Ducatis Titel-Traum ist zu Ende. Francesco Bagnaia versenkte die letzten MotoGP-Hoffnungen der Roten Rennfraktion im Kies von Misano. Fünf Runden vor dem Zieleinlauf flog der 24-jährige Italiener in Führung ab und machte dadurch Fabio Quartararo vorzeitig zum Weltmeister.

Voll und ganz Sportsmann, gehörte Bagnaia zu den ersten Gratulanten, als er seinen WM-Rivalen mit noch abgewetzter Lederkombi in der Boxengasse für eine Umarmung abfing. "Er hat diesen Titel mehr als ich verdient und ich freue mich für ihn", gab er sich auch in seinem Videocall nach dem Rennen fair. Wie sehr das vorzeitige Ende des Titelkampfes seine Box schmerzte, sah man an Teammanager Davide Tardozzi, der sich unmittelbar nach dem Crash resignierend zu Boden warf.

Auch Bagnaia gab zu, enttäuscht zu sein: "Wir haben unser Bestes gegeben und erneut um den Sieg gekämpft. Ich bin glücklich über meine Performance, aber natürlich auch frustriert über das Ergebnis." Denn unterm Strich stand für Bagnaia in Misano nur die zweite Nullnummer der Saison - Pole Position und 22 Führungsrunden hin oder her.

Bei der Reifenwahl verpokert

Für Ducatis Werksteam gab es sogar eine Doppelnull, nachdem sich Jack Miller bereits früh verabschiedet hatte. Beide Fahrer gaben nach dem Rennen zu, dass ihr Reifenpoker letztlich nach hinten losging. Denn im gesamten Feld waren Bagnaia und Miller die einzigen beiden Piloten, die auf den harten Vorderreifen setzten. Dabei hatten sie aber die Streckentemperatur falsch eingeschätzt.

Denn die 23 Grad, die offiziell auf dem Asphalt gemessen wurden, waren etwas zu wenig für die harte Mischung. "Ich musste jede einzelne Runde komplett ans Limit pushen. Sobald du das nicht gemacht hast, wurde der Vorderreifen sofort zu kühl", führte Bagnaia aus. Beiden Ducatisti wurde das in Misano zum Verhängnis.

"Es hat zunächst wie ein Geniestreich gewirkt, aber dann zogen über der Startaufstellung Wolken auf und am Ende war es einfach nicht mehr warm genug", gab Miller zu Protokoll. Bagnaia verteidigte seine Reifenwahl dennoch: "Der Medium-Reifen hat bei mir an diesem Wochenende noch schlechter funktioniert als der Soft, der aber schon nach wenigen Runden am Limit war. Daher war meine Reifenwahl die richtige."

Alles oder Nichts für Bagnaia

Mit 52 Punkten Rückstand auf Fabio Quartararo war Bagnaia ohnehin so sehr in der Defensive, dass er alles auf eine Karte setzen musste: "Dieser Tag stand unter dem Motto: Entweder ich gewinne oder ich lande im Kies. Ich habe alles versucht, bin am Ende aber gestürzt." Miller sagte stellvertretend für alle Ducatisti: "Das war enttäuschend für unser Team. Aber heute war eben einer jener Tage, die du am liebsten schnell vergisst. Es hat alles fantastisch ausgesehen, sollte aber einfach nicht sein.

Somit bleibt Ducati in der Fahrer-WM wohl zum vierten Mal binnen fünf Jahren nur das Prädikat des Vizeweltmeisters (Bagnaia liegt aktuell 27 Punkte vor Joan Mir). Mit seiner ersten MotoGP-Saison im Werksteam zeigte er sich dennoch zufrieden: "Letztes Jahr habe ich die Weltmeisterschaft als 16. abgeschlossen und war mit Ausnahme von zwei Rennen nie vorne mit dabei. In der laufenden Saison ging es nicht darum, Weltmeister zu werden, sondern zu lernen und besser abzuschneiden als 2020."

Kampfansage für MotoGP-Saison 2022

"Ich fühle mich auf diesem Motorrad und in diesem Team sehr wohl", holte Bagnaia aus. "Ich liege nun auf dem zweiten Rang in der WM-Wertung und glaube nicht, dass wir sauer sein müssen, diesen Titel nicht gewonnen zu haben. Ich habe in den letzten fünf Rennen viel gelernt und konnte stets auf den vordersten Plätzen um den Sieg kämpfen. Das ist ein großer Sprung im Vergleich zu Saisonbeginn."

Der frischgebackene MotoGP-Weltmeister Fabio Quartararo stellt für Bagnaia eine Blaupause dar, wie es für ihn bei Ducati im kommenden Jahr laufen könnte. "Er war im Vorjahr in der gleichen Situation, in der ich jetzt bin. Er hat zum ersten Mal gewonnen, aber am Ende zu viele Fehler gemacht. Nächste Saison werden wir also noch besser vorbereitet sein." Das ist als Kampfansage des designierten Vizeweltmeisters an den Champion zu werten.