Geradezu unspektakulär wirkte der Sonntag des siebten Rennwochenendes der Saison, wenn man bedenkt, dass Imola in der Vergangenheit immer wieder für Rennabbrüche, Chaos und eine Menge Diskussionsstoff sorgte. Dieses Mal nicht und das ist auch gut so. Kaum ein Motorradfan hätte wohl dieses spannende Wochenende überlebt, an dem am Samstag - wie es das Pata Honda Team auszudrücken pflegte - dieses andere kleine Rennen in Holland stattfand. Italien bot fast nichts Unerwartetes, aber trotzdem jede Menge bester Action auf zwei Rädern.

Pechvogel des Wochenendes

Pechvögel gab es an diesem Wochenende so einige. Jonathan Rea begann mit seinem Ausfall im ersten Rennen. Endlich war das Gefühl da, als sei beim Honda-Piloten der Knoten geplatzt - schon landet er im Kies. Sylvain Guintoli schied zwar etwas sanfter aus, ein technischer Defekt war aber genau das, was der Franzose nicht brauchte. Denn obwohl er den dritten Platz im zweiten Lauf sichern konnte, ist die WM-Führung erst einmal dahin. Dazu sei noch erwähnt, dass das früher oder später wohl eh passieren musste. Denn bis auf den Auftakt konnte Guintoli zwar konstant punkten, aber nur ein Mal siegen. Aprilia sollte sich also langsam aber sicher irgendetwas einfallen lassen, um das zu ändern.

Ein weiterer Unglückspilz war auch Davide Giugliano. Trumpfte der Althea-Pilot schon am Samstag und im ersten Rennen vor den heimischen Fans richtig auf, legte er im zweiten Lauf noch eine Schippe drauf und war der Einzige, der ernsthaft mit Tom Sykes mithalten konnte. Nur zu dumm, dass er dabei seinen Zenit um einen Hauch überschritt und schon nach wenigen Runden übers Vorderrad wegrutschte. Giugliano hätte sich ein weiteres gutes Ergebnis wahrlich verdient gehabt. Bei Aprilia gehört es aber wohl einfach dazu, nur einen Lauf zu beenden. Denn auch Eugene Laverty hatte im zweiten Rennen viel Pech und schied aus. Zumindest bot das Ganze definitiv etwas Abwechslung auf dem Podest - abgesehen von Sykes natürlich.

Abräumer des Wochenendes

Keine Frage: Kawasaki. Die Grünen stecken eine Menge Zeit, Arbeit und Geld in ihr Bike und ernten nun die Früchte ihrer Saat. Erst in der letzten Woche fuhren Sykes und Loris Baz noch zwei Tage lang Tests in Aragon. Noch nie zuvor gehörte Kawasaki zu den Protagonisten in der World Superbike und selbst im letzten Jahr fehlte Sykes neben dem halben Punkt noch das gewisse Etwas mit dem abbauenden Reifen, um bis zum Rennende konkurrenzfähig zu sein. Nun ist alles anders und das Kawasaki Racing Team ist zum ersten Mal die Crew, die es eindeutig zu schlagen gilt.

Damit nicht genug: Denn mit Kenan Sofuoglus Sieg in der Supersport Klasse dominierte Kawasaki auch dort. Alles Grün oder was? Sicherlich wird die Konkurrenz in beiden Serien alles daran setzen, zurückzuschlagen. Momentan ist Kawasaki der Erfolg aber durchaus zu gönnen, genauso wie Sykes die WM-Führung. Sogar Sylvain Guintoli als einer seiner Konkurrenten gibt zu: "Tom führt jetzt die WM an, aber ich muss zugeben, dass er sich das auch verdient hat, denn er ist wirklich super unterwegs." Ganz nebenbei bemerkt fuhr Sykes in der Superpole fast schon gewohnheitsmäßig einen neuen Rundenrekord. Was vielen aber entging: Die 1:45.981 legte der Brite mal eben auf Rennreifen zurück.

Leon Haslam musste mehr als nur die Zähne zusammenbeißen, hielt aber stark durch, Foto: Honda
Leon Haslam musste mehr als nur die Zähne zusammenbeißen, hielt aber stark durch, Foto: Honda

Kämpfer des Wochenendes

Einmal mehr gilt Leon Haslam als der Mann, der am kompletten Rennwochenende am meisten zu kämpfen hatte. Die schwere Beinverletzung aus Aragon plagt den Briten noch immer und dennoch war er dieses Mal endlich wieder in der Lage, beide Rennen zu Ende zu fahren und das sogar noch mit zwei guten Ergebnissen. Daumen hoch, das Zähnezusammenbeißen hat sich wahrlich gelohnt. Schon in drei Wochen in Moskau dürfte Haslam noch weitere Genesungsschritte gemacht haben und bald wieder in der Lage sein, ganz vorne mitzufahren.

Überraschung des Wochenendes

Zu den Überraschungen zählte bis Samstagabend Ayrton Badovini. Der Italiener konnte seinen erfahrenen Teamkollegen auf der Ducati-Heimstrecke klar ausstechen und setzte mit schnellen Rundenzeiten immer wieder Ausrufezeichen. Im Rennen sollte es allerdings weniger klappen. Giugliano hatte vor den heimischen Fans wohl eben so viel Kraft getankt und durfte sich am Sonntag sogar auf dem Podest feiern lassen. Eine weitere Überraschung war Baz, der nach seinem unglaublich heftigen Sturz am Samstag fast unverletzt blieb. Wobei das wohl eher zur Kategorie Wunder als zu der der Überraschungen zu zählen ist.

Obwohl es lange angekündigt war, überraschte doch auch, dass Noriyuki Haga wieder einmal dabei war. Sicher waren von dem Japaner nach langer Abwesenheit keine Wunder zu erwarten. Mit zwei Punkten taucht er aber jetzt zumindest regelmäßig wieder in der Gesamtwertung auf. Ein netter Besuch. Ob Haga auch später in der Saison noch einmal auftauchen wird oder vielleicht sogar in Vollzeit zurückkommt, steht in den Sternen. Dafür wird schon über weiteren WSBK-Zuwachs gemunkelt. So soll Sofuoglu nach seinem Superbike-Test in der letzten Woche vielleicht die Chance haben, gemeinsam mit seinem indischen WSS-Team in die große Klasse aufzusteigen. Außerdem verriet Toni Elias im spanischen TV, dass auch er - nachdem er in der GP wohl langsam die Nase voll von schlechten Ergebnissen hat - einen Wechsel in die Superbike für 2014 nicht ausschließt. Klingt nach einer guten Idee und dürfte das WSBK-Feld auf jeden Fall noch weiter nach vorne bringen.

Bonus des Wochenendes

Neben all der Action bot das Imola-Wochenende auch eine Menge Emotionen. Zum einen schien Sykes beide Male auf dem Podest enorm gerührt von der britischen Nationalhymne, zum anderen versteckte sich fast in jeder Box, an jedem Helm, an jedem Motorrad ein Gruß an Alessia Polita. Die Italienerin stürzte vor einigen Wochen schwer und wird - wie Joan Lascorz - wohl gelähmt bleiben. Wieder einmal zeigte die Superbike-Gemeinde ihren starken Zusammenhalt mit besten Wünschen an die junge Italienerin.