Maverick Vinales bleibt bei Yamaha. Fabio Quartararo bleibt bei Yamaha. Valentino Rossi bleibt - wenn er seine Karriere fortsetzt - bei Yamaha. Alex Rins bleibt bei Suzuki. Joan Mir bleibt bei Suzuki. Marc Marquez bleibt bei Honda - und das gleich für vier weitere Jahre. Die mit Spannung erwartete MotoGP-Transfersaison 2020 war bislang eine einzige Enttäuschung.

Mit Ausnahme von Tito Rabat hatte ja zunächst kein Fahrer einen MotoGP-Vertrag für nächstes Jahr in der Tasche, der eine oder andere Hammertransfer schien daher so gut wie sicher. Noch ist das nicht passiert, aber nun machen erste Gerüchte die Runde, welche eine oder sogar mehrere Transferbomben suggerieren. Motorsport-Magazin.com ordnet die Spekulationen ein:

Andrea Dovizioso von Ducati zu KTM?

Kein Fahrer hat mehr MotoGP-Rennen für Ducati bestreiten und nur Casey Stoner mehr davon gewonnen als Andrea Dovizioso. Der Vizeweltmeister der letzten drei Saisons ist mittlerweile eine echte Ikone in Borgo Panigale. Nach acht Saisons in Rot kann man sich Dovizioso kaum mehr auf einem anderen Motorrad als der Ducati Desmosedici GP vorstellen. Und doch ist, wie das eben auch in den besten und längsten Beziehungen passiert, aktuell nicht alles eitel Wonne zwischen Dovizioso und Ducati.

Seit dessen Ankunft bei der italienischen Kultmarke im Jahr 2013 hat man gemeinsam beeindruckende Fortschritte gemacht. Von Nachzüglern wurden Ducati und Dovizioso zu permanenten Titelanwärtern. Bei allen Verbesserungen blieben altbekannte Probleme wie mangelndes Turning des Motorrads aber weiterhin bestehen. Ein Stillstand, für den auch der unglaublich geduldige Dovizioso mittlerweile kein Verständnis mehr hat. Dem angestauten Frust machte er im Vorjahr mehrmals öffentlich Luft. Dass das Verhältnis zwischen ihm und Ducatis MotoGP-Mastermind Gigi Dall'Igna massiv darunter gelitten hat, ist im Fahrerlager ein offenes Geheimnis.

Dovizioso und Dall'Igna sind nicht immer einer Meinung, Foto: Ducati
Dovizioso und Dall'Igna sind nicht immer einer Meinung, Foto: Ducati

Noch dazu soll es in ersten Gesprächen über eine Vertragsverlängerung beachtliche Differenzen bezüglich Doviziosos zukünftigem Gehalt gegeben haben. Sein Manager Simone Battistella stellte daraufhin klar, dass es hier nicht vorrangig um Geld, sondern in erster Linie um Wertschätzung für den zweiterfolgreichsten MotoGP-Fahrer der letzten Jahre gehe. Und Battistella legte öffentlich nach. "Ducati braucht Andrea mehr als Andrea Ducati braucht", sagte er der 'As'.

Nun soll es laut 'Sky Italia' ein lukratives Angebot für Dovizioso aus dem Hause KTM geben, finanziert durch den gemeinsamen Sponsor von Fahrer und Team: Red Bull. All das deutet nicht unbedingt auf eine weitere Zusammenarbeit zwischen Dovizioso und Ducati nach 2020 hin. Und doch ist genau das die wahrscheinlichste Variante. Denn die Gerüchte aus Italien stehen auf wackligen Beinen. Nicht jede Story, die im MotoGP-Paddock die Runde macht, hat tatsächlich wahre Wurzeln. Oftmals wird dieser Tratsch ganz bewusst ins Rollen gebracht. Etwa von Managern, die den Marktwert ihrer Fahrer nach oben treiben wollen.

Battistella (links hinten) ist einer der raffiniertesten MotoGP-Manager, Foto: LAT Images
Battistella (links hinten) ist einer der raffiniertesten MotoGP-Manager, Foto: LAT Images

Genau dieser Verdacht liegt hier nahe. Denn Dovizioso weiß, dass er eigentlich keine Alternative zu Ducati hat, will er doch noch MotoGP-Weltmeister werden. Yamaha und Suzuki haben ihre Fahrerpaarungen bereits geschnürt. Ein Wechsel zu Honda scheint ausgeschlossen (siehe weiter unten). KTM und Aprilia sind noch nicht reif für einen Titel und dass sich Dovizioso mit seinen jetzt bereits 34 Jahren noch einmal in eine jahrelange Entwicklungsschlacht wirft, ist ebenfalls schwer zu glauben. Außerdem würde sich eine Verpflichtung Doviziosos mit der Philosophie von KTMs MotoGP-Projekt beißen. Dort ist man seit dem Debakel mit Johann Zarco endgültig davon abgekommen, große Namen einzukaufen. Stattdessen setzt man auf den eigenen Nachwuchs aus den kleineren Klassen, wie die Aufstiege von Miguel Oliveira, Brad Binder und Iker Lecuona beweisen.

Wahrscheinlichstes Szenario damit: Dovizioso bleibt für zwei weitere Jahre bei Ducati und wagt einen letzten großen Angriff auf die MotoGP-Krone. Finanziell wird er dabei Einbußen hinnehmen müssen, doch das wird alle anderen Fahrer ohne bereits geschlossene Verträge in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit gleichermaßen treffen.

Bereits vergebene MotoGP-Plätze für 2021:

TeamFahrerVertrag bis
Repsol HondaMarc Marquez2024
Monster Energy YamahaFabio Quartararo2022
Maverick Vinales2022
Team Suzuki EcstarAlex Rins2022
Joan Mir2022
Avintia DucatiTito Rabat2021

Pol Espargaro zu Repsol Honda?

Was Andrea Dovizioso für Ducati ist, ist Pol Espargaro mit leichten Abstrichen für KTM. Seit der ersten MotoGP-Saison der Österreich im Jahr 2017 ist Espargaro der führende Pilot des Projekts und fuhr als bislang einziger Fahrer auf der RC16 regelmäßig starke Ergebnisse ein. Er ist glücklich bei KTM und KTM ist glücklich mit ihm.

Dennoch ranken sich seit geraumer Zeit auch um Espargaro Wechselgerüchte. Honda sei daran interessiert, ihn ins Repsol-Werksteam an die Seite von Marc Marquez zu holen. Teamchef Alberto Puig befeuerte die Spekulationen zuletzt sogar noch. "Ich denke, dass Pol auf einer Honda sehr schnell wäre", so Puig.

Könnte sich Espargaro nach vier gemeinsamen Saisons Ende des Jahres also von KTM verabschieden? Eher nicht. Ja, Alex Marquez verfügt bei Repsol Honda nur über einen Vertrag für 2020. Der zweite Platz neben Superstar Marc Marquez wäre also theoretisch für die nächste Saison zu haben. Es ist aber schwer zu glauben, dass Honda nach nur einer Saison, die noch dazu massiv verkürzt sein wird, Alex Marquez wieder vor die Tür setzt. Egal wie sich der amtierende Moto2-Weltmeister schlägt, mehr als zehn oder zwölf MotoGP-Rennen Bewährungszeit wird man einem Rookie wohl schon geben. Somit ist Repsol Honda wohl bis Ende 2021 belegt. Für Espargaro, Dovizioso und alle anderen Fahrer, die nicht den Nachnamen Marquez tragen.

Pol Espargaro ist mittlerweile ein oranges Urgestein, Foto: LAT Images
Pol Espargaro ist mittlerweile ein oranges Urgestein, Foto: LAT Images

Davon abgesehen ist es fraglich, ob Espargaro überhaupt Interesse an einem Wechsel hat. "Honda ist eine Option, die gut für mich sein könnte. Es ist ein aggressives Motorrad, was meinem Fahrstil entgegenkommt. Ich fühle mich bei KTM aber sehr wohl und das ist meine erste Wahl. Ich sehe hier meine Zukunft", sagt der 28-Jährige.

Tatsächlich kann Espargaro mit KTM Großes erreichen. In Valencia 2018 sorgte er bereits für die erste MotoGP-Podiumsplatzierung der Österreicher und könnte es früher oder später auch als ihr erster Rennsieger in die Geschichtsbücher der Königsklasse schaffen. Außerdem: So reizvoll ein Wechsel zu Repsol Honda - dem erfolgreichsten Team der MotoGP-Geschichte - für jeden Fahrer auch ist, so furchteinflößend ist gleichzeitig der Gedanke, Teamkollege von Marc Marquez zu sein. Auch wenn es keiner seiner Rivalen jemals zugeben würde: Gegen den Dominator der letzten Jahre mit denselben Waffen anzutreten, kann ganz schnell in einem Debakel enden. Ein Abschied Espargaros von KTM scheint also sehr unwahrscheinlich, wenn man alle oben genannten Faktoren berücksichtigt.

Was tut sich noch am MotoGP-Transfermarkt für 2021?

Steht das Transferkarussell in der MotoGP also doch völlig still? Mitnichten. Vor allem im Ducati-Lager könnte sich einiges tun, selbst wenn Andrea Dovizioso sich zu einer Verlängerung seines Vertrages im Werksteam entschließt. Denn Danilo Petrucci lieferte im Vorjahr nach einer vielversprechenden und vom Mugello-Sieg gekrönten ersten Saisonhalbzeit eine schwache zweite Jahreshälfte ab. In den letzten zwölf Grands Prix stand er kein einziges Mal auf dem Podium.

Muss sich Petrucci bald von Ducati verabschieden?, Foto: Ducati
Muss sich Petrucci bald von Ducati verabschieden?, Foto: Ducati

Kann er 2021 nicht kräftig zulegen, wird er seinen Platz verlieren. Denn bei Ducati will man zwei schlagkräftige Fahrer im Werksteam platzieren. Viele große Namen, an denen man in Borgo Panigale teilweise auch großes Interesse hatte, haben bereits bei anderen Herstellern unterschrieben: Maverick Vinales, Fabio Quartararo, Alex Rins.

Ducati wird einen möglichen Petrucci-Nachfolger wohl oder übel aus dem eigenen Fahrer-Pool rekrutieren müssen. Da darf sich vor allem Pramac-Mann Jack Miller große Hoffnungen machen. Der Australier wurde gegen Ende der Saison 2019 zum Stammgast bei den MotoGP-Siegerehrungen. Setzt sich der Trend aus dem Vorjahr fort, wird er 2021 Ducati-Factory-Pilot sein. Daran besteht kaum ein Zweifel.

Einen Nebenbuhler um diesen Platz könnte er nun aber in Form von Johann Zarco erhalten. Nach seinem desaströsen Gastspiel bei KTM und drei Rennen als Nakagami-Ersatz bei LCR Honda ist er nun beim dritten Ducati-Team Avintia Racing gelandet. Wie konkurrenzfähig Zarco auf der Desmosedici GP ist, lässt sich noch schwer abschätzen. Er verpasste aufgrund vertraglicher Schwierigkeiten die November-Tests in Valencia und Jerez, fuhr also nur die sechs Tage in Sepang und Katar. Dort überraschte er an Tag zwei in Losail mit dem starken sechsten Rang.

Zarco will bei Avintia den Neustart schaffen, Foto: LAT Images
Zarco will bei Avintia den Neustart schaffen, Foto: LAT Images

Fest steht: Avintia verfügt 2020 über besseres Material und mehr Unterstützung vom Werk, als das in der Vergangenheit der Fall war. Zarco und Teamkollege Tito Rabat erhalten ein Upgrade von zwei Jahre alten Maschinen auf Vorjahresmodelle. Sie sitzen also auf der GP19, mit der Dovizioso und Petrucci immerhin drei Rennen gewannen. Wenn sich Zarco mit dem Motorrad schnell anfreundet, könnte sich ein spannender Fight zwischen ihm und Miller um den Platz im Werksteam entwickeln.