Für alle Teams der WEC steht mit Austin ein neuer Kurs auf dem Programm. Der 5,5 Kilometer lange Circuit of the Americas ist Austragungsort des fünften Laufes der Saison. Wenn auf dem abwechslungsreichen Tilke-Geläuf in der Nähe der 1,8 Millionen Einwohner Metropole die zweite Saisonhälfte eingeläutet wird, gilt es in allen vier Klassen, die Weichen im Kampf um die WM-Krone in Asien zu stellen. In drei Klassen ist noch richtig Pfeffer drin, in der LMP1 gibt es einen Kampf unter Teamkollegen, der noch lange nicht entschieden ist.

Tabellenführer in komfortabler Position

Nick Heidfeld verabschiedet sich in Austin für dieses Jahr aus der WEC, Foto: André Lemes
Nick Heidfeld verabschiedet sich in Austin für dieses Jahr aus der WEC, Foto: André Lemes

Zwar ist Audi in der LMP1 nahezu durch, was die Marken-Weltmeisterschaft angeht, doch die beiden Fahrzeuge aus dem Audi Sport Team Joest liefern sich einen harten Kampf um die Weltmeisterschaft. Bei den Siegen steht es derzeit 2:2 zwischen den amtierenden Meistern André Lotterer, Marcel Fässler und Benoît Tréluyer und den Tabellenführern Allan McNish, Tom Kristensen und Loic Duval. Die Fahrt in Sao Paulo hat bewiesen, dass sich die Besatzung des Nummer-1-Fahrzeugs noch nicht geschlagen gegeben hat. Doch bei einem Vorsprung von 22 Punkten können Kristensen, McNish und Duval defensiv agieren und auf Fehler warten.

Toyota war in Brasilien zumindest deutlich dichter an Audi dran als in Spa-Francorchamps und Le Mans. Den Vorteil in der Reichweite wollen sich die Kölner auch in Austin zunutze machen, nachdem Anthony Davidson, Stephane Sarrazin und Sebastien Buemi in Interlagos früh unschuldig aus dem Rennen gerissen wurden. Doch um Audi wirklich Konkurrenz zu machen, müsste Toyota Racing in der Pace noch ein wenig zulegen. Der Joker könnte lauten, wieder einen Boxenstopp weniger einlegen zu müssen. Ihr eigenes Rennen fahren Nick Heidfeld, Mathias Beche und Nicolas Prost. Sollte wieder einer der Werkswagen ausfallen, wäre für Rebellion Racing ein weiteres Podium beim letzten WEC-Lauf des Jahres von Heidfeld drin.

Oak, Pecom oder doch G-Drive?

Die Teams der kleinen Kategorie rüsten bereits zum nächsten Kampf. Mit dem Delta-ADR-Ableger G-Drive Racing konnte sich in Sao Paulo ein Team zum Sieger krönen, das in der Meisterschaft dann noch zum Anwärter werden kann, sollte die Berufung gegen die Disqualifikation in Le Mans erfolgreich verlaufen. Auch in Austin wird wieder die Erfolgspaarung Roman Rusinov, John Martin und Mike Conway zum Einsatz kommen. Durch den zweiten Platz in Brasilien bauten aber Bertrand Baguette, Ricardo Gonzales und Martin Plowman ihren Vorsprung in der Gesamtwertung weiter aus. Der Vorsprung von Oak Racing beläuft sich aber auf lediglich neun Punkte.

Im Mutterland der Corvette ist die Motivation bei Larbre besonders groß, Foto: André Lemes
Im Mutterland der Corvette ist die Motivation bei Larbre besonders groß, Foto: André Lemes

Der zweite Morgan-Nissan von Oak Racing musste in Sao Paulo einen Rückschlag hinnehmen: Olivier Pla, David Heinemeier Hansson und Alex Brundle wurden nach einem Aufhängungsschaden nur Fünfte, liegen aber nur 12 Punkte hinter den Teamkollegen zurück. Der größte Herausforderer von Oak ist neben G-Drive aber der Oreca von Pecom Racing. Luís Pérez Companc, Pierre Kaffer und Nicolas Minassian werden versuchen, in Texas wieder Boden auf Oak Racing gutzumachen. Die Frage ist, wie sich die Michelin-Reifen auf dem Pecom-Oreca im Vergleich zur Dunlop-bereiften Konkurrenz schlagen.

Titelaspiranten kristallisieren sich heraus

Nach dem atemberaubenden Rennen in Interlagos, in dem die beiden Führenden sich über mehrere Stunden hinweg duelliert haben, könnte es in Austin ähnlich eng werden. Die sieben Werkswagen in der GTE Pro liegen so dicht zusammen, dass kleinste Fehler knallhart bestraft werden. Bei Aston Martin Racing kehrt Frédéric Makowiecki zurück, der anstelle von Rob Bell mit Bruno Senna das Rennen in Angriff nehmen wird. Nach der großen Enttäuschung beim Heimspiel dürfte für Senna aber der Meisterschaftszug abgefahren sein. Dagegen liegen die Teamkollegen Stefan Mücke und Darren Turner hauchdünn in Führung, doch der Meisterschaftskampf hat sich weiter zugespitzt.

Durch ihren Sieg in Sao Paulo haben sich Giancarlo Fisichella und Gianmaria Bruni wieder in den Titelkampf eingeschaltet. Marc Lieb und Richard Lietz haben die Tabellenführung verloren und wollen sie sich jetzt zurückholen. Ganze fünf Punkte trennen die ersten drei Fahrerpaarungen in der Fahrermeisterschaft, sieben Punkte sind es in der Teamwertung. Wichtig ist für die drei involvierten Herstellerteams, dass sich mittlerweile jeweils ein Topfahrzeug im Titelkampf herauskristallisiert hat. Den anderen Fahrzeugen kommt also von nun an eine Unterstützer-Rolle zu. Kamui Kobayashi und Toni Vilander stehen übrigens trotz des Feuers in Interlagos wieder am Start.

Fünf Favoriten in der GTE Am

Lotus zeigte sich in Sao Paulo zuletzt stark verbessert, Foto: DPPI
Lotus zeigte sich in Sao Paulo zuletzt stark verbessert, Foto: DPPI

Noch enger gestaltet sich der Kampf in der GTE Am. Gleich vier Fahrerpaarungen haben hier noch Titelchancen. Gerade die Tabellenführer, Jean-Karl Vernay, Raymond Narac und Christophe Bourret haben an Boden eingebüßt, nachdem sie in Brasilien nur auf den vierten Platz gefahren sind. Im Aufwind ist hingegen Aston Martin: Durch den Sieg von Jamie Campbell-Walter und Stuart Hall ist das Fahrzeug wieder mittendrin im Kampf um die Krone. In der Fahrerwertung um sechs, in der Teamwertung um vier Punkte zurück, könnte der Aston Martin mit der Startnummer 96 die Tabellenführung durch einen Sieg gewinnen. Allerdings sitzt in Austin Bronze-Fahrer Roald Goethe wieder mit auf dem Auto.

Die Ferrari-Fahnen werden von 8 Star Motorsport hochgehalten. Nur aufgrund des schwachen Resultats in Le Mans liegen Enzo Potolicchio und Rui Águas in der Fahrerwertung mit zehn Punkten Rückstand auf die Tabellenführer auf Rang vier, in der Teamwertung sind es für 8 Star sogar nur zwei Punkte Rückstand und Platz zwei. Das vierte Team im Titelkampf ist die große Unbekannte: Die Larbre-Corvette fing stark an, doch Patrick Bornhauser, Julien Canal und Fernando Rees erlebten bei dessen Heimspiel ein Desaster. Doch im Mutterland der Corvette werden sie mit doppelter Motivation an den Start gehen. Ebenfalls berechtigte Hoffnungen auf den Sieg machen dürfen sich die Pechvögel aus Brasilien, Christoffer Nygaard, Kristan Poulsen und Nicki Thiim.

Wie kommen die Sportwagen in Texas an?

Aufgrund der neuen Strecke stehen den Teams in Texas zwei 90-minütige Testsessions am Donnerstag zur Verfügung. Erwartet werden hochsommerliche Temperaturen von 30 Grad. Für die WEC ist die Premiere wichtig, doch die Chancen stehen gut, einen Erfolg zu landen: Die motorsportbegeisterten Texaner haben bislang jede Rennserie in Texas mit enormem Zuspruch willkommen geheißen und bekommen mit der ALMS im Rahmenprogramm ein ganzes Sportwagen-Festival präsentiert. Für das richtige Feeling wird die WEC am Donnerstagabend den Film "Le Mans" von 1971 präsentieren und den Fans die Gelegenheit geben, mit den Fahrern auf Tuchfühlung zu gehen.