Für KTM begann das zweite MotoGP-Wochenende in Jerez vielversprechend, doch der Renn-Sonntag hinterließ beim österreichischen Hersteller enttäuschte Hoffnungen. Am Freitag hatte Pol Espargaro noch vom "besten Tag seit Start des Projekts" gesprochen, doch am Ende kam der Katalane als einziger aus dem KTM-Quartett ins Ziel.

Mit Platz 7 war Espargaro nicht nur einen Rang schlechter klassiert als in der Vorwoche, sein Rückstand auf die Podestplätze wuchs zudem von einer Sekunde auf 13 Sekunden an. "Solche Dinge passieren, aber für uns ist das sehr schade", erklärte ein enttäuschter Teamchef Mike Leitner im Interview mit ServusTV. "Das hätte ein Riesenrennen werden können." Wie konnte KTM das Rennen so vergeigen?

Startunfall Binder vs. Oliveira

Im Qualifying hatte Tech3-Pilot Miguel Oliveira mit Rang 5 den besten MotoGP-Startplatz seiner Karriere erobert. Die Werkspiloten Brad Binder (9.) und Pol Espargaro (12.) hatten es ebenfalls in Q2 geschafft und standen daher auf aussichtsreichen Positionen. Doch bereits nach wenigen Metern krachte es zwischen Oliveira und Binder. "Wir haben in der ersten Kurve zwei starke Fahrer verloren", ärgerte sich Leitner.

Die Kollision katapultierte Oliveira aus dem Rennen und warf Binder auf den letzten Platz zurück. "Brad ging zu optimistisch in die erste Kurve", analysierte Oliveira nach dem Rennen in seiner Presserunde trocken. " Ihm ging der Platz aus und er hat mein Heck getroffen, was mich zu Fall gebracht hat. Für mich ist das sehr schlimm. Ich hatte eine gute Startposition, meine Pace war gut und es sind viele Fahrer ausgefallen. Das macht diesen Ausfall noch enttäuschender."

Nach dem Rennen kam Binder in Begleitung von Leitner an die Box von Oliveira, um sich zu entschuldigen und den Unfall zu erklären. Binder selbst führte Stunden später gegenüber den internationalen Medien aus: "Ich hatte meine Linie in die erste Kurve bereits geplant, als plötzlich ein roter Blitz innen durchkam - vielleicht war es Danilo. Ich musste aufmachen und bin dann prompt in Miguel gerast."

Eine Erklärung, die Oliveira nach dem Studium der TV-Bilder nicht ganz nachvollziehen konnte: " Seine Version ist, dass Danilo ihn geschnitten hat, aber das ist doch gar nicht passiert. Es gibt also wohl zwei Versionen dieser Geschichte. Letzten Endes war das aber normales Racing", wollte Oliveira keine Fehde gegen seinen nächstjährigen Teamkollegen anzetteln.

Lecuona mit Crash

Nach nur sechs Runden war das Rennen auch für Iker Lecuona zu Ende. Der Spanier flog auf Rang 14 liegend in der Schlusskurve ab. "Ich hatte gute Rundenzeiten, deshalb wollte ich auf die Fahrer vor mir aufholen", erklärte Lecuona. "Nach einem kleinen Fehler wollte ich noch mehr pushen, als ich irgendwann das Vorderrad verloren habe. Ich musste aber schon davor zwei bis drei Rutscher pro Runde abfangen." Der MotoGP-Rookie verließ Jerez somit mit zwei Ausfällen.

Binders zweiter Streich

Die letzte Kurve wurde sieben Runden später auch Binder zum endgültigen Verhängnis, den seine KTM per Highsider abwarf. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Südafrikaner vom letzten auf den 12. Platz nach vorne gekämpft und wir bereits in der Vorwoche fuhr er am Ende des Feldes die Rundenzeiten der Podestkandidaten.

"Ich musste mich nach meinem Ausflug in den Kies nicht mehr zurückhalten, weil ich mein Rennen ja schon in der ersten Kurve ruiniert hatte", analysierte Binder. "Ich konnte also voll durchziehen und irgendwann ist mir dann eben dieser Highsider unterlaufen." Trotz starker Pace in beiden Rennen, verlässt Binder Jerez mit lediglich drei Punkten in den beiden Rennen.

Ein Umstand, der ihn ärgert: "Ich habe großartig gearbeitet und hatte eine sehr gute Pace, aber ich habe es zweimal hintereinander versaut". Immerhin: Wie Oliveira und Lecuona blieb auch Binder bei seinem Abflug unverletzt.

Pol Espargaro körperlich am Limit

Körperlich am äußersten Limit war hingegen Pol Espargaro, der als einziger Fahrer die volle Renndistanz bestreiten musste. "Ab Mitte des Rennens hatte er Schwindelanfälle und beim Absteigen in der Box wäre er uns fast kollabiert", verriet Leitner. Rund zwei Stunden nach dem Zieleinlauf waren dem Katalanen die Anstrengungen in seiner Presserunde noch klar ins Gesicht geschrieben.

"Ich hatte heute zu Rennmitte das Gefühl, dass mich die enorme Hitze in die Knie zwingt", gab Espargaro offen zu. "Das war mit Sicherheit das anstrengendste Rennen in meinem gesamten Leben." Ab Mitte des Rennens konzentrierte sich Espargaro daher darauf, die KTM überhaupt ins Ziel zu bringen.

"Meinen entscheidenden Fehler habe ich schon im Qualifying begangen. Weil ich dort nur 12. Wurde, musste ich heute im ersten Teil des Rennens gegen Fahrer kämpfen, gegen die wir hier eigentlich nicht kämpfen sollten. Das hat alleine in den ersten Runden sicher fünf bis sechs Sekunden gekostet", so Espargaro. Im Gegensatz zum MotoGP-Rennen in der Vorwoche verlor er dadurch früh den Anschluss zur Podestgruppe und konnte diesmal nicht um die vordersten Plätze kämpfen.

Das Fazit

Nur eine von vier Maschinen im Ziel und diese deutlich weiter hinter den Top-3 als noch vor sieben Tagen. KTM hatte sich vom zweiten Jerez-Rennen mehr erwartet. Leitner versuchte sich dennoch in Optimismus: "Wir müssen aus diesem Wochenende das Positive mitnehmen: Wir haben zwei junge Fahrer die vorne mitmischen können und Pol ist Fünfter in der WM. Wenn uns das vor Saisonstart jemand angeboten hätte, hätten wir sofort unterschrieben. Aber natürlich wollten wir eigentlich mehr und sind heute nicht glücklich."

Auch Pol Espargaro versuchte, das Positive in einem enttäuschenden Ergebnis zu finden: "Bei dieser Hitze hatten viele Fahrer Motor-Probleme, wenn man sich da zum Beispiel Yamaha oder Ducati ansieht. Bei uns lief aber alles glatt, was zeigt, dass die MotoGP ein genialer Teamsport ist, bei dem viele Faktoren das Ergebnis bestimmen."

Immerhin: In der Konstrukteurs-Wertung liegt KTM nach den ersten beiden Rennen auf Platz 4 - vor Aprilia sowie Suzuki und punktegleich mit Honda. Somit kann der österreichische Hersteller in den kommenden Rennen auf den Ergebnissen von Jerez aufbauen. "Ich hoffe, dass das Motorrad auf anderen Strecken auch so gut funktioniert", sagte Oliveira. Verifizieren kann man diese Aussage in eineinhalb Wochen, wenn die MotoGP in Brünn antritt.