Der Artikel wurde in der 77. Ausgabe des Printmagazins von Motorsport-Magazin.com am 18. März 2021 veröffentlicht.

Herausfordernde Kult-Kurse müssen auch in der MotoGP immer häufiger zahlungskräftigeren Retorten-Strecken weichen. Diese fünf Strecken hätte Motorsport-Magazin.com gerne wieder im Kalender.

5 - BRÜNN

Ein MotoGP-Kalender ohne Brünn ist für viele Fans unvorstellbar. Und dennoch bleibt die Tschechische Republik in der kommenden Saison außen vor - zum ersten Mal seit 1992. Nicht nur der flüssige Verlauf der Strecke ist bei den meisten Piloten beliebt, auch die Stimmung auf der riesigen Naturtribüne über der Infield-Passage ist legendär. Durch seinen Sommer-Termin war Brünn auch seit jeher ein Publikumsmagnet für Motorrad-Fans aus Deutschland oder Österreich. Plus: Nirgendwo war das Bier an einer Rennstrecke billiger! Doch der Asphalt ist in die Jahre gekommen und für 2021 knüpfte die Dorna den Verbleib im Kalender an eine Neuasphaltierung. Eine Investition, die sich die Streckenbetreiber sowie die stets finanziell involvierte Regionalregierung nicht leisten wollten oder konnten. Aufgrund seiner Tradition ist ein MotoGP-Comeback von Brünn wohl nicht ausgeschlossen. Allerdings müsste sich angesichts der angespannten finanziellen Lage ein motorradbegeisterter Investor finden, der die ganze Anlage modernisiert.

Brünn ist seit diesem Jahr kein Bestandteil des MotoGP-Rennkalenders mehr, Foto: Tobias Linke
Brünn ist seit diesem Jahr kein Bestandteil des MotoGP-Rennkalenders mehr, Foto: Tobias Linke

4 - SPA-FRANCORCHAMPS

Für jüngere MotoGP-Fans kaum zu glauben, doch Spa-Francorchamps war über vier Jahrzehnte nicht aus dem Rennkalender wegzudenken. Auf dem alten Kurs stellte Barry Sheene einst sogar den bis heute gültigen Rekord von 217,369 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit über die Renndistanz auf. Doch auch die verkürzte Strecke blieb bis 1990 im Kalender, ehe man Opfer des damals brennenden Streits zwischen FIM und IRTA wurde. Seit die Dorna 1992 das Ruder in der Motorrad-WM übernahm, wurde es still um die belgische Kultstrecke, doch aktuell tut sich wieder etwas: Denn in Spa-Francorchamps will man 80 Millionen Euro für die nötigen Umbauten in die Hand nehmen, um die MotoGP zurückzuholen. Die Langstrecken-WM soll 2022 bereits eine Vorhut bilden. Von ihrer Charakteristik sollte die Strecke jede Menge Platz für Beschleunigungsduelle und Überholmanöver auf der Bremse bieten. Und bei der Vorstellung von MotoGP-Raketen durch Eau Rouge dürfte jeder Fan mit der Zunge schnalzen.

Die Formel 1 gastiert jährlich in Belgien, Foto: LAT Images
Die Formel 1 gastiert jährlich in Belgien, Foto: LAT Images

3 - SUZUKA

Motegi ist seit fast zwei Jahrzehnten die Heimat des japanischen MotoGP-Rennens. Sonderlich beliebt ist der spröde Stop-and-Go-Kurs im Paddock allerdings nicht. Denn abseits der biederen Strecke lässt auch die Atmosphäre am Twin Ring zu wünschen übrig. Nicht wenige träumen daher von einer Rückkehr der MotoGP nach Suzuka. Diese Strecke stellt nicht nur fahrerisch eine größere Herausforderung dar, sondern verkörpert auch japanische Motorsport-Begeisterung und -Tradition deutlich stärker als der 1997 errichtete Twin Ring in Motegi. Wer schon einmal eine Übertragung des legendären 8-Stunden-Rennens in Suzuka gesehen hat, weiß wovon hier die Rede ist. Da sich beide Strecken in Besitz von Honda befinden, wird das Schicksal den japanischen Grand Prix einzig und allein im Hauptquartier des Motorrad-Giganten entschieden. Leider hallt im Namen Suzuka der tödliche Unfall von Daijiro Kato aus dem Jahr 2003 nach und hängt wie ein Damoklesschwert über dem Comeback-Chancen der Kult-Strecke. Seither kehrte die MotoGP nicht mehr dorthin zurück.

2003 fand das letzte MotoGP-Rennen in Suzuka statt, Foto: Yamaha
2003 fand das letzte MotoGP-Rennen in Suzuka statt, Foto: Yamaha

2 - DONINGTON

23 Jahre lang befand sich Donington im Rennkalender der MotoGP und war bei Fahrern und Fans gleichermaßen beliebt. Vor allem die mittleren beiden Sektoren enthalten flüssige Motorrad-Passagen wie aus dem Lehrbuch, wovon man sich bis heute z.B. in der Superbike-WM ein Bild machen kann. Für die MotoGP kam leider 2009 das Aus, nachdem sich eine Investmentgesellschaft im Strudel der Finanzkrise übernahm, das angestrebte Formel-1-Rennen nicht bekam, im Gegenzug die MotoGP aber an den Erzrivalen Silverstone verlor. Nach dem geplatzten Luftschloss des "Circuit of Wales" ist das britische Motorradrennen noch heute dort beheimatet, obwohl kaum jemand wirklich glücklich mit Silverstone ist. Seit 2017 ist Jonathan Palmer mit seinem Unternehmen MotorSport Vision in Donington am Ruder und konnte die Strecke bereits in vielen Bereichen aufwerten. Ob Geld und Atem letztlich reichen, um auch die MotoGP wieder zu ködern? Mit dem Fixplatz in der WSBK sitzt man immerhin im Wartezimmer zur Königsklasse.

Die MotoGP wechselte 2010 von Donington nach Silverstone, Foto: Milagro
Die MotoGP wechselte 2010 von Donington nach Silverstone, Foto: Milagro

1 - LAGUNA SECA

Die MotoGP unternahm in den USA schon zig Versuche, langfristig Fuß zu fassen. Doch selbst in den Motorsport-Kathedralen Daytona und Indianapolis konnte man sich nicht lange halten. Seit 2013 hat man in Austin eine neue Heimat gefunden, mit der viele Fahrer und Fans aber nur bedingt zufrieden sind. Denn zwischen 1988 und 2013 schlug die Motorrad-WM 15 Mal ihre Zelte in Laguna Seca auf und begeisterte dort mit spektakulären Rennen, an deren Spitze wohl die epische Schlacht zwischen Casey Stoner und Valentino Rossi aus dem Jahr 2008 steht. Schon damals war der Platz im Fahrerlager der nur 3,6 Kilometer langen Strecke so begrenzt, dass man nur die MotoGP-Klasse beherbergen konnte, was letztlich zum Aus führte. Mit 2019 fiel Laguna Seca auch aus dem Rennkalender der Superbike-WM, weshalb Motorrad-Fans aktuell auf Livestreams der AMA-Meisterschaften zurückgreifen müssen, um ihren Sport auf dem Kult-Kurs genießen zu können. Die Chancen auf ein Comeback stehen schlecht, auch wenn für die Rückkehr der IndyCars vor zwei Jahren Geld zur Sanierung der Strecke in die Hand genommen wurde.

Laguna Seca sorgte gleich mehrfach für tolle MotoGP-Rennen, Foto: Repsol Honda
Laguna Seca sorgte gleich mehrfach für tolle MotoGP-Rennen, Foto: Repsol Honda

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