78 Tage nach dem schweren Testunfall am 25. Juni auf der Nordschleife des Nürburgrings war es nun also so weit. Exakt elf Wochen später stand erneut ein NLS-Lauf auf dem Programm des RMG-Teams, das ROWE 6h ADAC Ruhr-Pokal-Rennen über die längste NLS-Distanz.

Um bestens vorbereitet zu sein, absolvierte BMW M Motorsport mit dem brandneuen BMW M4 GT3 zuvor noch einen Dauerlauf sowie am vergangenen Freitag weitere Testrunden auf der Nordschleife, um dabei weitere Daten zu sammeln. Tags darauf hatten die beiden BMW-Werksfahrer Philipp Eng und Augusto Farfus dann die Ehre, bei der Weltpremiere des neuen Flaggschiffs hinter dem Lenkrad zu sitzen.

Den Verantwortlichen rund um Mike Krack, Leiter BMW Motorsport, ging es dabei nicht darum, ein möglichst gutes Ergebnis beim siebten NLS-Rennen zu erzielen, sondern vor allem um das Feedback von Eng und Farfus unter Rennbedingungen.

"Das Auto ist extrem gut fahrbar. Wenn man es mit dem BMW M6 GT3 vergleicht, ist es bei noch besserer Performance noch einfacher zu fahren", betonte Eng, dem nicht verborgen blieb, dass auf der Nordschleife wieder einiges los war. "Ich hatte schon die eine oder andere Situation mit anderen Fahrzeugen. Doch da kam wieder ins Spiel, dass man mit dem BMW M4 GT3 auch offline überholen kann, ohne dass man sofort in Probleme gerät."

Foto: BMW Motorsport
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NLS 7: GT3-Favoriten erleiden Unfälle

In der Tat gab es wieder unzählige Zwischenfälle, in die auch Top-Autos aus der leistungsstarken SP9-Kategorie verwickelt waren. So musste Konrad Motorsport den Lamborghini Huracan bereits am Freitagabend vom Rennen abmelden, weil Axcil Jefferies nach einem Missverständnis mit einem langsameren Kontrahenten den GT3 Evo an einer Streckenbegrenzung zerlegte.

Erneut kein Glück hatte auch Phoenix Racing mit seinem Audi R8 GT3 LMS, auf dem auch DTM-Spitzenreiter Kelvin van der Linde genannt war. Das Erfolgsteam aus Meuspath am Nürburgring musste den Sportwagen nach einem ärgerlichen Crash in noch aussichtsreicher Position aus dem Rennen nehmen. Ein Cup-Porsche war Frank Stippler in einer Gelbphase auf der "Döttinger Höhe" ins Heck gerauscht.

Foto: BMW Motorsport
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Experimental-BMW künstlich eingebremst

Zurück zu BMW: Der M4, der sich immer noch in der Test- und Entwicklungsphase befindet, musste, weil er noch nicht homologiert ist, in der Experimental-Klasse "SPX" genannt werden. In dieser Klasse haben die Teilnehmer unter normalen Umständen keine Chance auf eine vordere Platzierung, weil sie vom Veranstalter "eingebremst" werden.

Für den BMW M4 GT3 bedeutete dies unabhängig vom Ergebnis des Zeittrainings ein Start aus der letzten Reihe der SP9-Klasse. Außerdem wurde das außer Konkurrenz operierende BMW-Fahrerduo pro Boxenstopp mit einem weiteren Handicap "belohnt", nämlich einem Zeitzuschlag von 30 Sekunden, was bei insgesamt sechs Besuchen an der Box drei Minuten Zeitverlust bedeutete.

Aber all das war sekundär, denn nicht nur für Augusto Farfus war es "ein sehr emotionaler Tag". Dabei erinnerte sich der Brasilianer auch an den Rollout des M4 am 18. Juli 2020 auf dem Gelände des BMW-Werks in Dingolfing, mit dem ein wichtiger Meilenstein für den Sportwagen erreicht war.

"Nun sind wir nach all den Monaten hierher an die Nordschleife gekommen, und ich bin den ersten Rennstart mit dem neuen BMW M4 GT3 gefahren", freute sich Farfus und verglich die augenscheinlich gute Performance mit Blick auf die zukünftigen Gegner. "Wir konnten den Speed des neuen Fahrzeugs im direkten Vergleich mit der Konkurrenz messen. Es war eine tolle Erfahrung, das Auto fühlt sich super an, und ich kann es kaum erwarten, wieder damit auf die Nordschleife zu gehen."

Foto: BMW Motorsport
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BMW M4 GT3: Nächster Einsatz steht bevor

Das wird wohl schon sehr bald der Fall sein, denn BMW M Motorsport plant nach Informationen von Motorsport-Magazin.com auch am nächsten NLS-Rennen (25. September) teilzunehmen.

Farfus war den Start gefahren und er saß auch beim letzten Stint im M4. Dabei rollte der frühere DTM-Vizemeister in seiner vermeintlich vorletzten Rennrunde auf Platz zehn liegend, kurz vor der Boxeneinfahrt aus. Was keiner ahnte: Bei BMW M Motorsport wollte genau wissen, wie weit der M4 mit einer vollen Tankfüllung kommt. Auch das gehört zu den anspruchsvollen Aufgaben, sich im Kampf mit den Besten der GT3-Szene zu messen.

Beim ersten richtigen Härtetest war Farfus mit der viertschnellsten Rundenzeit von 8:02.738 Minuten (Schnitt 181,649 km/h) nur 1,741 Sekunden langsamer als die absolute Bestzeit des Tages, die sein RMG-Teamkollege, BMW-Junior Max Hesse, mit 8:00,997 Minuten erzielte.

Foto: BMW Motorsport
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GT3-Autos zu schnell auf der Nordschleife

Wer sich dabei wundert, dass die Topzeiten trotz optimaler Witterungsbedingungen rund zehn Sekunden über dem offiziellen Rundenrekord lagen, sei an eine Exklusiv-Meldung von Motorsport.Magazin.com erinnert, in der von viel zu schnellen Rundenzeiten der GT3-Sportwagen auf der Nordschleife die Rede ist. Genau die sind nämlich dem Deutschen Motor Sport Bund (DMSB) und dem Automobil-Weltverband FIA aus Sicherheitsgründen ein Dorn im Auge!

Rekordzeiten von knapp über 7:50 Minuten seien viel zu schnell, hieß es damals auf MSM-Nachfrage und genau deshalb wurde jetzt zum ersten, aber wohl nicht zum letzten Mal die Reißleine gezogen. Der Technikausschuss des ADAC Nordrhein bremste die GT3-Kategorie vor NLS7 mittels eines Leistungsverlusts von im Schnitt 1,5 Prozent über Luftmengenbegrenzer und Ladedruck ein. Laut FIA wird es in Bälde - wie u. a. auch schon nach dem tödlichen Unfall eines Zuschauers im März 2015 - eine erneute Streckeninspektion geben. Danach sind weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Rundenzeiten nicht ausgeschlossen.

BMW M4 GT3: Sehr viel richtig gemacht

Für BMW ist das aber kein Grund, den BMW nicht trotzdem auf Top-Niveau zu bringen, insbesondere bezüglich Fahrbarkeit, Handhabung und Zuverlässigkeit. Etliche BMW-Werksfahrer, die in die Entwicklung des BMW M4 GT3 eingebunden sind, haben sich unisono äußerst positiv über alle wichtigen Details, bei denen sie auch persönlich ihren Beitrag leisten, geäußert. "Der M4 lässt sich extrem einfach fahren, das Vertrauen in das Auto ist sehr groß. Man kann die langsamen Autos sehr gut überholen. BMW hat bei der Entwicklung sehr viel richtig gemacht", meinte Eng.

Das sehr positive Zwischenfazit unterstrich auch Mike Krack: "Augusto und Philipp haben sich begeistert von der Performance des BMW M4 GT3 gezeigt und bestätigt, wie gut das Auto auf der Nordschleife zu fahren ist", freute sich der Leiter BMW M Motorsport, der mit dem NLS-Wochenende "sehr zufrieden" war, über die starke Performance. "Das Fahrzeug lief wie ein Uhrwerk, wir hatten weder am Testtag noch heute in Qualifying und Rennen irgendwelche Probleme." Es sei eine erfolgreiche Rennpremiere des neuen BMW M4 GT3 gewesen, resümierte der Luxemburger.

Foto: BMW Motorsport
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BMW-Junioren sorgen für Furore

Gefreut haben dürfte sich Krack auch über die erneut famose Leistung der BMW-Junioren Dan Harper, Max Hesse und Neil Verhagen. Das im Altersdurchschnitt jüngste Sieger-Trio der VLN-Geschichte hat zwei der letzten drei 4-Stunden-Rennen gewonnen und unterstrich auch am vergangenen Samstag mit einer beeindruckenden und fehlerfreien Leistung das in sie gesetzte Vertrauen.

Die hoffnungsvollen BMW-Talente mussten sich nach sechs sehr abwechslungsreichen, spannenden und hart umkämpften Stunden mit mehreren Führungswechseln nur dem "Grello" des Manthey-Teams geschlagen geben. Nach 40 Runden hatten die Porsche-Werksfahrer Michael Christensen und Kevin Estre lediglich 19,615 Sekunden Vorsprung auf die BMW-Junioren, die mit großartigen Leistungen immer mehr auf sich aufmerksam machen und an denen sich zukünftig wohl noch etliche Konkurrenten die Zähne ausbeißen dürften.

Noch während Christensen und Estre gemeinsam mit dem Team den zweiten Saisonsieg, den 55. für Manthey-Racing sowie den 222. Erfolg für Porsche feierten, zollte ihnen der schnellste Pilot bei diesem Rennen seinen Respekt. "Man muss auch ehrlich sagen: Die Manthey-Jungs sind hier auf der Nordschleife sehr stark, die Fahrer sind die amtierenden Sieger des 24h-Rennens, und von daher können wir recht happy sein, dass unser Rückstand nach sechs Stunden weniger als 20 Sekunden betragen hat", meinte BMW-Talent Hesse.