"Sehr viel. Quasi alles", antwortete Honda-Testfahrer Stefan Bradl am Sonntag auf die Frage, in welchen Bereichen es an seiner RC213V denn Neuerungen brauche. Genau diese präsentierte Honda am Dienstag in Misano der MotoGP-Öffentlichkeit. Der erste Prototyp für die Saison 2022 wurde getestet. Zunächst von Stefan Bradl, der eine grundsätzliche Funktionsprobe durchführte. Dann übergab er die Maschine an Marc Marquez, am Mittwoch darf Pol Espargaro das neue Bike fahren.

Die jüngste Ausbaustufe der Honda RC213V sorgte für jede Menge Aufsehen in der Boxengasse des Misano World Circuit Marco Simoncelli. Die Japaner reagieren auf die enttäuschenden Ergebnisse der letzten beiden Saisons und haben sich einen für einen radikalen Schnitt entschieden. Kaum ein Teil des Motorrads blieb unangetastet. Motorsport-Magazin.com zeigt die wichtigsten Neuheiten.

Die Front: Honda hat seiner Maschine ein völlig neues Gesicht spendiert. Der seit 2014 fast unveränderte, breite Lufteinlass wich einem im Hochformat, wie man ihn etwa von der Yamaha M1 kennt. Neue Lufteinlässe sind oft ein Hinweis auf Veränderungen im Motorenbereich. Boxengassenspione konnten auch ein neues Kupplungsgehäuse und veränderte Aufhängungspunkte für das Triebwerk erkennen. Honda scheint seinem als extrem schwer fahrbar geltenden V4 eine ordentlich Frischzellenkur verpasst zu haben.

Außerdem verfügt die 2022er-Maschine über neue Winglets, die deutlich geschwungener sind als die Vorgängermodelle und an ein paar Schleifen an der Seite des Bikes erinnern. Das Ziel ist klar: Mehr Anpressdruck soll her, um endlich dem mangelnden Gefühl der Fahrer für das Vorderrad entgegenzuwirken.

Das Heck: Auch in der Rückansicht gibt die neue Honda ein ungewohntes Bild ab. Der gesamte Bereich hinter der Sitzbank wurde neugestaltet. Der Auspuff befindet sich nicht mehr zentral unter dem Heck, sondern wurde an die rechte Seite verlegt. Die gesamte Heckpartie wirkt gleichzeitig wuchtiger als in der Vergangenheit.

Diese Veränderungen sorgen im MotoGP-Paddock für die Vermutung, dass Honda dem Beispiel von Ducati gefolgt ist und im Heck seiner Maschine einen Massedämpfer verbaut hat. Ducati zeigte dieses System erstmals 2017, auch wenn man die Verwendung einer solchen Vorrichtung bis heute nicht bestätigen wollte. Durch Massedämpfer können ungewünschte Schwingungen oder Vibrationen am Motorrad ausgeglichen und das Handling somit stabiler gemacht werden. In der Formel 1 sind Massedämpfer seit Jahren verboten, in der MotoGP allerdings erlaubt.

Marc Marquez: Noch viel Arbeit mit neuem Bike

Marc Marquez testete als erster Einsatzfahrer das neue Motorrad. Das waren seine Worte nach Tag eins: "Das neue Motorrad beruht auf einem ganz anderen Konzept. Es war sehr interessant, es zum ersten Mal auf der Rennstrecke zu bewegen. Das bedeutet natürlich viel Arbeit und viel Zeit in der Box. Wir konnten nicht allzu viele Runden fahren, aber irgendjemand muss damit beginnen. Dieser Fahrer war ich. Am Mittwoch wird dann auch Pol mit dem neuen Bike fahren und damit arbeiten. Wir müssen noch viel daran arbeiten. In manchen Bereichen ist das Motorrad schon sehr gut, in anderen Bereichen fehlt uns noch ziemlich viel. Wir müssen die Balance und das richtige Setup noch viel besser verstehen. Es sind sehr viele neue Teile verbaut und wir sprechen hier nicht von Kleinigkeiten. Dafür sind wir noch zu wenige Runden gefahren. Es war ja auch wichtig, nicht zu stürzen, weil wir nur eine Maschine in dieser Konfiguration haben."