Zu 99 Prozent fährt Valentino Rossi 2021 bei Petronas Yamaha in der MotoGP. Das hören wir mittlerweile seit Monaten von Fahrer, Team und Hersteller gleichermaßen. Doch das eine fehlende Prozent scheint einfach nicht zustande zukommen. Ursprünglich wollte sich Rossi ja nach acht oder neun Saisonrennen 2020 entscheiden. Im Mai hätte die MotoGP somit über die Zukunft ihres Superstars Bescheid gewusst. Doch dann kam die Corona-Pandemie und der Saisonstart verzögerte sich um mehr als vier Monate auf Mitte Juli. In der rennfreien Zeit war dann zu hören, Rossi wolle sich noch vor dem verspäteten Auftakt in Jerez entscheiden. Doch auch daraus wurde nichts.

Mittlerweile ist die zweite September-Woche angebrochen und es gibt immer noch keine Entscheidung. Am zweiten Rennwochenende in Spielberg erklärte Yamaha-Motorsportchef Lin Jarvis, dass es keine echten Stolpersteine gäbe, sich der Vertragsabschluss lediglich aufgrund rechtlicher Belange verzögere. Immerhin seien mit Fahrer, Team und Hersteller drei Parteien involviert, was den Prozess kompliziert mache.

So weit, so schlüssig. Dennoch befeuert der zumindest nach außen hin sichtbare Stillstand in den Verhandlungen zwischen Rossi, dem Petronas Sepang Racing Team und Yamaha die Gerüchteküche. Der 41-Jährige, der auch 2020 nicht die Pace für absolute Spitzenresultate hat, könnte es sich doch noch einmal anders überlegen, so die Spekulationen.

Aktuell sind sie genau das: Spekulationen. Gut möglich, dass wir schon in den kommenden zwei Wochen bei Rossis Heimrennen in Misano die offizielle Bestätigung des Deals erhalten. Sollte dem nicht der Fall sein, könnte sich allerdings wider Erwarten eine Tür für einen anderen großen Namen öffnen: Andrea Dovizioso.

MotoGP-Talk: Warum die WM ohne Marquez Kopf steht (01:00:34)

Seit sein Manager Simone Battistella vor knapp einem Monat in Spielberg die Trennung zwischen Ducati und Dovizioso mit Jahresende bekanntgab, ist es ruhig geworden um den Vizeweltmeister der vergangenen drei Jahre. Er wolle auch 2021 MotoGP fahren, betonte der 34-Jährige stets. Allerdings schien es für ihn kein interessantes Projekt im kommenden Jahr zu geben. Honda, Yamaha, Suzuki und KTM haben ihre Werksteams bereits besetzt. Im Honda-Kundenteam von LCR werden wohl Alex Marquez und Takaaki Nakagami fahren. Bei Aprilia könnte sich eine Chance ergeben, wenn Andrea Iannones Dopingsperre aufrecht bleibt. Doch der erfolglose italienische Hersteller ist weder sportlich noch finanziell das, was sich ein Mann vom Kaliber eines Andrea Dovizioso vorstellt.

Andrea Dovizioso: Der Mann für Petronas Yamaha?

Ein möglicher Rücktritt von Valentino Rossi könnte nun für 'Dovi' zur Rettungsboje werden. Das Team würde sich zweifelsohne glücklich schätzen, den talentierten und mit acht Jahren Werkserfahrung bei Ducati ausgestatteten Italiener auf einem seiner Motorräder zu haben. Dovizioso besitzt auch bereits Yamaha-Erfahrung, fuhr 2012 eine M1 bei Tech3 und wurde damit bärenstarker Vierter in der Weltmeisterschaft.

Kehrt Dovizioso zu Yamaha zurück?, Foto: Tech 3 Yamaha
Kehrt Dovizioso zu Yamaha zurück?, Foto: Tech 3 Yamaha

Dovizioso selbst hält sich vorerst bedeckt. "Ich bin einer der stärksten Fahrer in der MotoGP. Ich fühle mich gut und will in den kommenden Jahren weiterhin um WM-Titel kämpfen. Dazu braucht man in der MotoGP ein konkurrenzfähiges Paket", stellte er am vergangenen Wochenende bei einem Sponsor-Event fest. "Mit meiner Erfahrung und den Erfolgen in den vergangenen Jahren kann ich es mir leisten, auf dementsprechende Angebote zu warten."

Ob es ein derartiges von Petronas Yamaha überhaupt gibt, wissen freilich nur die involvierten Parteien. Gerüchte wie dieses sind stets mit Vorsicht zu genießen. Nicht selten werden sie bewusst von einer Seite gestreut, um die eigene Verhandlungsposition zu verbessern. Wenn etwa Yamaha oder das Petronas-Team die Entscheidung beschleunigen wollen, wäre es eine adäquate Strategie, Rossi mit einem vermeintlichen Konkurrenten unter Druck zu setzen.