Gibt es denn überhaupt kein MotoGP-Rennen mehr, nach dem wir nicht über die Entscheidungen der Stewards diskutieren müssen? Nur eine Woche nach der Track-Limit-Farce von Mugello bekleckerten sich die Regelhüter der FIM in Barcelona erneut nicht mit Ruhm.

Stein des Anstoßes war der offene Reißverschluss von Fabio Quartararo. In der Endphase des Rennens ging die Lederkombi des Franzosen auf, die er nicht sofort wieder schließen konnte und stattdessen den Brust-Protektor bei voller Fahrt über Bord warf. Erst einige Minuten später konnte Quartararo den Reißverschluss wieder hochziehen und dadurch seinen blanken Oberkörper wieder bedecken.

Diese Aktion rief sofort Kritiker auf den Plan, die eine Disqualifikation des Franzosen forderten. So etwa Casey Stoner, der seinem Unmut auf Twitter Luft machte. Nach dem Rennen stimmten Fahrer wie Weltmeister Joan Mir, Johann Zarco oder Miguel Oliveira in den Tenor mit ein, während Quartararo etwa von den Espargaro-Brüdern Rückendeckung erhielt.

Klar ersichtlich war sofort: Fabio Quartararo hat im Rennen gegen den Artikel 2.4.5.2 des Technischen Reglements verstoßen. Dieser besagt, dass die Fahrer zu jeder Zeit, in der sie sich auf der Strecke befinden, die vorgeschriebene Ausrüstung korrekt angelegt tragen müssen. Der exakte Wortlaut des im Englischen gehaltenen Reglements: "The equipment must be worn, correctly fastened, at all times during on-track activity." Nun war Quartararos Lederkombi weder "correctly fastened", noch hatte er in den Schlussrunden den vorgeschriebenen Brust-Protektor mit dabei, da er diesen zuvor entsorgt hatte. Das war für jeden TV-Zuseher sofort ersichtlich.

Viele offene Fragen trotz Strafe

Dennoch blieb eine Strafe stundenlang aus und trudelte erst kurz nach 19 Uhr und damit mehr als fünf Stunden nach dem Zieleinlauf ein. Dass es in dieser Causa überhaupt eine nachträgliche Untersuchung gibt, wurde nicht mitgeteilt. Denn ein später im Rennen begangenes Vergehen (Quartararos Shortcut) wurde umgehend geahndet. Das wirft zunächst die Frage auf, warum die FIM-Stewards denn so lange über dieser Causa brüten mussten. Fand eine entsprechende Untersuchung erst statt, nachdem Ducati und Suzuki in diversen Interviews einen Protest anklingen ließen?

Die zweite Frage stellt sich bezüglich des Strafmaßes: Warum gab es eine Zeitstrafe von lediglich drei Sekunden für ein klares Vergehen gegen das Technische Reglement? Und wäre das gleiche Vergehen in den kleinen Klassen im gleichen Maß bestraft worden? Das ist nämlich eigentlich die Prämisse der Regelhüter, von der sie in der Realität aber meist weit entfernt sind. Man stelle sich vor, dass etwa ein Romano Fenati eineinhalb Stunden vorher eine derartige Aktion im Moto3-Rennen geliefert hätte. Hätte auch er nur eine Strafe in Höhe von drei Sekunden bekommen?

Diese Fragen werden aber wohl nie beantwortet werden, denn Kommunikation ist nicht gerade die große Stärke der Regelhüter der MotoGP. Darüber klagen nicht nur wie Journalisten, sondern auch Teamchefs und Fahrer. Einige von ihnen haben damit aufgehört, nachträglich nach Erklärungen für Urteile zu fragen, wurde uns erst unlängst bestätigt.

Während in der Formel 1 Urteile der Stewards in teilweise seitenlangen Ausführungen exakt begründet werden, umfassen diese in der MotoGP meist nur einen kurzen Absatz. Nachfragen ist nicht erwünscht, denn die Entscheidungen seien ohnehin final. Das wird seit Jahren offen kritisiert, schert die Herren in ihrem Elfenbeinturm aber herzlich wenig.

Die Regelhüter tun sich mit diesem Verhalten keinen Gefallen, denn verweigerte Kommunikation lässt Raum für Spekulationen. Oder gefallen sich die FIM-Stewards am Ende sogar in ihrer Position im Kreuzfeuer der Kritik?