Die Motorrad-Weltmeisterschaft steckt in einer der schwersten Krisen ihrer über 70-jährigen Geschichte. Das Coronavirus sorgt nicht nur dafür, dass sich die MotoGP-Saison 2020 massiv verzögert und vielleicht sogar komplett ausfallen könnte. Die wirtschaftlichen Folgeschäden könnten einzelne Teams oder Hersteller zu einem Ausstieg bewegen, wie das etwa in der großen Finanzkrise ab 2007 der Fall war.

Deshalb versucht man nun alles, um die Kosten für ein MotoGP-Engagement möglichst niedrig zu halten und Teams sowie Herstellern einen Verbleib in der Königsklasse schmackhaft zu machen. Ein erster Schritt wurde nun bereits getätigt. Aerodynamikpaket und Motor werden bis zum Ende der Saison 2021 eingefroren, wie Herve Poncharal, Präsident der Teamvereinigung IRTA und Tech3-Teamchef, gegenüber 'Crash.net' verriet. Das haben Promoter Dorna, Herstellerbund MSMA, Motorradweltverband FIM und die IRTA einstimmig beschlossen.

MotoGP - Wie geht es nach Corona weiter? (33:52 Min.)

Freie Entwicklung gibt es damit nur noch im Bereich des Rahmens und der Elektronik. Im Großen und Ganzen wird die Saison 2021 also mit den Maschinen zu Ende gehen, welche die Hersteller Ende März auf digitalem Weg homologieren ließen. Dieser Homologierungsprozess findet normalerweise ja am Donnerstag vor dem Saisonstart direkt an der Rennstrecke statt, was in diesem Jahr allerdings nicht möglich war.

Im Detail bedeutet der Entwicklungsstopp, dass die Saisons 2020 und 2021 praktisch als eine Saison gesehen werden. Die vier Hersteller, die nicht von Concessions profitieren, also Honda, Ducati, Yamaha und Suzuki, müssen somit bis Ende 2021 mit dem bereits homologierten Motor fahren. KTM und Aprilia könnten ihre Triebwerke nach aktuellem Stand weiter frei entwickeln.

Vorteil für KTM und Aprilia?

Poncharal, als Tech3-Boss selbst KTM-Kunde, kann sich das aber nicht vorstellen: "Die Concession-Regelung wird sich nicht ändern, aber ich glaube, dass eine Weiterentwicklung des Motors aktuell ihre kleinste Sorge ist. Am Papier wäre als also möglich, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie das nutzen werden. Die Frage für jeden Hersteller ist derzeit nicht, wie man mehr Geld ausgeben, sondern wie man sein Unternehmen retten kann." Im Bereich der Aerodynamik ist normalerweise ein Update pro Fahrer und Saison erlaubt. Nun wäre es ein Update pro Fahrer in den kommenden beiden Jahren.

KTM und Aprilia könnten sich die Änderungen theoretisch zunutze machen, Foto: gp-photo.de / Ronny Lekl
KTM und Aprilia könnten sich die Änderungen theoretisch zunutze machen, Foto: gp-photo.de / Ronny Lekl

Mit den gemachten Schritten zeigt sich Poncharal hochzufrieden: "Das war eine sehr gute Entscheidung. Sie wird die nötigen Investitionen der Hersteller deutlich reduzieren, denn der Großteil der Forschung und Entwicklung ist bereits gemacht. Das wird auch den Privat-Teams helfen, weil dadurch die Leasing-Kosten sinken und das der größte technische Anteil am Budget ist."