Zeichnet sich da gerade eine neue goldene Ära für den deutschen Motorrad-Rennsport ab? An den letzten beiden Rennwochenenden im Rahmen der Superbike-WM ertönte jeweils zwei Mal die deutsche Nationalhymne bei den Siegerehrungen. Im Motorland Aragon für Sandro Cortese in der Supersport-WM und Markus Reiterberger im Superstock-1000-Cup, auf dem TT Circuit in Assen waren Reiterberger und Luca Grünwald in der Supersport-300-WM siegreich.

Schon der Doppelerfolg von Aragon markierte ein historisches Wochenende aus deutscher Sicht. Es war das erste Mal nach knapp sieben Jahren, dass im Rahmen einer Motorrad-Straßen-Weltmeisterschaft zwei Rennen von deutschen Fahrern an ein und demselben Rennwochenende gewonnen wurden. In den Niederlanden legte die Schwarz-Rot-Goldene Fraktion nach.

Zuletzt wurde die Ehre eines deutschen Doppelschlags Stefan Bradl und Jonas Folger zuteil. Sie setzten sich beim Großbritannien-GP 2011 auf dem Silverstone Circuit in der Moto2- bzw. in der 125ccm-Klasse durch. Bradl war damals auf dem Weg zum WM-Titel in der mittleren Kategorie, während es für Folger der erste Grand-Prix-Sieg seiner Karriere war.

Supersport-Erfolge retten Sandro Corteses Karriere

Im Superbike-Paddock des Jahres 2018 wird viel Deutsch gesprochen, jedoch nicht mehr in der Königsklasse WorldSBK. Bradl, Reiterberger und der Schweizer Randy Krummenacher haben sich während oder nach der Saison 2017 um einen neuen Vertrag kümmern müssen. Dafür sind die deutschen Piloten und Krummenacher in den Klassen darunter umso erfolgreicher. Krummenacher gehört in der Supersport-WM ebenso zu den Titelkandidaten wie Moto2-Umsteiger und Ex-Moto3-Weltmeister Sandro Cortese.

Was wie der letzte Ausweg wirkte, um die Rennfahrer-Karriere doch noch irgendwie zu retten, entpuppte sich für Cortese als absoluter Glücksfall: Podiumsplatzierung gleich beim Debüt in Australien, erster Sieg seit knapp sechs Jahren beim dritten Rennen in Spanien. „Ich genieße jetzt diesen Moment, nach so langer Zeit endlich wieder ganz oben zu stehen“, verkündete ein befreiter Sandro Cortese nach seinem Triumph.

Markus Reiterberger blüht nach WSBK-Aus 2017 auf

Markus Reiterberger schwebt derzeit ebenfalls auf Wolke sieben. In Assen durfte er den dritten Superstock-Sieg in Folge bejubeln. Die Serie begann bereits beim Saisonfinale 2017 in Jerez, als sich Reiterberger sensationell als Wildcard-Pilot gegen die Konkurrenz durchsetzte. Zudem fuhr er in der IDM alles in Grund und Boden. Mit Ausnahme des Auftaktrennens auf dem Nürburgring (dort wurde er Zweiter) entschied Reiterberger jedes Rennen für sich.

Dabei sah es lange Zeit danach aus, als stünde Reiterbergers Karriere sogar vor dem Aus. Die Folgen eines üblen Sturzes im zweiten Superbike-WM-Rennen in Misano 2016 setzten dem BMW-Piloten spürbar zu. Nach drei Rennwochenenden in der Saison 2017 verlor er seinen Platz bei Althea Racing. Der Italiener Raffaele De Rosa übernahm, ohne jedoch wirklich zu glänzen.

Reiterberger fand danach Unterschlupf im Team von Werner Daemen in der IDM und konnte nach und nach wieder Vertrauen und Form aufbauen. Ein erstes Ausrufezeichen setzte er bei seinem Wildcard-Einsatz in der Superbike-WM im August auf dem Lausitzring. Platz zehn in der Superpole und Rang neun im zweiten Lauf verdeutlichten Reiterbergers Aufwärtstrend nach dem Wechsel in die deutsche Meisterschaft.

Luca Grünwald: Hoffnungsträger in der 300er-Klasse

Auch in der Supersport-300-WM, der dritten Rahmenserie die zur Superbike-WM gehört, darf man sich auf deutsche (Achtungs-)Erfolge einstellen. Besonders für den Nachwuchs ist diese Meisterschaft interessant. So sind mit Jan-Ole Jähnig und Maximilian Kappler zwei deutsche Talente permanent am Start. Jähnig ergatterte zuletzt beim Rennen in Assen einen achten Platz mit seiner KTM RC 390 R.

Betreut werden beide Nachwuchsfahrer übrigens von der deutschen Freudenberg-Mannschaft – so wie auch die deutsche Supersport-300-Speerspitze Luca Grünwald. Grünwald, der bereits Stammfahrer in der Moto3-WM war, setzte an den ersten beiden Rennwochenenden auch die Highlights aus deutscher Sicht. Platz neun beim Auftakt in Aragon ließ er den Sieg in Assen folgen, den er in beeindruckender Manier holte. Auf dem TT Circuit setzte sich Grünwald nämlich in einer chaotischen letzten Runde gegen acht Gegner durch!

Cortese, Reiterberger, Grünwald – diese drei Namen stehen in der Saison 2018 für deutsche Erfolge im internationalen Motorradsport. Der Saisonstart verspricht einiges. Doch nun gilt es für alle drei Piloten, die gute Form in den nächsten Rennen weiter zu bestätigen.