Am Donnerstag in Valencia wurde einer der größten MotoGP-Skandale der jüngeren Vergangenheit publik. Yamaha hat in der Saison 2020 teilweise nicht regelkonforme Motoren eingesetzt. Die Japaner kamen aber vergleichsweise glimpflich davon. Dem Hersteller wurden 50 Punkte abgezogen, dem Werksteam 20 und dem Petronas-Rennstall 37. Die Fahrerwertung blieb aber unberührt.

Ein Urteil, das im MotoGP-Paddock auf wenig Verständnis stößt. Vor allem aus dem Lager des Erzrivalen Honda kommt harte Kritik. Marc Marquez meldete sich bereits am Donnerstagabend per Twitter zu Wort. "Wie sich herausstellt, profitieren die Fahrer also nicht von technischen Vorteilen. Alter Schwede", schrieb der noch amtierende Weltmeister dort.

Am Freitag legte Bruder und Teamkollege Alex Marquez in seiner Medienrunde verbal noch einmal mächtig nach: "Die gestrichenen Punkte für die Konstrukteurs- und Team-Wertung sind ein Witz. In zwei Jahren weiß ohnehin niemand mehr, wer diese WM-Titel gewonnen hat. Dementsprechend interessiert das Yamaha auch nicht. Sie haben betrogen und deshalb ist diese Strafe meiner Meinung nach nicht fair gegenüber den anderen Herstellern, die sich an die Regeln gehalten haben. Man öffnet dadurch auch die Tür für weitere Vergehen, weil jetzt jeder weiß, wie die Strafe aussieht."

Yamaha-Piloten beteuern Unschuld

Die betroffenen Yamaha-Fahrer Fabio Quartararo, Maverick Vinales und Franco Morbidelli, die sich ja allesamt noch im MotoGP-Titelkampf befinden, beteuern nichts von dem Vergehen gewusst zu haben. Das nimmt ihnen Alex Marquez nicht ab. "Die Ausrede von wegen 'Ich habe nichts gewusst' lasse ich nicht gelten. Die Hersteller sind immer sehr offen und sagen dir genau, welchen Motor du benutzt. Du weißt alles und wirst ständig auf dem Laufenden gehalten", so der Rookie. Er unterstellt den Piloten sogar Anstiftung zum Betrug: "Ich glaube, dass die Fahrer auf die Veränderungen am Motor gedrängt haben, weil sie zu wenig Leistung hatten. So war Yamaha gezwungen, Dinge zu machen, die sie vielleicht machen wollten."

MotoGP-Talk: Verwirrspiel um Strafe für Yamaha (28:48 Min.)

Trotz dieser schweren Vorwürfe wird Honda keine härtere Strafe für Yamaha fordern. "Honda ist nicht in der Position, um Einspruch zu erheben. Das müssen die Hersteller machen, die um die Weltmeisterschaft kämpfen", sagt Alex Marquez. Das würde also Suzuki und Ducati betreffen, doch beide Hersteller erklärten am Freitag bereits, keinen Protest einlegen zu wollen.

MotoGP-WM-Rivalen zurückhaltend

Sowohl WM-Leader Joan Mir als auch Andrea Dovizioso (Platz fünf) und Alex Rins (P6) wurden am Freitag auf den Yamaha-Skandal angesprochen. Bei allen betroffenen Fahrern war ein gewisser Ärger zu spüren, das Trio gab sich aber diplomatisch. "Ich will meine Meinung dazu nicht kundtun. Was die jüngsten Entscheidungen der Stewards betrifft, ist bereits genug Polemik im Spiel", so Mir. "Das Urteil ist nicht meine Entscheidung und ich respektiere es. Was ich aber sagen möchte: Ich will diese Weltmeisterschaft auf der Strecke gewinnen und nicht durch solche Dinge. Ob es richtig ist, nur den Hersteller und nicht die Fahrer zu bestrafen, kann jeder für sich selbst beurteilen." Ganz ähnliche Worte fand Teamkollege Rins: "Es ist auf jeden Fall eine schwierige Situation. Die Entscheidung ist gefallen und wir müssen sie respektieren. Ich gewinne auf jeden Fall lieber auf der Strecke als durch Urteile außerhalb. Es gibt aber definitiv viele Probleme mit den Entscheidungen der Stewards und das nicht erst seit gestern."

Andrea Dovizioso hielt sich das Urteil betreffend zurück, ärgerte sich aber einmal mehr über seinen Noch-Arbeitgeber Ducati: "Es ist schon sehr eigenartig und ich verstehe es nicht wirklich. Ich will aber nicht zu viel dazu sagen, denn zuerst möchte ich einen besseren Einblick in den Fall bekommen. Von Ducati hat diesbezüglich bislang noch niemand mit mir gesprochen."