In den letzten anderthalb Jahren ist Andrea Dovizioso MotoGP-Maschinen von gleich drei Herstellern gefahren. 2020 ging seine achtjährige Zusammenarbeit mit Ducati zu Ende, im Frühjahr und Sommer 2021 entschloss er sich für ein Testprogramm bei Aprilia, nur um dann ab September wieder für Yamaha Rennen zu fahren.

Dovizioso bestritt die letzten fünf Grands Prix des Jahres im Petronas Sepang Racing Team und machte sich dabei mit der Yamaha M1 bekannt, die er zuletzt 2012 bei Tech3 bewegt hatte. 2022 heißt der Rennstall RNF Racing, doch Doviziosos Aufgabe bleibt dieselbe. Er muss seinen auf der Ducati Desmosedici über Jahre perfektionierten Stil an das für ihn neue Motorrad anpassen.

"Es ist nicht einfach", gestand Dovizioso am Montagabend im Rahmen der Teampräsentation in Verona. "Die Art, wie ich die Yamaha fahren muss, fühlt sich für mich aktuell noch nicht natürlich an. Vor allem beim Bremsen habe ich das Gefühl, dass ich noch nicht das volle Potenzial der Reifen und des Motorrads nutze. In den letzten beiden Rennen 2021 habe ich mich aber schon massiv gesteigert und meinen Stil im Vergleich zu den Ducati-Zeiten völlig geändert. Ich muss und will mich aber weiter anpassen."

Völlig verschwinden soll der 'alte' Andrea Dovizioso deshalb aber nicht: "Du musst natürlich in gewisser Weise der DNA des Motorrads folgen. Gleichzeitig musst du dir aber etwas von deinem eigenen Stil bewahren, um auch deine persönlichen Stärken zu behalten. Es geht darum, diese beiden Komponenten zu vermischen." Als Musterbeispiel dafür sieht Dovizioso ausgerechnet Jorge Lorenzo, mit dem er nicht nur in gemeinsamen Ducati-Zeiten den ein oder anderen Streit erlebte. "Jorge wurde wieder konkurrenzfähig, als er seinen Zugang geändert hat. Er hat nicht mehr versucht, die Ducati wie eine Yamaha zu fahren. Gleichzeitig hat er aber etwas von seinem Stil einfließen lassen. In der modernen MotoGP ist es eigentlich relativ klar, wie du die einzelnen Motorräder fahren musst. Du musst es aber auf deine eigene Art machen und verstehen, welchen Prozentsatz dein Stil ausmachen kann."

Dovizioso und Teamkollege Binder bei der Teampräsentation, Foto: RNF Racing
Dovizioso und Teamkollege Binder bei der Teampräsentation, Foto: RNF Racing

Andrea Dovizioso: Februar-Tests richtungsweisend

Es wartet also noch jede Menge Arbeit auf den 35-Jährigen. Vor allem auch, weil er bei den Testfahrten nach Saisonende 2021 zwar schon einen Prototypen für das neue Jahr fahren durfte, dieser aber noch nicht der aktuellsten Spezifikation entsprach. Diesen soll Dovizioso nun für die fünf Tage in Sepang beziehungsweise Mandalika erhalten. "Diese Tests werden extrem wichtig, um unser Motorrad für die Saison zu fixieren", weiß Dovizioso.

Die Erwartungshaltung an den dreifachen MotoGP-Vizeweltmeister ist jedenfalls groß. Teamchef Razlan Razali erklärte, dass Dovizioso 2022 um die WM-Krone kämpfen könne. Der zeigt sich etwas zurückhaltender: "Ich glaube, dass es schwierig wird. Das Niveau ist so hoch. Wir müssen abwarten, wie gut die Yamaha im Vergleich zu den anderen Motorrädern ist. Der WM-Titel ist natürlich mein Ziel, aber ob er 2022 möglich ist, weiß aktuell niemand."