Fabio Quartararo und Maverick Vinales holten am Sonntag den ersten Yamaha-Doppelsieg in der MotoGP seit Jerez 2020. Die WM-Führung in allen drei Wertungen konnte damit deutlich ausgebaut werden. Im Windschatten des Yamaha-Duos konnte Marc Marquez ein völlig verkorkstes Rennwochenende in Assen am Sonntag doch noch retten. Die Dutch TT in der ausführlichen Analyse.
Absehbare Yamaha-Dominanz
Dass Yamaha dieses Rennwochenende dominieren würde, war bereits nach den Sessions absehbar. Am Freitag holte Vinales in beiden Trainings die Bestzeit, während Quartararo auf den Plätzen 4 und 3 landete.
Ergebnisse von Vinales & Quartararo
Session | Vinales | Quartararo |
1. Training | 1. | 4. |
2. Training | 1. | 3. |
3. Training | 1. | 2. |
4. Training | 2. | 1. |
Qualifying | 1. | 2. |
Warm-Up | 1. | 2. |
Am Samstag wurde die Dominanz noch deutlicher: Im 3. Training lag Vinales als Schnellster unmittelbar vor Quartararo, der in FP4 den Spieß kurz umdrehen konnte, ehe im Qualifying die Pole Position wieder an den Katalanen ging. In allen drei Sessions des Samstags hatte es somit eine Doppelspitze der Yamaha-Werkspiloten gegeben. Zum Drüberstreuen landeten Vinales und Quartararo auch noch im Warm-Up am Sonntag auf den beiden Top-Positionen.
Vinales wird überrumpelt
Mit Ausnahme des 4. Trainings hatte Maverick Vinales in jeder Session die Nase vorne. Aus Pole Position startete er aber wieder einmal nicht optimal, wurde von Fabio Quartararo in der Anfahrt zur ersten Kurve überrumpelt und lag nach der ersten Runde nur auf dem 4. Platz. Damit gehörte Vinales zu den größten Verlierern der Startphase. Lediglich Valentino Rossi (-9 Plätze) und Lorenzo Savadori (-5) verloren noch mehr Positionen.
Gewinner & Verlierer der 1. Runde
Gewinner | P+ | Verlierer | P- |
Marc Marquez | +8 | Valentino Rossi | -9 |
Enea Bastianini | +4 | Lorenzo Savadori | -5 |
Brad Binder | +3 | Vinales & Oliveira | -3 |
Die großen Gewinner der 1. Runde kamen allesamt aus dem hintersten Drittel des Starterfeldes. Brad Binder (P21) machte drei Positionen gut, Enea Bastianini (P19) sogar vier. Marc Marquez (P20) konnte im Zuge des Startumlaufs sogar acht Positionen aufholen und war somit der große Gewinner der Startphase. Zum Ende von Lap 2 lag er sogar schon innerhalb der Top-10.
Yamaha macht das Tempo
An der Spitze fand sich zu Beginn Francesco Bagnaia, der mit seiner Ducati vom 3. Rang an die Spitze geschossen war. In den ersten vier Runden führte er über Start/Ziel jeweils das Feld an, konnte zwischenzeitlich aber bereits von Quartararo überholt werden. In der 5. Runde war aber Schluss: Der WM-Leader übernahm die Führung und gab sie bis zur Zielflagge nicht wieder ab. In den ersten vier Runden war Quartararo im Duell mit Bagnaia nur einmal (Lap 2) der schnellste Mann im Feld. Sobald er in Führung lag, gelang ihm aber in insgesamt zehn Runden die beste Einzelzeit aller Fahrer.
Schnellste Zeit in jeder der 26 Runden
Fahrer | Bestzeiten | In Runde |
Quartararo | 11 | Lap 2, 7-11, 16, 19-20, 23 |
Vinales | 5 | Lap 17-18, 20-21, 24 |
M.Marquez | 3 | Lap 13-15 |
Zarco | 3 | Lap 3, 25-26 |
Bagnaia | 2 | Lap 1, 12 |
A.Espargaro | 2 | Lap 4, 6 |
Trainings-Dominator Maverick Vinales hingegen konnte nur in fünf Umläufen die beste Zeit setzen. Überraschend: Marc Marquez war nach seiner starken Startphase zu Mitte des Rennens der schnellste Mann im gesamten Feld. In den Runden 13 bis 15 fuhr er jeweils Rundenbestzeit.
Quartararo in eigener Liga
Beim Blick auf die Einzelzeiten setzt sich aber klar Quartararo durch. Marquez' Bestwert auf Runde 14 war eine Zeit von 1:33,172 Minuten. Im gesamten Rennen war das zwar die Bestmarke aller Nicht-Yamaha-Bikes, reichte aber nur zur achtbesten Einzelzeit.
Die schnellsten 10 Rundenzeiten im Rennen:
P | Fahrer | Zeit | Runde |
1. | Fabio Quartararo | 1:32,869 | Lap 8 |
2. | Fabio Quartararo | 1:32,897 | Lap 7 |
3. | Fabio Quartararo | 1:32,913 | Lap 20 |
4. | Fabio Quartararo | 1:32,997 | Lap 9 |
5. | Fabio Quartararo | 1:33,006 | Lap 10 |
6. | Maverick Vinales | 1:33,045 | Lap 18 |
7. | Maverick Vinales | 1:33,108 | Lap 22 |
8. | Marc Marquez | 1:33,172 | Lap 14 |
9. | Francesco Bagnaia | 1:33,173 | Lap 12 |
10. | Fabio Quartararo | 1:33,174 | Lap 16 |
Denn die fünf schnellsten Runden am Sonntag gingen allesamt auf das Konto des Siegers. Vinales belegte lediglich die Plätze sechs und sieben in diesem Ranking, während sich in den Top-10 sogar die sechstbeste Zeit von Quartararo findet.
Quartararo checkt aus
Wie überlegen der WM-Leader am Sonntag war, sieht man an dem Umstand, wie schnell er sich vom Rest des Feldes absetzen konnte. Lagen in Runde 5 noch vier Fahrer innerhalb einer Sekunde Abstand zu ihm (Anm.: Nakagami scheint in unserem Diagramm nicht auf), so hatte das Feld drei Umläufe später bereits 1,1 Sekunden Rückstand.
Weitere drei Laps später betrug Quartararos Vorsprung sogar schon 2,986 Sekunden. In den Runden 15 bis 16 hatte der Franzose sogar kurzzeitig über vier Sekunden Vorsprung auf seine Konkurrenten, ehe Vinales gegen Ende seinen Abstand noch ein wenig verkürzen konnte.
Der Kampf um das Podest
Hinter Quartararo hing Vinales nach seinem schlechten Start zu lange hinter der langsameren Konkurrenz fest. Als sein Teamkollege in Lap 5 die Führung übernahm, lagen Bagnaia und Nakagami zwischen ihm und Quartararo. Erst in der 14. Runde konnte er den Japaner überholen, einen Umlauf später nutzte Vinales die Long-Lap-Penalty von Bagnaia, die dieser wegen eines Verstoßes gegen die Track Limits bekommen hatte.
Erst ab der 15. der 26 Runden war Vinales erster Verfolger von Quartararo. Er war in den letzten zwölf Runden dieses Rennsn zwar fünfmal der schnellste Mann, doch vom Rekordrückstand in Lap 16 (+4,203 Sek.) konnte er bis ins Ziel nur noch eineinhalb Sekunden abknabbern. "Irgendwann war Maverick richtig schnell, da konnte ich zum Glück noch etwas herausquetschen", freute sich Quartararo nach dem Rennen über die entscheidenden letzten Runden, in denen er Vinales nicht mehr in Schlagdistanz kommen ließ.
Nachdem die ersten beiden Positionen ab Rennmitte bezogen waren, ging es für den Rest des Feldes nur noch um den dritten Platz. Bagnaia schied aus diesem Kampf nach seiner Strafe aus. Die Long-Lap kostete ihn rund zweieinhalb Sekunden, wodurch er vom 2. auf den 8. Platz zurückfiel und aus dem Rennen um das Podium war. Somit lief es auf ein Duell zwischen Johann Zarco und Joan Mir hinaus, welches der Weltmeister für sich entscheiden konnte. Zwar lag Mir bei Halbzeit des Rennens nur auf dem 6. Rang, doch Nakagamis Probleme, Bagnaias Strafe und der gewonnene Zweikampf spülten ihn noch zur Siegerehrung.
Marquez als klarer Gewinner
Neben den drei Fahrern auf dem Podest freute sich vor allem Marc Marquez über seine Leistung im Rennen. Nach einem schlimmen Highsider am Freitag und einem Crash im Qualifying, der Startplatz 20 zur Folge hatte, sah es nach einem ganz bitteren Wochenende für den sechsfachen MotoGP-Champion aus.
Doch nach dem Rennen strahlte der Katalane regelrecht. "Ich bin begeistert von meiner heutigen Leistung und sehr stolz darauf. Das ist der erste rechtsdrehende Kurs, auf dem ich ein Rennen gut zu Ende bringe", freute sich der Sachsenring-Sieger.
Ergebnis Runde 14-26:
P | Fahrer | Bike | Rückstand |
1. | Vinales | Yamaha | |
2. | Quartararo | Yamaha | +0,706 Sek. |
3. | Mir | Suzuki | +2,480 |
4. | Zarco | Ducati | +3,225 |
5. | M.Marquez | Honda | +4,082 |
In der zweiten Rennhälfte fuhr Marquez sogar die fünftschnellste Zeit. Lediglich Vinales, Quartararo, Mir und Zarco waren von Runde 14 bis ins Ziel schneller. Ein Ergebnis, dass ihn für die zweite Saisonhälfte zuversichtlich stimmen darf.
Fazit: Ein Rennen mit drei Gewinnern
Fabio Quartararo gab mit seinem vierten Saisonsieg im neunten Rennen rechtzeitig zur Sommerpause ein klares Statement ab: Der Franzose ist der klare Favorit auf den WM-Titel, auch wenn er sich in seinen Aussagen nach den Rennen nach wie vor zurückhaltend gibt. In Assen konnte nur Teamkollege Maverick Vinales seinen Speed mitgehen.
Vinales verlässt Assen aber als klarer Verlierer, denn abseits des sportlichen Comebacks an der Spitze (erster Podestplatz seit seinem Sieg beim Auftakt) wurde im Fahrerlager sein Abschied von Yamaha per Saisonende eingefädelt. Sein Auftritt bei der Siegerehrung und in der anschließenden Pressekonferenz zeigte klar, wie zerrüttet das Verhältnis zu seinem Arbeitgeber ist.
Neben Quartararo gab es am Sonntag dennoch zwei große Gewinner: Einerseits Joan Mir, der durch eine weitere konstante Leistung seinen dritten Podestplatz der laufenden Saison einheimste und sich damit in der WM-Wertung bereits auf den vierten Platz schieben konnte. Mit 21 Punkten Rückstand auf Zarco liegt er bereits in Schlagdistanz zum zweiten Rang.
Neben Mir darf sich auch Marc Marquez als Gewinner des MotoGP-Rennens in Assen sehen. Er schüttelte zwei Crashes ab und lieferte vom drittletzten Rang eine starke Aufholjagd samt beinahe podestfähiger Pace in der zweiten Rennhälfte. Dass das alles auch noch auf einem rechtsdrehenden Kurs geschah, könnte ihn für die fünfwöchige Sommerpause beflügeln.
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