem das halt doch noch ein bisschen mehr. So führe ich einige Gespräche in Amerika, in der Indy-Car-Serie. Allerdings würde ich nur die Straßenrennen fahren, keine Ovale... Die Ovale sind nun einmal gefährlicher - und das kann ich meiner Familie einfach nicht zumuten. Das ist etwas, damit könnte vor allem meine Mutter einfach nicht leben - und ich respektiere das.

Auch wenn ich weiß, dass es die ganze Sache natürlich komplizierter macht und dass es Leute gibt, die das nicht verstehen. Aber in unserer Familie ist das nun einmal so, dass der Respekt vor den Wünschen und Bedenken des anderen sehr wichtig ist, so bin ich auch aufgewachsen und erzogen und deswegen halte ich mich daran. Ich hoffe, dass es trotzdem klappt, auch weil ich denke, dass der Rennsport in Amerika vielleicht generell etwas unpolitischer ist als in Europa, wo ich immer mehr den Eindruck bekomme, dass es nicht mehr in erster Linie um die Leistung geht - und das nicht nur in der Formel 1. Vielleicht kann ich ja zusätzlich auch noch etwas anderes machen, die Stockcar-Serie in Brasilien, was natürlich für meine Sponsoren interessant wäre, GT-Rennen, Formel E.... Kontakte und Möglichkeiten gibt es einige - mal sehen, was am Ende daraus wird.