Wie sieht der MotoGP-Rennkalender 2020 aus?

Aktuell umfasst der Terminplan 13 Rennwochenenden auf acht Strecken in fünf europäischen Ländern. Gestartet wird in Jerez, ehe es nach Brünn, Spielberg, Misano und Barcelona geht und die Saison schließlich in Le Mans, Aragon und Valencia zu Ende geführt wird. In Brünn, Barcelona und Le Mans steht nur ein Rennen auf dem Programm, an den fünf anderen Orten werden jeweils Doppel-Events an aufeinanderfolgenden Wochenenden gefahren.

Da die Grand-Prix-Prädikate stets einzigartig sein müssen, kommt es 2020 daher zu offiziellen Bezeichnungen wie "GP von Andalusien" (Jerez 2), "GP der Steiermark" (Spielberg 2), "GP der Emilia Romagna und der Riviera di Rimini" (Misano 2) oder "GP von Europa" (Valencia 1).

Zwischen dem Start in Jerez am 19. Juli und dem vermeintlichen Finale in Valencia am 15. November gibt es lediglich fünf rennfreie Wochenenden für die MotoGP-Asse und -Fans. 13 Rennen binnen 18 Wochen bedeutet eine Rekordbelastung für die Fahrer: In den letzten beiden Saisons standen nie mehr als 10 Rennen in einem Zeitraum von 18 Wochenenden auf dem Programm.

Die Saison könnte unter Umständen noch verlängert werden, denn drei Rennen (Thailand, Malaysia und Argentinien) wurden bislang noch nicht offiziell abgesagt und gelten nur als verschoben. Aufgrund der dortigen Wetterbedingungen wäre eine Austragung nach dem bisherigen Saisonende am 15. November kein Problem und so hofft die MotoGP auf das eine oder andere Rennen außerhalb Europas.

Spätestens am 13. Dezember ist aber Schluss. Darauf einigte sich die Dorna bereits mit den MotoGP-Herstellern und bereitete somit Spekulationen über eine Ausdehnung des Kalenders bis in das kommende Kalenderjahr ein Ende. Die Entscheidung über eine Verlängerung der Saison über Valencia hinaus fällt bis spätestens 31. Juli. Auch darauf einigte sich die Dorna mit den Teams.

MotoGP im Corona-Modus: So läuft die Saison 2020 (14:30 Min.)

Sind Fans bei den MotoGP-Rennen zugelassen?

Vorerst nicht. Der Stadtrat von Jerez wandte sich zwar mit der Bitte nach einer Öffnung für Zuschauer an die Dorna und die andalusische Regionalregierung, doch Ende Juni erteilte man den Plänen eine offizielle Absage. Auch Barcelona hat bereits erklärt, das Rennen in jedem Fall vor leeren Rängen durchzuführen.

Andere Strecken machen sich hingegen noch Hoffnungen auf Fans an der Strecke: So etwa Le Mans, wo man auch beim legendären 24-Stunden-Rennen im September mit Zuschauern (wenn auch in geringerer Kapazität) plant. Generell sind die Veranstalter bei ihren Vorhaben von den jeweiligen Regelungen der Regional- oder Nationalregierungen abhängig. Die Dorna hat somit nur bedingt Einfluss darauf, ob es 2020 noch Rennen mit Fans vor Ort geben wird.

Was wird sich im Fahrerlager verändern?

Die Zeiten von prall gefüllten Paddocks, pompösen Hospitalities und einer langen Schlange von Autogrammjägern hinter den Boxen der populärsten Fahrer sind vorerst vorbei. Die Dorna hat eine Obergrenze von 1.300 Personen für den Zutritt zum Fahrerlager gesetzt. Somit bleibt neben den 101 Fahrern (inkl. MotoE) samt deren Mechaniker-Crews und Teamführung sowie den Offiziellen (Rennleitung, Stewards, Security, etc.) kaum noch Platz.

Medienvertreter müssen deshalb ebenso draußen bleiben wie Marketing-Mitarbeiter der Hersteller oder das gesamte Personal der Hospitalities. Das Fahrerlager wird an den Rennwochenenden eher den spartanischen Charakter von Testfahrten haben: Boxen, Trucks, kleine Zelte für die Verpflegung der Teammitglieder.

Hat die Corona-Krise Auswirkungen auf das Reglement?

Ja! Die Hersteller einigten sich auf das Einfrieren der Motoren-Entwicklung und der Aerodynamik um Kosten zu sparen. Konkret heißt das: Honda, Yamaha, Ducati und Suzuki müssen ihre bereits für Katar homologierten Motorräder nicht nur 2020, sondern auch 2021 einsetzen. Erst in der kommenden Saison ist ein Aero-Update pro Fahrer wieder erlaubt, der Motor darf bis Saisonende 2021 nicht verändert werden.

Verschärfte Regeln gelten auch für Aprilia und KTM, die bislang Zugeständnisse über den "Concessions-Paragrafen" (Punkt 2.4.2 des Technischen Reglements) erhielten. Für 2020 unterliegen auch diese beiden Werke dem Engine-Freeze, mussten ihre finalen Motor-Varianten aber erst per 29. Juni homologieren. Das Aero-Update-Verbot gilt für Aprilia und KTM ebenfalls, erst 2021 bekommt man sämtliche Zugeständnisse wieder.

Für 2020 ausgesetzt sind auch Wildcard-Einsätze. Das soll den Teams einerseits Geld sparen, andererseits auch die Zahl der Personen im Paddock weiter reduzieren. Darüber hinaus wurde die Anzahl der einsetzbaren Motoren an die neue verringerte Kalendergröße angepasst. In den 13 Rennen dürfen fünf (bzw. sieben von KTM und Aprilia) Motoren verbraucht werden. Wird der Kalender noch erweitert, könnte das Kontingent noch erhöht werden.

Wie rüstet man sich gegen eine Verbreitung des Corona-Virus?

Zum Nadelöhr wird der Saisonstart in Jerez, denn dort reisen Personen von allen Kontinenten an. Deshalb wird in den Tagen vor dem ersten Rennen am ausgiebigsten getestet, um Träger des Virus sofort zu identifizieren und zu isolieren. Zum Vergleich: Die Formel 1 führte bei ihrem Saisonauftakt in Spielberg rund 5.000 Tests durch. Im Paddock wird ein eigener Bereich für die Testungen und Personen mit Symptomen eingerichtet.

Große Gruppenbildungen sollen vermieden werden, selbst die Boxen aller Zwei-Mann-Teams werden durch eine Trennwand geteilt, um Kontakte außerhalb der eigenen Crew zu minimieren. Für die Teams gibt es während der Rennwochenenden nur das Hotel und das Fahrerlager. Gemütliche Abende in den lokalen Gaststätten gehören vorerst der Vergangenheit an.

Das genaue Protokoll ist streng geheim, weshalb auch unsere Versuche, an Details zu gelangen, bislang im Sand verliefen. Kalex-Boss Alex Baumgärtel wollte nur soviel verraten: "Das Paddock wird zu Fort Knox. Könnte sein, dass man sich dort schon fast wie im Knast fühlt", gestand er im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com

Was passiert bei einem positiven Corona-Test?

Bei einem positiven Test wird die entsprechende Person sofort in ein Krankenhaus oder das jeweilige Hotel überstellt, um dort eine Quarantäne anzutreten. Verheerend wäre ein derartiges Ergebnis vor allem für die Fahrer, die aufgrund des dichten Kalenders zwei bis drei Rennen verpassen würden. MotoGP-Chefmediziner Dr. Charte stellte allerdings bereits klar: "Wegen zwei oder drei positiver Tests wird die WM nicht gestoppt werden." So könnte das Coronavirus letztlich sogar die WM-Entscheidung beeinflussen.

Was darf man von der MotoGP-Berichterstattung erwarten?

Diese wird erheblich eingeschränkt sein. Vertreter von Online- und Printmedien sowie Radiostationen bekommen keinen Zugang, lediglich eine Handvoll - zuvor von der Dorna selektierter - Fotografen wird zu den Events kommen dürfen. Darunter befindet sich in Jerez lediglich ein einzelner Vertreter aus dem deutschsprachigen Raum.

Selbst die TV-Stationen, die sich die Übertragungsrechte Millionen von Euro kosten lassen, müssen ihre Teams abspecken. So wird ServusTV zu Saisonbeginn lediglich mit Moderatorin Andrea Schlager sowie einem wechselnden Experten (Gustl Auinger bzw. Stefan Bradl) vor Ort sein. Das Kommentatoren-Duo Christian Brugger/Alex Hofmann bleibt im heimischen Studio.

Auch Motorsport-Magazin.com kann euch durch den Ausschluss der Medien nicht wie gewohnt direkt von der Strecke informieren. Wir werden euch dennoch bestmöglich auf dem Laufenden halten, allen Livestreams folgen und unsere Kontakte in das Fahrerlager spielen lassen. In gewohnter Manier verpasst ihr in unserem Live-Ticker keine wichtige News von den Rennwochenenden.