Im Vergleich zu ihren Vierradkollegen müssen sich die Fahrer der MotoGP auf ihren Motorrädern mit sehr begrenzten Kommunikationsmöglichkeiten begnügen. Das Team kann über das Pitboard mit dem Piloten kommunizieren oder bestimmte Nachrichten auf das Dashboard schicken. Das Dashboard kann auch von der Rennleitung angewählt werden, hinzu kommen Flaggensignale rund um die Strecke.

Immer wieder kommt es aber zu Situationen, in denen die gewünschten Informationen nicht beim Fahrer ankommen. Vor allem im Rennstress kann das passieren. Nach den Zwischenfällen von Spielberg baten die MotoGP-Piloten in der Safety Commission, wo Vertreter von Promoter Dorna, Motorradweltverband FIM und Teamvereinigung IRTA den Ideen der Fahrer lauschen, deshalb um einen zusätzlichen Informationsfluss.

Ihre Idee: Eine Funkverbindung zur Rennleitung. "Die Fahrer haben uns darum gebeten", erklärt MotoGP-Sportdirektor Carlos Ezpeleta. "Wir haben so ein System schon in der Vergangenheit mit unterschiedlichen Fahrern getestet, aber sie empfanden es alle als störend. Die Technik hat sich seither aber deutlich weiterentwickelt, also haben wir uns zu einem weiteren Versuch entschlossen."

Als Versuchskaninchen wählte man Stefan Bradl, der sich am Freitag in Misano sofort bereit erklärte, das System zu testen. Sein erstes Feedback fiel positiv aus: "Wir sind natürlich mit diesem Projekt noch ganz am Anfang, aber es hat gut funktioniert. Ich habe einige Nachrichten bekommen und konnte die Stimme gut hören. Es hat mich auch nicht abgelenkt. Das kann ein großer Schritt sein, was die Sicherheit betrifft."

MotoGP-Funksystem noch verbesserungswürdig

Einige Dinge gibt es aber noch zu verbessern. Wie Bradl erklärte, sind die Piloten beim Fahren mit sehr unterschiedlichen Geräuschkulissen konfrontiert. Hinter dem Windschutz ist es vergleichsweise leise. Richtet sich der Fahrer beim Anbremsen auf, wird es gleich viel lauter im Helm. "Da müssen wir noch eine bessere Abschirmung finden", glaubt Bradl. Auch die Tatsache, dass sich Motorradfahrer im Vergleich zu ihren Kollegen im Auto viel mehr bewegen, stellt eine Schwierigkeit dar, verrät Sportdirektor Ezpeleta: "Das System muss in der Lederkombi verbaut und dann mit dem Helm verbunden werden. Das ist eine große Herausforderung. Ich glaube aber, dass wir mit der Zeit ein gutes System finden werden."

Die MotoGP vertraut noch auf traditionelle Flaggensignale, Foto: HRC
Die MotoGP vertraut noch auf traditionelle Flaggensignale, Foto: HRC

Am Dienstag gibt es in Misano einen offiziellen Testtag für die MotoGP, bei dem weitere Fahrer das System ausprobieren sollen. Vorerst soll die Kommunikation auf vorgefertigte Nachrichten der Rennleitung beschränkt sein. "Wenn Fahrer und Teams sich das wünschen, können wir es aber auch ausweiten, so dass die Teams mit ihren Piloten kommunizieren und vielleicht sogar die Fahrer an die Box zurückfunken können", so Ezpeleta.

Darüber hinaus arbeitet die MotoGP daran, zusätzlich zu den Flaggen sogenannte Light-Panels an den Strecken einzuführen. Dieses System ist in der Formel 1 bereits Standard und soll es den Fahrern ermöglichen, Warnungen leichter zu erkennen.

Meinungen aus dem MotoGP-Paddock

Die Idee des Funksystems war am Freitagnachmittag in den Medienrunden der MotoGP-Fahrer das bestimmende Thema. Die Meinungen darüber, wie man das System einsetzen solle, gingen dabei weit auseinander. Während sich einige Fahrer volle Kommunikation mit dem Kommandostand wünschen, wollen andere das System lediglich der Rennleitung für Gefahrensituationen bereitstellen. Hier ausgewählte Wortmeldungen aus dem Paddock:

Valentino Rossi: "Ich mag diese Idee. Ich bin manchmal auch im Rennauto unterwegs und dort hast du immer die Kommunikation mit der Box. Das wäre auch für die MotoGP ein großer Schritt nach vorne. Die Formel 1 ist der Top-Motorsport der Welt. Die Rennen sind zwar manchmal langweilig, aber das liegt nicht am Boxenfunk. Wir sind der Top-Level des Motorradsports und die Kommunikation mit dem Kommandostand würde unser Niveau weiter heben. Die DNA unseres Racings würde sich dadurch aber nicht verändern."

Pol Espargaro: "Wir Fahrer beschweren uns oft, dass wir Dinge wie Gelbe Flaggen nicht gut sehen können. Ein Funksystem wäre nun eine Lösung. Aber man müsste es schaffen, den Lärm unserer Motorräder zu filtern, um überhaupt etwas verstehen zu können. Kommunikation mit der Rennleitung in Sicherheitsfragen wäre sicher gut. Von Kommunikation mit dem Team halte ich allerdings nichts. Ich mag es, dass wir Fahrer selbst über Dinge wie Mappings entscheiden müssen. Wenn wir nun Boxenfunk einführen, dann kontrolliert der Kommandostand was auf dem Motorrad passiert. Am Ende würde das dann irgendwann bedeuten, dass sie uns auch sagen, was wir als Fahrer tun müssen. Es ginge weniger um den Fahrer, sondern nur noch um die Maschine. Das ist in der Formel 1 passiert und das gefällt mir nicht."

Maverick Vinales: "Wenn es uns nicht ablenkt, dann begrüße ich diese Lösung, denn oft ist es sehr schwierig, Gelbe Flaggen zu sehen. Für mich wäre es auch interessant zu hören, was die Fahrer unter ihrem Helm sprechen. Ich sage ziemlich viel, wenn ich jemanden überhole oder überholt werde. Ich bin gespannt auf den Test am Dienstag."

Fabio Quartararo: "Man kann sich gar nicht vorstellen, wie schwierig es ist, während des Rennfahrens zu sprechen. Wir bekommen ja schon Informationen auf unser Dashboard und ich würde es begrüßen, wenn diese Infos etwas klarer werden würden. Für mich macht es nur im Hinblick auf die Sicherheit Sinn, während der Rennen will ich mich nicht mit meiner Box unterhalten. Man muss in den Trainings selbst lernen, wann man welchen Knopf drücken muss. Wenn jemand mit dir mitten in einer Kurve redet, stelle ich mir das sehr schwierig vor."

Andrea Dovizioso: "ich denke nicht, dass wir es wie in der Formel 1 nutzen sollten. Unsere Situation ist eine andere, denn in einem F1-Boliden fühlt sich eine Gerade an, als würdest du gemütlich auf der Autobahn fahren. Bei uns ist das nicht der Fall. Klar hätten wir als Fahrer einen Vorteil, wenn wir mehr Informationen von unserem Team bekommen würden, aber jeder Fahrer reagiert auf dem Motorrad anders auf äußere Einflüsse und man müsste ein System finden, mit dem sich alle Piloten wohl fühlen. Das braucht auf jeden Fall einiges an Zeit."

Franco Morbidelli: "Es wäre ein Schritt in die Zukunft. In der Formel 1 finde ich es toll, dass man die Kommunikation mit der Box im TV mithören kann. Ich denke, es wäre auch super, wenn die Leute das in der MotoGP genießen könnten. Voraussetzung ist aber, dass uns das nicht zu sehr stört oder ablenkt."