Die MotoGP nimmt eine Anpassung der Regelauslegung von Gelben Flaggen in Trainings und Qualifyings vor. Der eigentliche Regeltext wird zwar nicht verändert, doch bei einem Fahrer-Briefing am Donnerstagabend in Jerez wurden die MotoGP-Asse darüber informiert, wie die Stewards die bestehende Regelung künftig anwenden werden.

Wie wurde das MotoGP-Reglement bislang ausgelegt?

Zu unterscheiden ist grundsätzlich zwischen einfacher und doppelter Gelber Flagge. Die einfache Flagge zeigt einen Zwischenfall außerhalb der Strecke an (z.B. im Kiesbett) an, während eine doppelte Gelbe Flagge einen Zwischenfall signalisiert, der zumindest zu einem Teil auf dem Asphaltband stattfindet (z.B. wenn Teile des Motorrads auf der Strecke zum Erliegen kommen). Ob Gelb einfach oder doppelt geschwenkt wird, sagt nichts über die Gefahr eines Zwischenfalls aus, sondern lediglich über den exakten Ort.

Was auf Streckenabschnitten unter Gelber Flagge zu tun ist, steht im Punkt 1.22.2 des Sportlichen Reglements auf Seite 68 des aktuellen Regelwerks: "Die Fahrer müssen langsamer werden und sich vorbereiten, anzuhalten. Überholen ist bis zu jenem Punkt verboten, an dem Grüne Flaggen geschwenkt werden. Jeder Verstoß gegen diese Regel in einer Trainingssession (zu diesen zählt auch das Qualifying; Anm.) resultiert in einer Streichung der Rundenzeit jener Runde, in welcher der Verstoß geschah."

Bislang legten die FIM-Stewards diese Regel in der Praxis so aus, dass unter doppelter Gelber Flagge keine Verbesserung der eigenen Bestzeit der jeweiligen Session möglich ist. Wer in einer Runde, in der an irgendeiner Stelle doppelt Gelb geschwenkt wurde, Bestzeit erzielte, wurde mit einer Streichung selbiger bestraft. Unter einfach Gelb durfte man bislang zwar keinen Gegner überholen, eine Stelle mit einfacher Gelber Flagge war aber kein Grund für die Streichung einer Rundenzeit. Das steht zwar so nicht konkret im Reglement, wurde aber von den Regelhütern so ausgelegt.

Welche Regelauslegung gilt jetzt?

Ab den Freitags-Trainings in Jerez werden die Stewards jede Bestzeit streichen, die unter doppelter oder einfacher Gelber Flagge erzielt wurde. Der schwammig formulierte Regeltext lässt diese Interpretation zu. Somit weiß jeder Fahrer, der in einen Sektor unter Gelb einfährt, dass er in dieser Runde keine neue Bestzeit erzielen kann. Das soll für mehr Sicherheit für verunfallte Fahrer und das Streckenpersonal sorgen - besonders in den wichtigen Sessions FP3 und Qualifying.

Warum war diese Regeländerung nötig?

Am vergangenen Samstag kam es beim MotoGP-Auftakt in Jerez zu zwei strittigen Szenen: Zunächst nahm Marc Marquez im 3. Training unter einfachen Gelben Flaggen nach einem Sturz von Iker Lecuona Gas weg, weshalb sich der nachkommende Alex Rins blockiert gefühlt hatte. Zudem kam es im Qualifying zu einer weiteren Aktion von Rins, der an der gleichen Stelle verunfallte, an der kurz zuvor Jack Miller zu Boden gegangen war und noch im Kies stand, als Rins (unter einfach Gelb) abflog und den Australier nur um wenige Meter verpasste.

Warum kritisieren einige MotoGP-Fahrer diese Regelung?

Die neue Regelauslegung lässt leider Spielraum für unfaire Manöver. So könnte zum Beispiel ein Fahrer, der zu diesem Zeitpunkt auf Pole Position sitzt, in der letzten Runde eines Qualifyings einen Defekt vortäuschen und seine Maschine im Kiesbett abstellen. Da dies eine einfache Gelbe Flagge an dieser Stelle zur Folge hätte, würde jedem Gegner, der diese Stelle passiert, die Rundenzeit gestrichen. Zumindest so lange, bis das Motorrad von den Streckenposten entfernt wurde.

"Fahrer könnten nach ihrer fliegenden Runde das Motorrad abstellen. Dann gibt es gelbe Flaggen und andere Fahrer können sich nicht mehr verbessern", analysierte Rins am Donnerstag. Jack Miller pflichtete ihm bei: "Man sollte auf gesunden Menschenverstand vertrauen. Sofort die Rundenzeit zu streichen, halte ich für keine gute Idee, wenn man an einem Sturz problemlos vorbeifahren kann."

Verändert sich etwas in den MotoGP-Rennen?

Nein, da Gelbe Flaggen im Rennen im Regeltext ohnehin stets gesondert von jenen in den Trainings geregelt waren. Im Rennen gilt in Sektoren unter Gelber Flagge (egal ob doppelt oder einfach) nach wie vor ein Überholverbot, das aufgehoben ist, sobald eine Grüne Flagge am Streckenrand zu sehen ist.