Auf einer Pressekonferenz am Standort seines Teams Joe Gibbs Racing in Huntersville, North Carolina, gab Carl Edwards am Mittwoch seinen sofortigen Rücktritt aus der NASCAR bekannt. Bereits am Tag zuvor war durchgesickert, dass der Pilot des Toyota mit der #19 sein Cockpit an Xfinity-Champion Daniel Suarez übergeben wird.

Der 37-Jährige begründete den überraschenden Schritt in drei Punkten. Erstens sei er persönlich mit seiner Karriere zufrieden - auch ohne Titel. "Ich fahre nicht nur um Pokale, sondern die Herausforderungen sind der Lohn", betonte er. "Ich hatte das Gefühl, der beste Rennfahrer zu sein, der ich sein kann."

Zweitens wolle er anderen Menschen und Projekten, die ihm wichtig sind, Zeit widmen. NASCAR-Pilot zu sein, sei ein Vollzeit-Job. "Ich träume sogar davon", meinte Edwards lachend. 20 Jahre lang habe er nur ans Rennen fahren gedacht. Er wolle weiterhin Teil der NASCAR sein, auch wenn er sich noch keine Gedanken gemacht habe, in welcher Funktion. Denkbar wäre, dass er seine Tätigkeit als TV-Experte ausbaut. Abseits des Sports interessiert sich Edwards für die Fliegerei und Landwirtschaft.

Carl Edwards: Der Salto-Mann im Portrait (01:15 Min.)

Drittens betrachte er es als Privileg, gesund zu sein - das wäre vor 15 bis 20 Jahren nicht selbstverständlich gewesen. "Ich danke der NASCAR, den Strecken, den Leuten, die das Auto gebaut haben, und den Fahrern, die nicht so viel Glück hatten." Er wolle auch noch in 30 Jahren gesund sein, unterstrich Edwards.

Saisonfinale 2016 nicht ausschlaggebend

Das bittere Ende in Homestead gab bei Edwards' Entscheidung nicht den Ausschlag, Foto: NASCAR
Das bittere Ende in Homestead gab bei Edwards' Entscheidung nicht den Ausschlag, Foto: NASCAR

Diese drei Dinge seien zusammengekommen und auch wenn der Zeitpunkt seines Rücktritts für viele schockierend sei, habe er keine Zweifel gehabt. Er habe nach dem Saisonfinale nachgedacht und aus dem Bauch heraus entschieden. Der verpasste Titel durch sein Ausscheiden wenige Runden vor Schluss habe dabei keine Schlüsselrolle gespielt. Er habe die Situation auch nicht als Niederläge wahrgenommen. "Die letzten Runden von Homestead waren das, wofür ich lebe", erklärte er.

Edwards war beim Finalrennen heftig abgeflogen, als er Joey Logano berührte. Er nahm den Vorfall sofort auf seine Kappe und sprach mit der Crew seines Konkurrenten. Nicht nur in Bezug auf diese Situation meinte Edwards unter Tränen, dass er ein guter Mensch sein wolle und dass es für ihn wichtig sei, das Richtige zu tun.

Den Großteil der Pressekonferenz zeigte sich Edwards gut gelaunt und ließ sich von seiner Nervosität nur selten etwas anmerken. Gleich zu Beginn scherzte er jedoch: "Bitte keine Fragen!" Später schob er ein: "Ich trinke nicht viel, aber vielleicht fange ich danach an."

Gibbs vollkommen überrascht

Mit seiner Entscheidung überraschte Edwards die gesamte NASCAR - Owner Joe Gibbs eingeschlossen. "Ich hatte mich auf Urlaub eingestellt. Ich war in einem Meeting, als Carl vorbeikam. Ich dachte, er will nur 'Frohe Weihnachten' wünschen. Aber dann war ich vollkommen überrascht", gestand er auf der zweiten Pressekonferenz des Tages.

Nach ein paar Tagen Bedenkzeit, auf die sie sich geeinigt hatten, rief Edwards Gibbs erneut an. "Da wusste ich, dass er entschlossen ist." Gibbs betonte ebenso wie zuvor schon Edwards, dass der Rücktritt nichts mit Verträgen oder Gesprächen über die Zukunft zu tun hat. Es sei schlicht eine persönliche Entscheidung gewesen.

Rockstar Daniel Suarez

Daniel Suarez ist überwältigt von der Unterstützung in seiner Heimat Mexiko, Foto: NASCAR
Daniel Suarez ist überwältigt von der Unterstützung in seiner Heimat Mexiko, Foto: NASCAR

Daniel Suarez als Nachfolger bezeichnete Gibbs als offensichtliche Wahl. Für den Mexikaner war die Nachricht jedoch eine große Überraschung. Beim Mittagessen mit seiner Freundin und deren Familie habe er den Anruf erhalten, berichtete Suarez. Das Problem: Er wurde von Gibbs zum Schweigen verpflichtet. Er konnte dementsprechend nicht erklären, warum er nach 40 Minuten Telefonat mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht zurückkam. "Das war ein unglaublicher Moment. Ich habe das nicht erwartet", sagte Suarez.

Der amtierende Xfinity-Champion ist der erste Mexikaner, der Vollzeit in der höchsten Klasse der NASCAR fährt. Als er seine Rennfahrerkarriere begann, sprach er kaum Englisch. Suarez wurde durch das 'Drive for diversity'-Programm der NASCAR gefördert und löste in seiner Heimat einen Boom aus. "Ich habe mich wie ein Rockstar gefühlt, alle wollten Fotos mit mir - sogar große Namen aus Mexiko. Vor ein paar Jahren war es noch anders herum", berichtete er stolz. "Ich habe viel Unterstützung aus Lateinamerika, vor allem in Mexiko."