Die MotoGP-Saison 2020 scheint nach langer Verzögerung nun doch noch zu starten. Wenn es soweit ist, werden es aber keine gewöhnlichen Rennen werden, soviel steht fest. Suzuki-Teammanager Davide Brivio gab bei einer Online-Pressekonferenz, an der auch Motorsport-Magazin.com teilnahm, einen Ausblick darauf, was Fahrer, Teams und alle anderen Anwesenden im Fahrerlager bei den ersten Rennen erwarten wird.

Viele MotoGP-Piloten erwähnen immer wieder, dass die Mitglieder ihrer Teams fast so etwas wie ihre zweite Familie werden. Laut Brivio wird man innerhalb der einzelnen MotoGP-Teams während der ersten Rennen des Jahres noch mehr zusammenwachsen als bei einer gewöhnlichen Saison. "Wir werden wohl alle soweit zusammenbleiben müssen, wie es geht", sagte der Italiener und bezieht sich dabei auf die kompletten Mitglieder eines jeden MotoGP-Teams.

"Das Team wird so etwas wie eine Familie werden", so Brivio weiter und erläutert daraufhin diesen Gedanken: "Es ist praktisch so wie jetzt, wo wir alle im Lockdown mit unserer eigenen Familie sind. So wird es dann auch sein, wie Kontakt mit der eigenen Familie zu haben."

Auch einen Rahmen für den Ablauf der ersten MotoGP-Rennwochenenden des Jahres hat Brivio schon im Kopf. Zuerst einmal kommt es darauf an, ob die Teammitglieder selbst aus Europa kommen oder aus Übersee eingeflogen werden müssen. Ersteres stellt dabei laut Brivio kein allzu großes Problem dar. "Wenn man aus Europa kommt und aufgrund einer Arbeitstätigkeit nach Spanien einreisen muss, sollte das keine Rolle spielen. Man kann ohne Quarantänezeit einreisen, wenn man selbst aus Europa kommt."

Für einige Teammitglieder, vor allem für die japanischen Ingenieure mancher Teams, wird es aber schon etwas komplizierter: "Wenn man von außerhalb Europas einreist, muss man im Moment erst zwei Wochen in Quarantäne bleiben, bevor man an die Strecke darf", so Brivio. Das würde bedeuten, dass die Teammitglieder aus Übersee zwei Wochen vor dem vermutlich erste Rennen in Jerez in Spanien ankommen, im Hotel die Quarantäne überstehen müssen und erst dann an die Strecke dürfen. Das alles natürlich unter der Voraussetzung, dass die Corona-Tests negativ ausfallen.

Teamwork wird in der MotoGP groß geschrieben, Foto: LAT Images
Teamwork wird in der MotoGP groß geschrieben, Foto: LAT Images

Und auch während des Rennwochenendes wird es eine Menge Restriktionen für die Anwesenden im Paddock geben. Smalltalk mit Kollegen oder Bekannten aus anderen Teams oder gar mit Fans wird es nicht geben, da ist sich Brivio sicher. "Wir werden unsere Kontakte einschränken müssen. Chats mit anderen Team wird es in diesem Jahr nicht geben", so der Italiener und gibt weiter einen Einblick, wie er sich den Ablauf eines Tages unter Quarantäne-Bedingungen vorstellt: "Wir arbeiten in der Garage, dort essen wir dann alle zusammen auch unsere Mahlzeiten. Abends fahren wir gemeinsam zurück ins Hotel und am nächsten Tag geht es dann wieder von vorne los."

Aber auch die Arbeit in der Box wird sich im Sinne von Social Distancing alles andere als einfach gestalten. Immerhin arbeiten mehrere Mechaniker gleichzeitig an den Bikes von Alex Rins und Co. Daran kann auch Corona nichts ändern. "Es ist schwierig, die Mechaniker in einem Abstand von zwei Metern zusammenarbeiten zu lassen oder Fahrer und Ingenieure zwei Meter voneinander entfernt Debriefs abhalten zu lassen", sorgt sich Brivio. "Ich kann zwei Meter von ihnen wegbleiben und ihnen zurufen, wenn ich etwas will. Aber am Bike müssen die Mechaniker gemeinsam arbeiten und das Motorrad ist nicht groß genug, um zwei Meter Abstand zueinander zu halten. Sie können einfach nicht weit voneinander entfernt bleiben. "

Um solche offenen Fragen noch vor dem ersten Rennwochenende, das voraussichtlich im Juli stattfinden wird, zu klären, warten die Teams nun auf eine Reaktion der Dorna. Wie Brivio verriet, will der MotoGP-Promoter ein medizinisches Protokoll an alle Beteiligten aushändigen, in denen alle Vorgänge erklärt werden. "Danach werden wir dann unsere Jobs anpassen", erklärt Suzukis Teammanager.

Aber auch mit allen möglichen Sicherheitsvorkehrungen bleibt der MotoGP-Saisonstart im Sommer 2020 ein Risiko. Das ist laut Brivio aber unvermeidbar. "Es ist unmöglich, dabei kein Risiko einzugehen", glaubt der Italiener. "Wenn wir keine Risiken haben wollen, müssen wir alle im Lockdown bleiben, bis es ein Gegenmittel gibt. Das heißt, wir könnten alle erst Ende 2021 wieder unsere Häuser verlassen." So lange wird es aller Voraussicht nach nicht dauern, bis es wieder MotoGP-Action zu sehen gibt.