Als Valentino Rossi am vergangenen Donnerstag positiv auf Covid-19 getestet wurde und somit klar war, dass er beide MotoGP-Rennwochenenden in Aragon verpassen würde, kam sofort eine Frage auf: Wer ersetzt Rossi im Yamaha-Werksteam? Viele Namen schwirrten da herum, von Jorge Lorenzo bis Jonas Folger.

Allesamt spannende Piloten, die für einen interessanten Auftritt in der MotoGP sorgen hätten können. Am Sonntagmorgen gab es von Yamaha aber die ernüchternde Nachricht: Valentino Rossi wird nicht ersetzt, Maverick Vinales muss alleine die Kohlen für das Monster-Energy-Werksteam aus dem Feuer holen.

Um das überhaupt möglich zu machen, wandte Yamaha einen regeltechnischen Kniff an. Im Sportlichen Reglement der MotoGP ist nämlich festgeschrieben, dass ein Team einen Fahrer spätestens zehn Tage nach dessen Ausfall ersetzen muss. Rossis Corona-Erkrankung wurde am Donnerstag bekannt, somit wäre der zweite Rennsonntag in Aragon Stichtag gewesen. Yamaha kommunizierte seinen Ausfall aber erst am Freitag an die verantwortliche Team-Vereinigung IRTA, gewann einen Tag und darf so auch beim Teruel-GP mit nur einem Fahrer starten.

Yamaha pfeift auf Ersatz: Wieso?

Warum sträubt sich Yamaha aber überhaupt so gegen einen Ersatz für Rossi? Der Grund dafür könnten die Motorprobleme sein, die seit Saisonbeginn wie ein Damoklesschwert über dem MotoGP-Projekt der Japaner schweben. Bereits im ersten Rennen von Jerez rollte Valentino Rossi ja mit einem Defekt am Triebwerk aus, Maverick Vinales hatte schon zuvor in den Trainings Probleme. Eine Woche später erwischte es im zweiten Jerez-Rennen Franco Morbidelli.

MotoGP: Valentino Rossi 2021 bei Petronas Yamaha - die Details (09:53 Min.)

Yamaha begab sich daraufhin auf Ursachenforschung und fand die Schwachstelle in den Ventilen. Bei einigen der fünf erlaubten Motoren pro Fahrer 2020 wurden hier Probleme festgestellt, andere waren in Ordnung. Aufgrund der während der Saison verbotenen Motorenentwicklung konnte man bei Yamaha diesen Fehler aber nicht beheben. Ein Ansuchen auf eine Ausnahmeregelung wurde von der Konkurrenz abgelehnt, Rossi und Co. mussten mit ihren defektanfälligen Motoren leben.

Das gelang auch gut, nach Jerez gab es keine Motorschäden mehr bei Yamaha. Nun wird es bei Rossi aber dennoch verdammt eng. Das defekte Triebwerk aus dem ersten Jerez-GP wurde sofort aus dem Kontingent entfernt. Nach Le Mans wurde ein weiterer Motor zurückgezogen, womit Rossi nun nur noch drei Stück für die verbleibenden Rennen zur Verfügung hat - das aber auch nur sehr theoretisch. Denn von diesen drei Motoren kam einer nur in den ersten drei Freien Trainings der Saison zum Einsatz und seither nicht mehr. Diesem Exemplar traut man bei Yamaha also offensichtlich nicht mehr. Ein weiterer Motor gerät bereits stark ans Ende seiner Laufleistung: Er gab sein Debüt am zweiten Rennwochenende in Jerez und musste seither 24 Freie Trainings, vier Qualifying-Sessions, drei Warm-Ups und vier Rennen überstehen.

Weiß = ungebraucht, Gelb = in Verwendung, Rot = zurückgezogen, Foto: Dorna/Motorsport-Magazin.com
Weiß = ungebraucht, Gelb = in Verwendung, Rot = zurückgezogen, Foto: Dorna/Motorsport-Magazin.com

Lediglich der fünfte und letzte von Yamaha für Rossi eingereichte Motor ist noch in gutem Zustand. Er kam erst in Barcelona erstmals zum Einsatz und war seither in zwei Trainings, zwei Qualifyings, zwei Warm-Ups und einem Rennen in Verwendung. Die Tatsache, dass man mit diesem Triebwerk nun aber einen Großteil der beiden Valencia-Rennwochenenden und des Saisonfinales in Portimao bewältigen muss, sollte für Yamaha aber dennoch ein großer Grund zur Sorge sein.

Gut möglich also, dass man deshalb auf einen Ersatz in Aragon verzichtete. Dieser hätte schließlich Rossis Triebwerkskontingent mit einem oder sogar zwei weiteren Rennwochenenden belastet. Noch mehr Motorschäden für den ultimativen Superstar der MotoGP im Saisonfinish - das wäre für Yamaha ein PR-technischer Super-GAU.