Für Stefan Bradl kommt es derzeit knüppeldick. In Lauf eins von Portimao verletzte er sich so schwer am rechten Handgelenk, dass eine Operation nötig war. Bradl fiel damit nicht nur für das zweite Rennen in Portugal und das Wochenende in Magny-Cours aus, sondern muss auch auf die verbleibenden zwei Events in Jerez und Katar verzichten. Und nun droht Bradl sogar das endgültige Aus im Red Bull Honda Team.

Denn beim Rennstall unter Führung der niederländischen Ten-Kate-Mannschaft drängen sich aktuell mindestens drei interessierte Fahrer auf, die Bradl seinen Platz wegnehmen könnten. Was für Bradl spricht, ist die Tatsache, dass auch Routinier Nicky Hayden bis zu seinem tragischen Tod im Mai keine besseren Resultate mit der neuen Honda Fireblade einfahren konnte. Außerdem ist Bradl seit Jahren eng mit Red Bull verbunden, das seit dieser Saison Titelsponsor des Honda-Superbike-Projekts ist.

Allerdings ist aus dem Umfeld von Ten Kate Racing zu hören, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Team und Bradl nicht reibungslos läuft. Auch bei Honda soll man nicht wirklich glücklich sein. Die teilweise heftige, wenn auch wohl berechtigte Kritik am Motorrad, sieht man dort nicht gerne und wirft Bradl im Gegenzug mangelnde Motivation vor.

Stefan Bradls Konkurrenten bei Red Bull Honda:

Der aussichtsreichste von Bradls Rivalen um einen Honda-Platz ist wohl Leon Camier. Der Brite, der in den letzten Jahren als einziger Fahrer bei MV Agusta regelmäßig starke Leistungen zeigte, oft aber von seiner Maschine im Stich gelassen wurde, soll bei Honda ganz oben auf der Wunschliste stehen.

Leon Camier hat von der defektanfälligen MV Agusta genug, Foto: LAT Images
Leon Camier hat von der defektanfälligen MV Agusta genug, Foto: LAT Images

Ein weiterer Kandidat soll aus der MotoGP kommen: Loris Baz. Nach drei Jahren für Forward Racing und Avintia Ducati muss er sich mit Saisonende 2017 ja aus der Königsklasse verabschieden. Baz hat sein Können in der Superbike-WM bereits zuvor gezeigt, gewann im Kawasaki-Werksteam zwei Rennen und wurde 2014 Fünfter der Gesamtwertung. Der Franzose bestätigte bereits Gespräche mit Red Bull Honda.

Der letzte Anwärter auf einen Platz im Team ist PJ Jacobsen. Er fährt aktuell für MV Agusta in der Supersport-WM, war dort in der Vergangenheit aber auch schon zwei Saisons für Honda unterwegs und wurde dabei 2015 Vizeweltmeister.

Stefan Bradl: Wo geht die Reise hin?

Muss Bradl seine Segel bei Red Bull Honda tatsächlich streichen, wird es für den Moto2-Weltmeister von 2011 richtig eng. Im Sommer hoffte er noch auf eine Rückkehr in die MotoGP, wo er bei Marc VDS unterkommen hätte können. Dieses Thema hat sich aber mittlerweile erledigt, alle 24 Plätze in der Königsklasse sind für 2018 vergeben.

Valencia 2016 bleibt wohl Bradls letztes MotoGP-Rennen, Foto: Tobias Linke
Valencia 2016 bleibt wohl Bradls letztes MotoGP-Rennen, Foto: Tobias Linke

In der Superbike-Weltmeisterschaft sind die Top-Plätze bei Kawasaki und Ducati ebenfalls vergeben, mit Jonathan Rea, Tom Sykes, Chaz Davies und Marco Melandri bleibt hier alles beim Alten. Aprilia oder MV Agusta hätten eventuell noch ein Motorrad für Bradl frei.

In der Moto2-WM gibt es nur noch fünf Plätze, wobei Bradl eigentlich für keinen wirklich in Frage kommt. Die zwei Motorräder im Idemitsu Team Asia werden an asiatische Piloten vergeben. Um den einen Platz bei SAG streiten sich Augusto Fernandez sowie die Pons-Brüder Edgar und Axel. Bei Kiefer Racing muss der zweite Fahrer neben Dominique Aegerter eine beträchtliche Summe Geld mitbringen, sonst wird das deutsche Team auf einen Piloten reduzieren. Somit bleibt nur noch der zweite Platz bei Forward Racing neben Stefano Manzi. Nach den Turbulenzen, die Bradl im Rennstall von Giovanni Cuzari 2015 durchmachen musste, hat er aber sicherlich keine Lust auf eine Rückkehr dorthin. "Es wurden damals Verträge nicht eingehalten, mir ohne Rücksicht auf Verluste Steine in den Weg gelegt und einfach generell viele Dinge irgendwie getrickst", verriet Bradl im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com vergangenen November.

Ein letzter denkbarer Ausweg, um seine Karriere als Einsatzfahrer am Laufen zu halten, wäre für Bradl ein Wechsel in die Supersport-Weltmeisterschaft. Für einen ehemaligen Weltmeister mit dem Talent Bradls, wäre das im Alter von 27 Jahren ein dramatischer Rückschritt in der Karriere. Womöglich aber einer, den er machen muss.