Bei den Wintertests zur MotoGP-Saison 2019 testete Ducati erstmals das Holeshot-Device, mit dem man durch ein Absenken des Fahrwerks einen tieferen Schwerpunkt ermöglicht und so am Start Wheelys vermeidet, was wiederum zu besserer Beschleunigung führt.

Was damals noch kaum jemand ahnte: Ducati öffnete damit die Büchse der Pandora. Auf das Absenken an der Front folgte das Absenken am Heck. Später wurde es auch möglich, das System während der Fahrt zu aktivieren, um beim Beschleunigen aus engeren Kurven ebenfalls Wheelys entgegenwirken zu können - das Holeshot-Device wurde zum Ride-Height-Device. Doch damit war das Entwicklungsrennen noch nicht zu Ende.

Mittlerweile haben mit Ducati und Aprilia mindestens zwei Hersteller die nächste Ebene der Ride-Height-Devices erreicht. Sie verwenden automatische Systeme. Bislang musste die Vorrichtung mittels eines Knopfes oder Hebels ja vom Fahrer am Kurvenausgang manuell aktiviert werden. Versetzt man sich in die Lage des Piloten, wird klar, dass es sich dabei um keinen leichten Vorgang handelt: Sie versuchen in dieser Situation, knapp 300 PS zu kontrollieren, bändigen das Motorrad mit vollem Körpereinsatz und müssen vielleicht sogar im direkten Duell gegen ihre Rivalen kämpfen.

Kann man dem Fahrer also die Aufgabe abnehmen, das Ride-Height-Device zu aktivieren, stellt das eine große Entlastung dar. Genau das macht das automatische System. Dessen Umsetzung ist schwierig, da die MotoGP in puncto Fahrwerk ein enges Regelkorsett vorgibt. Unter Absatz 2.4.4.4 des Technischen Reglements sind die Bestimmungen für Federung und Dämpfung aufgeführt: "Elektrische/elektronische Federungs-, Ride-Height- oder Dämpfungssysteme sind nicht erlaubt. Veränderungen in diesem Bereich sind nur durch manuelle menschliche Eingaben, mechanische/hydraulische Einstellvorrichtungen oder durch Kräfte/Verlagerungen, die direkt von mechanischen/hydraulischen Elementen ausgehen, erlaubt."

MotoGP erklärt: So funktionieren die Holeshot-Devices (09:44 Min.)

Wie ist es unter diesen Vorgaben nun möglich, das System ohne manuellen Input des Fahrers am Kurvenausgang zu aktivieren? Das System wird 'voreingestellt'. Der Pilot aktiviert es bei der Anfahrt zu einer Kurve und somit zu einem Zeitpunkt, in dem er weniger Stress ausgesetzt ist. Zu diesem Zeitpunkt findet aber noch keine Absenkung des Motorrads statt. Erst beim Herausbeschleunigen aus der Kurve, wenn sich das Gewicht in Richtung Hinterrad verlagert, wird durch einen hydraulischen Mechanismus die Voreinstellung in Taten umgesetzt. Gut zu erkennen ist seit den Österreich-Rennen ein neues Bauteil, das über eine Art Seilzug mit der Federgabel verbunden ist.

Links: Die herkömmliche Gabel / Rechts: Das Automatik-System, Foto: LAT Images/Motorsport-Magazin.com
Links: Die herkömmliche Gabel / Rechts: Das Automatik-System, Foto: LAT Images/Motorsport-Magazin.com

Automatisch oder manuell? MotoGP-Geschmackssache

Sind mit Einführung der automatischen Systeme die manuellen Aktivierungen am Kurvenausgang nun Geschichte? Vorerst noch nicht. Bei der Auswahl hängt viel von persönlichen Präferenzen und auch vom Layout der Strecke ab. Aleix Espargaro verzichtete in Aragon etwa wieder auf die Automatik. "Ich bevorzuge hier das manuelle System", verriet er. "Das hängt mit der Strecke zusammen. Hier haben wir beispielsweise vor der langen Gegengerade eine Schikane, wo die Automatik schwer zu bedienen ist."