In der MotoGP wechselt erneut die Führung in der Gesamtwertung. Fabio Quartararo holte in Portimao seinen zweiten Saisonsieg und setzte sich damit an die Spitze des Titelrennens. In einem von vielen prominenten Ausfällen geprägten Lauf behielt der französische Yamaha-Star kühlen Kopf und fuhr am Ende einen glasklaren Sieg ein. Der Grand Prix von Portugal in der Analyse.

Marc Marquez zu Tränen gerührt: Der Portugal-GP zusammengefasst: (11:14 Min.)

Startaufstellung & Reifenwahl

Schon am Samstag gab es nach dem Qualifying Aufregung, weil Francesco Bagnaia völlig regelkonform die Rundenzeit gestrichen wurde, die ihn auf Pole Position katapultiert hätte. Bei Maverick Vinales war der Ärger noch größer, da ihm gleich zwei Zeiten - eine schneller als Quartararo, die andere zwischen den Zeiten von Rins und Zarco - wegen einem umstrittenen Vergehen gegen die Track Limits aberkannt wurde. Das Duo musste daher statt aus der ersten Reihe von den Plätzen 11 und 12 ins Rennen gehen.

Reifenwahl im Portugal-GP:

Vorne - HintenFahrer
Hard-HardPetrucci
Medium-HardQuartararo, Morbidelli, Binder, Vinales, Lecuona, Oliveira, Rossi
Medium-MediumBagnaia, Mir, A.Espargaro, M.Marquez, A.Marquez, Bastianini, Nakagami, Marini, Savadori, Zarco, Rins, Miller, P.Espargaro

Ein Blick auf die Reifenwahl zeigt klare Tendenzen je Hersteller. Alle Yamaha setzten auf den Medium-Reifen vorne und die harte Mischung hinten. Während das Quartararo zum Sieg und Morbidelli zum besten Saisonergebnis führte, blieben Vinales und Rossi hinter den Erwartungen zurück. Auch KTM setzte geschlossen auf den harten Hinterreifen: Bei Petrucci in Kombination mit dem harten Vorderreifen, bei Binder, Oliveira und Lecuona mit dem Medium. Der Rest des Feldes war auf Medium-Medium unterwegs.

Ausgeglichene MotoGP

Ein Trend, der sich schon in Katar zeigte, fand in Portimao seine Fortsetzung: In der MotoGP bleibt im Jahr 2021 alles extrem ausgeglichen. Zwar waren die Zeitenabstände diesmal deutlich größer als bei den beiden Auftaktrennen (der Siebtplatzierte Marc Marquez wäre mit seinen 13,208 Sekunden Rückstand in Katar nur 14. bzw. 16. geworden). Aber dafür fanden sich in den Top-7 Fahrer von allen sechs Herstellern. Zudem waren zehn verschiedene Fahrer auf fünf unterschiedlichen Fabrikaten zu irgendeiner der 25 Runden schnellster Mann im Feld.

Schnellste Zeit je Runde:

FahrerHerstellerAnzahl Runden
Fabio QuartararoYamaha7Lap 2, 9, 11, 13, 16, 19, 21
Alex RinsSuzuki5Lap 10, 14-15, 17-18
Joan MirSuzuki2Lap 6, 8
Johann ZarcoDucati2Lap 1, 7
Aleix EspargaroAprilia2Lap 3, 20
Brad BinderKTM2Lap 22, 24
Francesco BagnaiaDucati2Lap 5, 12
Miguel OliveiraKTM1Lap 4
Franco MorbidelliYamaha1Lap 23
Enea BastianiniDucati1Lap 25

Fabio Quartararo fuhr mit sieben schnellsten Runden die meisten, Alex Rins war fünfmal der schnellste Mann im Feld, während auch Ducati (Zarco, Bagnaia & Bastianini) , KTM (Oliveira & Binder) und Aprilia (A.Espargaro) sowie Quartararos Markenkollege Morbidelli und Rins' Teamkollege Mir zu irgendeiner Runde am schnellsten waren.

Quartararos Pace: Nur einer hält mit

Fabio Quartararo hatte am Rennsonntag ein Problem: Er wurde in der ersten Runde regelrecht überrannt und passierte das erste Mal Start/Ziel nur auf Position sechs. Es dauerte bis zur fünften Runde, ehe er sich den zweiten Platz erobert hatte und Jagd auf Leader Alex Rins machen konnte. Zu diesem Zeitpunkt lag das Feld noch sehr eng beisammen: Nur 1,9 Sekunden trennten die Top-8.

Quartararo konnte hinter Rins seine Rundenzeiten konstant steigern und in Lap 9 mit 1:39,999 die erste Zeit unter 1:40 Minuten anschreiben. In diesem Umlauf übernahm er auch die Spitzenposition von seinem Suzuki-Rivalen. Der Abstand der Top-8 war zu diesem Zeitpunkt auf 3,1 Sekunden angewachsen.

An der Spitze angekommen, zündete Quartararo aber den Turbo, mit dem nur noch Rins mithalten konnte. Zwischen Lap 9 und 18 war mit einer Ausnahme (Bagnaia in Lap 12) stets entweder der französische Leader oder sein spanischer Verfolger der schnellste Mann im Feld. Binnen dieser zehn Runden hatte sich das Duo bereits um mehr als drei Sekunden von dem nachkommenden Trio bestehend aus Zarco, Mir und Bagnaia abgesetzt.

Zehnmal wurde die schnellste Rennrunde in diesem Zeitraum von Quartararo oder Rins verbessert, ehe die 1:39,450 Minuten des Suzuki-Fahrers auf Lap 18 bis zum Schluss Bestand hatten. Diese Zeit kommt Rins' letztem Angriff auf Quartararo gleich, denn im darauffolgenden Umlauf crashte der Spanier, nahm sich selbst seine Siegchancen und dem Publikum die Chance auf einen spannenden Zweikampf bis zur Zielflagge.

Quartararo reagierte prompt, als er über den Ausfall von Rins informiert wurde: Seine Rundenzeit sackte von 1:39,591 Minuten (Lap 19) auf 1:40,491 Minuten (Lap 20) ab, um sich nur noch noch in der 21. Runde ein letztes Mal unter die Marke von 1:40 zu begeben. Das Rennen war zum Zeitpunkt des Ausfalls von Rins gelaufen, auch wenn Quartararo in den letzten sieben Runden nur noch eine Zehntelsekunde auf den letztlich Zweitplatzierten Francesco Bagnaia herausfahren konnte.

Was wäre für Bagnaia drin gewesen?

Bei Ducati ärgerte man sich über die verlorene Pole Position vom Samstag. Von Platz 11 aus erwischte Bagnaia aber auch keinen guten Start. Er verbesserte seine Startposition nicht und konnte erst in der 5. Runde sein erstes Überholmanöver (gegen Luca Marini) setzen. Nach nur zwei Runden hatte er mit 1,779 Sekunden schon mehr als ein Drittel des Rückstands aufgerissen, den er am Ende des Rennens auf Quartararo hatte.

Bagnaia war zudem der einzige Fahrer, der kurzzeitig die schnellste Rennrunde hielt (Lap 12), als es zwischen Rins und Quartararo an der Spitze abging. Immerhin konnte er zwischen Lap 5 und Lap 20 insgesamt sieben Fahrer überholen: Luca Marini, Marc Marquez, Aleix Espargaro, Brad Binder, Franco Morbidelli, Joan Mir und Johann Zarco, der wenig später zu Boden ging. Die Pace des Ducati-Fahrers war ansehnlich, doch für den Kampf um den Sieg hätte er einen besseren Start erwischen müssen.

Wie schlug sich Marc Marquez?

Es war ein emotionales Comeback für den einstigen Dominator der MotoGP. Mit stehenden Ovationen begrüßte ihn seine Crew nach den vielleicht 25 härtesten Runden seines Lebens an der Box. Marquez selbst vergoss in den Interviews danach Tränen, durfte sich aber über ein gelungenes erstes Wochenende nach neun Monaten Rennpause freuen.

Denn als Siebter war er mit nur 13 Sekunden Rückstand auf die Siegerzeit bereits im ersten Rennen bester Honda-Fahrer. Und auch wenn der Portugal-GP für ihn schmerzhaft und anstrengend war, so ist bei einem Blick auf die Rundenzeiten kein klarer Abfall gegen Ende zu sehen. Zwei seiner 13 Sekunden Rückstand auf Quartararo bekam er erst in den letzten beiden Runden, als er bereits sechs Sekunden vor Bruder Alex lag und seinen Platz bereits fix hatte.

Wie die meisten Fahrer fuhr Marquez gegen Ende des zweiten Renndrittels seine schnellste Runde. In Lap 17 schrieb er eine 1:40,001 an. Von der dritten bis zur drittletzten Lap lagen seine Zeiten stets unter 1:41 Minuten - wie bei allen anderen Fahrern, die im Mittelfeld landeten. Somit konnte Marquez eine konstante Pace halten. Nun geht es für ihn darum, diese auch auf das Niveau der schnellsten Fahrer im Feld zu bekommen.

Fazit: Es bleibt spannend

Mit Fabio Quartararo gibt es zwar bereits nach dem dritten Rennen einen zweifachen Saisonsieger, zudem hat Yamaha alle drei GP-Events gewonnen. Doch von einer klaren Dominanz kann bislang noch keine Rede sein. Quartararo war am Sonntag in Portimao zwar der stärkste Mann, den Sieg fixieren konnte er aber erst durch einen Fehler von Alex Rins. Mit Francesco Bagnaia hatte zudem ein weiterer Fahrer eine ansehnliche Pace. Doch eine schlechte Grid-Position und ein schwacher Start machten seine Chancen früh zunichte.

Es wird in der MotoGP also weiterhin auf jeden kleinen Faktor ankommen, der über Sieg oder Niederlage entscheiden wird. Eines ist nach dem Rennen in Portimao aber auch klar: Für alle Konkurrenten von Marc Marquez wird es ein Wettlauf gegen die Zeit, bis der sechsfache MotoGP-Weltmeister wieder voll fit und siegfähig ist. Umso bitterer für alle, die unter den aktuellen Umständen Spitzenpositionen wegwerfen.