KTM sorgte eine Woche nach dem ersten Wintertest für die MotoGP-Saison 2022 für einen Personal-Hammer: Am Donnerstag gab der österreichische Hersteller den Abschied von Mike Leitner als Teamchef bekannt. Der Oberösterreicher hatte von Beginn an eine zentrale Rolle im orangen MotoGP-Projekt, weshalb sein überraschender Abgang in der Szene Verwunderung auslöste. Motorsport-Magazin.com konnte Leitner wenige Stunden nach Bekanntgabe seines Abschieds telefonisch erreichen.

MSM: Mike, du bist nicht mehr Teamchef bei KTM. Wie ist es zu dieser Entscheidung gekommen?
Mike Leitner: Ich bin nicht mehr der jüngste (lacht) und wir haben intern schon länger darüber geredet, dass ich mich innerhalb dieses Projekts verändere und diese zentrale Rolle nicht bis zum Ende ausfüllen möchte. Ich war daher auch aktiv daran beteiligt, dass man mit Francesco Guidotti einen guten Ersatz für mich findet. Ich selbst werde ein bisschen auf Standby gehen. Zwar werde ich bei KTM bleiben, aber in diesem Projekt etwas in den Hintergrund treten.

Du hast dein Alter angesprochen: Du wirst nächste Saison 60 Jahre alt. Haben die zusätzlichen Reisestrapazen und das organisatorische Corona-Chaos der vergangenen zwei Jahre ihr übriges zu deiner Entscheidung beigetragen?
Eigentlich nicht. Ich bin 2015 zu KTM gekommen und habe anfangs mit ein paar Leuten ein MotoGP-Projekt auf die Beine gestellt. Die Arbeit der vergangenen sieben Jahre war heftig. Mit 2022 fängt eine neue Fünf-Jahres-Periode an, die ich nicht mehr in dieser Rolle verbringen wollte. Das wurde intern mit Stefan Pierer, Hubert Trunkenpolz und Pit Beirer besprochen und für mich ist es gut, dass ich nach sieben Jahren diesen Schritt zurück mache. Ich bleibe dem Projekt ja als Berater erhalten und kann an der einen oder anderen Stelle sicherlich unterstützend mitwirken. Wie meine Tätigkeit aussehen wird, dazu gibt es aber noch keine konkreten Pläne.

Wann ist diese Entscheidung denn genau gefallen?
Es wurde in den letzten 14 Tagen immer wieder thematisiert und die endgültige Entscheidung fiel am Montag. KTM hat sie dann heute (Donnerstag, 25. November) offiziell gemacht.

War es für den Zeitpunkt deines Abgangs wichtig, dass man bereits einen fähigen Nachfolger unter Vertrag hat?
Das hat Pit übernommen, da müsstest du ihn fragen. Ich habe in den letzten Rennen und während der Testfahrten aber mehrfach persönlich mit Francesco gesprochen. Er ist ein guter Mann und wird einen tollen Job machen.

Warum ist ausgerechnet er der richtige für diesen Job?
Er hat Erfahrung in der MotoGP-Klasse und hat bei Pramac bewiesen, dass er ein erfolgreiches Team managen kann. Viel Auswahl für einen derartigen Job hat man als Werk aber ohnehin nicht, denn es gibt nur eine Handvoll Leute, die diesen Job beherrschen und gleichzeitig bereit sind, das Team zu wechseln. Seine Rolle bei KTM wird sich aber von meiner alten Position unterscheiden. Er wird künftig Teammanager, meine Aufgaben der vergangenen sieben Jahre waren deutlich umfangreicher.

Wie willst du deine künftige Beraterrolle anlegen? Wird man dich noch an der Strecke antreffen oder ziehst du dich nach Oberösterreich zurück?
Man wird mich sicherlich noch an der Strecke antreffen (lacht). Ich will auf jeden Fall einige Rennen besuchen, werde dieses Jahr aber sicher auch nutzen um mehr für mich zu tun. Ich werde mir eine ordentliche Skikarte für den Winter zulegen, das will ich schon lange und dafür war nie genug Zeit. Ich werde aber auch den Wolfgangsee genießen und abwarten, was sich in Zukunft in meiner neuen Rolle für mich auftut.

Wie zufrieden bist du nach sieben Jahren mit dem Erbe, das du nun hinterlässt? Wie sieht dein Fazit des Aufbaus des KTM MotoGP-Teams aus?
Ich bin sehr zufrieden. Was wir geschafft haben, ist ein Riesending. Man nimmt so etwas mittlerweile als normal hin, aber man muss sich immer vor Augen führen, gegen welch starke Konkurrenz und Fahrer wir angetreten sind. In den letzten zwei Jahren haben wir uns stark gesteigert. Im vergangenen Jahr war Pol Espargaro auf KTM WM-Fünfter und punktgleich mit einem Dovizioso. Heuer war Brad Binder WM-Sechster, was bedeutet, das nur fünf Fahrer in diesem Jahr einen besseren Job gemacht haben. Ich bin auf jeden Fall stolz auf das Erreichte der vergangenen sieben Jahre.