Viele Rennsportfans werden sich noch an die Bilder vom Norisring erinnern. Im Rennen des Seat Leon Supercopa kommt es in der 17. Runde zu einer Kollision zwischen Philipp Leisen und Marcus Steinel. Bei dem Unfall zieht sich Leisen ohne eigenes Verschulden mehrere Knochenbrüche zu, an den Zwischenfall kann sich gebürtige Trierer nicht erinnern. "Was auch fehlt, sind große Stücke der beiden darauffolgenden Tage. Da habe ich mit Leuten telefoniert, wusste das aber später nicht mehr." Leisen verlor sofort das Bewusstsein und wachte erst Minuten später, immernoch im Auto, wieder auf. "Zuerst dachte ich, dass ich während des Rennens eingeschlafen wäre." Bis dahin lag Leisen in aussichtsreicher Position. "Ich konnte in Oschersleben gewinnen und war davor schon in Hockenheim auf dem Treppchen", berichtet er.

In Oschersleben reichte es noch für einen Sieg, Foto: Seat/Urner
In Oschersleben reichte es noch für einen Sieg, Foto: Seat/Urner

Im Krankenhaus wurden mehrere Knochenbrüche diagnostiziert. Neben dem Becken mussten auch Schlüsselbein und Oberarm dran glauben. "Schlüsselbein und Becken sind wieder okay. Das Becken war nur an einer Seite gebrochen und ich konnte es sofort wieder belasten", erklärt Leisen im Gespräch mit motorsport-magazin.com. Einzig allein der Oberarm bereitet noch Probleme. Er will und will einfach nicht richtig zusammenwachsen. Leisen plant schon sein Comeback. Wenn der Körper es mitmacht, will der 23-jährige beim Saisonfinale in Hockenheim wieder in das Cockpit klettern. Noch ist Geduld gefordert. "In knapp zwei Wochen werde ich mich erneut Röntgen lassen. Wenn es dann weiterhin so schlecht aussieht wie jetzt, ist die Saison wohl entgültig gelaufen."

Vorwürfe macht sich Philipp Leisen keine. Auch in Marcus Steinel, der ihn in der Dutzendteich-Kehre torpedierte, sieht er nicht den Schuldigen. Dieser hatte mit einem Bremsdefekt an der Vorderachse keine Chance, den Unfall zu vermeiden. Die Aufprallgeschwindigkeit betrug mehr als 150 km/h - und das genau an der Fahrertür von Leisen. "Mit so etwas muss man einfach rechnen. Ich habe halt Pech gehabt. Für die nächste Zeit sollte ich genug von schweren Unfällen haben", schmunzelt der GAG-Pilot. "Wenn ich in Hockenheim im Auto sitzen sollte, gehe ich nicht ängstlich an die ganze Sache ran."

Leisen beschreibt sich selbst als sehr umsichtigen und vorsichtigen Fahrer. "Ich sehe, wenn sich jemand hinter mir verbremst und geradeaus schießt. Aber in diesem Fall war noch ein anderer Wagen dazwischen und habe absolut nicht mit Marcus gerechnet", sagt der Irreler. Danach führt er ein krasses Beispiel an: "In zwei herkömmlichen Straßenautos wäre die ganze Sache völlig anders gelaufen."

Nur kurze Zeit später hatte Leisen schon nichts anderes mehr im Kopf als den Motorsport. Drei Wochen nach dem Unfall war er schon wieder an der Strecke. "Mir war langweilig. Und da ich gehen konnte, bin ich einfach nach Mugello gefahren, um mir die beiden Rennen anzuschauen", berichtet Leisen. Nachdem sein Auto in Italien und auch beim folgenden Lauf in Zandvort leer blieb, organisierte er auf eigene Faust einen Gaststarter. Am Nürburgring saß Nicolas Kiesa im weißen Seat von Leisen. "Auf dem Papier waren seine Ergebnisse nicht sehr gut, aber er war schnell unterwegs, obwohl es für ihn das erste Mal in einem Fronttriebler war", so Leisen über den ehemaligen Formel 1-Piloten aus Dänemark. "Im Qualifying war er sogar schneller als seine Teamkollegen. Leider hatte er in den Rennen Pech. Am Sonntag war Nicolas teilweise schneller als die Spitze, bekam dann nach einer Kollision, ausgerechnet mit dem Teamkollegen Nicki Thiim, eine Durchfahrtsstrafe."

Seinen Pokal aus Hockenheim hat Leisen zum Küssen gern, Foto: Seat/Urner
Seinen Pokal aus Hockenheim hat Leisen zum Küssen gern, Foto: Seat/Urner

Spätestens 2008 will Philipp Leisen wieder in seinem Auto sitzen. "Ich will auf jeden Fall weiter ihm Seat Leon Supercopa fahren", erklärt er. Am liebsten wäre ihm ein Saisonauftakt wie in diesem Jahr, so Leisen weiter. Auch für den Winter hat sich Deutsche viel vorgenommen. "Ich möchste wieder top-fit sein, so wie am Anfang diesen Jahres." Erschwert wird ihm das Training zur Zeit noch durch seine Verletzungen. "Ich kann nicht joggen, an Krafttraining ist noch nicht zu denken. Ich kann nur auf dem Heimtrainer Kilometer abspulen."

Wer sich einen Eindruck von Philipp Leisens Arbeitsplatz verschaffen möchte, sollte einen Blick in die Service-Rubrik der motorsport-magazin.com-Mediathek werfen. In einem knapp zehn Minuten langen Video kann man dank einer Onboard-Kamera einen Blick über die Schulter von Leisen werfen. Nach einem Unfall am Vortag kämpfte sich der Seat-Pilot beim zweiten Saisonrennen auf dem Hockenheimring von Platz neun auf das Podium nach vorne. Auf dem Weg auf den dritten Platz überholte er auch Steinel, der im späteren Verlauf des Jahres noch eine wichtige Rolle spielte...