Im MotoGP-Qualifying von Aragon war für Andrea Dovizioso schon in Q1 Endstation. Ausgerechnet Teamkollege Danilo Petrucci boxte ihn aus dem finalen Q2. Dabei profitierte er noch dazu vom Windschatten Dovizioso. Bei der Rückkehr an die Ducati-Box ließ dieser seine Wut über den Verlauf des Qualifyings und Startplatz 13 sofort raus. Seine Flüche waren in der TV-Übertragung zu hören, die Rennhandschuhe von 'Dovi' flogen durch die Box.

Mehr als zwei Stunden später stand Dovizioso schließlich der MotoGP-Presse Rede und Antwort, beruhigt hatte er sich auch dann noch nicht. Ungewohnt aufgebracht begann er seinen verbalen Angriff auf Petrucci: "Ich bin wütend, den es ist ein wirklich schwieriges Wochenende mit den kalten Temperaturen, den Reifen, bla bla bla. Wir sind aber ruhig geblieben, auch nach dem Sturz heute Morgen. Wir haben am Nachmittag gut gearbeitet und einen starken Speed gezeigt. Meine Pace mit gebrauchten Reifen in FP4 war wirklich gut. Ich bin also mit einem guten Gefühl ins Qualifying gegangen und habe auch eine ordentliche Rundenzeit erzielt. In Q2 hätte ich mich wohl noch einmal steigern können. Ich wollte in die ersten zwei Startreihen, aber daraus ist nichts geworden. Ich bin enttäuscht, weil Danilo meiner Meinung nach heute nicht richtig gehandelt hat. Er hatte nicht den Speed um vorne dabei zu sein, also ist er mir drei Mal gefolgt und hat seine beste Rundenzeit in meinem Windschatten erzielt. Wenn man bedenkt, welche Beziehung wir haben und dass ich der einzige Ducati-Fahrer bin, der um den Titel kämpft, ist das keine kluge Aktion. Deshalb war ich wütend."

Auf die Frage, ob er Hilfe von Petrucci benötigt hätte, reagierte Dovizioso verstimmt. "Das hab ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, dass er drei Mal seine Rundenzeiten hinter mir gefahren ist, weil er selbst nicht den Speed hatte. Ohne mich wäre er nicht so schnell gewesen. Er hat versucht, mit meinem Speed in Q2 zu kommen. Wenn ich der einzige Ducati-Fahrer im Titelkampf bin und wir so eine gute Beziehung haben, weil ich in den vergangenen zwei Jahren viel für ihn getan habe, ist das keine kluge Aktion. Um Hilfe habe ich aber nicht gefragt. Das ist ein Unterschied."

Eine weitere Nachfrage, weshalb Petrucci und er dann zu Beginn des Qualifyings gemeinsam auf die Strecke gingen, ließ Dovizioso gar nicht zu Ende kommen. "Wir haben uns zuvor nicht abgesprochen. Das ist einfach so passiert", erklärte der WM-Dritte. "Ich habe mit dem ersten Reifen gepusht und bin eine schnelle Runde gefahren. Dann habe ich Tempo rausgenommen und Danilo ebenfalls. Er ist weiterhin hinter mir geblieben und ich bin noch eine schnelle Runde gefahren. Das war okay und normal. Mit dem zweiten Reifen ist dann aber wieder das gleiche passiert. Darüber ärgere ich mich. Ich hätte keine Hilfe gebraucht."

Ein Bild aus besseren Tagen: Dovizioso und Petrucci in Le Mans 2019, Foto: Ducati
Ein Bild aus besseren Tagen: Dovizioso und Petrucci in Le Mans 2019, Foto: Ducati

Warum hatte man bei Ducati vor dem Qualifying keinen klaren Plan erstellt? "Ich glaube nicht, dass wir solche Absprachen brauchen. Es geht nicht darum, etwas besonderes zu tun, man muss einfach nur nachdenken. Ich bin meine Rundenzeiten gefahren und Danilo kann auch gute Runden fahren, wenn er das will. Aber nicht gegen mich und noch dazu, wenn er mir dabei folgt. Das ist einfach nur dumm, wenn wir an die Weltmeisterschaft denken. Da muss sich Ducati nicht einmischen. Es würde reichen, wenn man das Hirn beim Fahren einschaltet und nicht einfach drauflosfährt. Das hat auch nichts damit zu tun, dass wir mit Jahresende beide Ducati verlassen."

Andrea Dovizioso: Kein Interesse an Stallorder

Trotz mehrfachem Nachhaken will Dovizioso nichts von einer Stallorder bei Ducati hören: "Ich will nicht sagen, dass es schlecht ist, darüber nachzudenken. In der MotoGP ist es aber sehr unüblich, so etwas schon fünf Rennen vor Schluss zu sehen. Mein Problem ist aktuell aber der Speed, nicht die Strategie. Ich brauche keine Strategie von Ducati. Jeder Pilot soll so fahren, wie er das möchte. Ich habe nie um etwas derartiges gefragt. Auch nicht in der Vergangenheit mit dem Ducati-Fahrer den wir alle kennen - den spanischen Fahrer (gemeint ist natürlich Ex-Teamkollege Jorge Lorenzo, Anm.). So eine Art von Pilot bin ich nicht."

Jorge Lorenzo ignorierte im Finale 2017 Stallorder, Foto: Ducati
Jorge Lorenzo ignorierte im Finale 2017 Stallorder, Foto: Ducati

Die Teamführung bei Ducati hat jedenfalls kein Verständnis für Doviziosos Wutausbruch. "Im zweiten Run hat Danilo Dovi eingeholt, weil der schon eine Runde früher rausgegangen ist. Er war bereits in seiner schnellen Runde als ihm Danilo untergekommen ist. Der hat sich dann in seinen Windschatten gehängt, aber das war ein absoluter Zufall. Danilo ist ein Rennfahrer und nicht hier, um langsam zu fahren. Er ist hier, um sein Bestes zu geben."

Danilo Petrucci: Fahrer für mich selbst

Auch Petrucci selbst war sich keiner Schuld bewusst. "Wir hatten keine Abmachung, also habe ich einfach mein Bestes gegeben", so der Le-Mans-Sieger, der am Sonntag von Platz acht startet. "Natürlich habe ich Andrea als Referenz verwendet, den ich habe hier auf der langen Geraden fünf bis acht km/h verloren. Das bedeutet eine Menge Zeit, also habe ich einen Windschatten gebraucht. Es tut mir leid für Andrea, dass er den Einzug in Q2 verpasst hat. Wenn es nicht so gewesen wäre, müsste ich mir jetzt aber wieder die Fragen anhören, warum ich so langsam bin. Ich fahre in erster Linie für mich selbst und habe im Qualifying alle meine Waffen verwendet, weil ich mich von einer schlechten ersten Saisonhälfte erholen will. Da muss ich jede Chance nutzen."