Jack Miller krönte sich in Le Mans bei einem dramatischen und mit zahlreichen Wetterkapriolen gespickten MotoGP-Rennen zum zweiten Mal in Serie zum Grand-Prix-Sieger. Während des Rennens zweifelte Miller aber lange an seiner Strategie und dachte sogar über einen zweiten Bikewechsel nach.

Jack Miller erlebte in Le Mans auf den ersten Runden ein turbulentes Rennen. Zweimal übernahm er die Führung nur um sie jeweils wieder an eine Yamaha abzugeben. Als der Regen einsetzte kam auch noch Marc Marquez vorbei und er sammelte zudem einen Double-Long-Lap-Penalty für zu schnelles Fahren in der Boxengasse ein.

Trotz Strafe: Miller schneller als Quartararo

Dennoch war es Miller, der über weite Strecken das Rennen im Griff hatte und am Ende als Sieger über die Linie fuhr. Der Grund: Während die Konkurrenz Fehler beging oder ganz einfach die Regenreifen nicht so gut zum Arbeiten brachte, war Millers Ducati Desmosedici GP21 nach dem frühen Bikewechsel eine Macht für sich.

"Ich weiß nicht, warum ich bei solchen Bedingungen so gut bin. Ich pushe ziemlich hart, crashe aber auch relativ oft", versuchte Miller seine Pace zu erklären, "es macht mir nichts aus, wenn sich das Bike bewegt, denn ich das bis zu einem Punkt verstehen. Vielleicht liegt es ja an meinem Motocross-Hintergrund", rätselte der 26-Jährige.

Flag-to-Flag-Schlacht von Le Mans aus Sicht der MotoGP-Fahrer (09:20 Min.)

Selbst an den beiden Runden, an denen er seine Strafe absaß und in Kurve 6 die Extraschleife umfahren musste, verlor Miller kaum Zeit auf Fabio Quartararo. Nachdem er die Führung übernommen hatte, fuhr Miller dem Sieg entgegen. Auch Johan Zarco, der auf eine andere Reifenkombination gesetzt hatte und deshalb auf den letzten Runden aufholte, kam nicht mehr nah genug an den Ducati-Werkspiloten heran.

Millers Strategie-Dilemma: Zweiter Stopp?

Doch die größte Gefahr für Millers dritten Grand-Prix-Sieg ging von auf den letzten Runden von ihm selbst aus, wie er nach dem Rennen zugab. Der Spanien-Sieger grübelte nämlich über die Strategie nach und überlegte bei den zunehmend trockenen Bedingungen ein zweites Mal in der Boxengasse sein Motorrad zu tauschen.

"Es war mehr oder weniger trocken. Nur in Kurve 6 war es noch ein bisschen nass", beschreibt Miller die Streckenbedingungen auf der 4,185-Kilometer langen Strecke im letzten Renndrittel und gestand: "Ich habe überlegt, ob ich noch einmal stoppen soll."

Die Vorkehrungen dafür waren alle getroffen. Miller wusste, dass sein Bike einer Absprache mit dem Team zufolge, jederzeit an der Box wieder bereitstehen würde. Dazu kam noch, dass Johan Zarco zu diesem Zeitpunkt jede Runde ein bis zwei Sekunden von seiner Führung abnagte. Zeitweise sah es sogar danach aus, als ob Zarco noch vor Rennende in Schlagdistanz zu seinem Markenkollegen kommen könnte.

Doch am Ende vertraute Miller auf seine Regenreifen und verzichtete auf einen zusätzlichen Bikewechsel. "Sechs Runden vor Schluss war ich im Grenzbereich. Da dachte ich mir, ich kann es bis zum Ende mit den Wets durchziehen. Ich wusste nicht, ob jemand auf Slicks gewechselt hatte und ich wollte nicht der erste sein", so Miller.

Die richtige Entscheidung! Denn so stand Miller nichts mehr im Weg zu seinem zweiten Sieg mit Ducati, den er im Gegensatz zum Erfolg beim Großen Preis von Spanien standesgemäß mit einem Shoey zelebrierte.