Es ist eine bizarre Situation: Andrea Iannone ist nach seiner positiven Dopingprobe im Rahmen des letztjährigen Malaysia-Grand-Prix nach wie vor gesperrt und darf daher weder an Testfahrten noch Rennwochenenden der MotoGP aktiv teilnehmen. Das Urteil in seinem Fall lässt auf sich warten, Iannone hofft immer noch auf einen Freispruch. Er argumentiert die geringen Mengen an anabolen Steroiden in seiner Urinprobe ja mit einer Lebensmittelverunreinigung.

Bis zu einem möglichen Freispruch ist für Iannone aber Zusehen angesagt. Er befindet sich dennoch bei den MotoGP-Testfahrten in Losail, wo am Freitagnachmittag auch die offizielle Teampräsentation von Aprilia stattfand. Im Rahmen dieser trat Iannone trotz seiner ungewissen Zukunft gewohnt selbstbewusst auf.

"Wir haben 2019 hart gearbeitet, um auf diesem Level anzukommen. Ich weiß, dass das Motorrad jetzt viel besser ist. Das haben mir Aleix und Bradley bestätigt. Ich bin stolz auf Aprilia, denn sie haben auf mich gehört und das ist wirklich gut", sah sich Iannone als Hauptverantwortlichen für den großen Fortschritt, den Aprilia mit der völlig neuen RS-GP für 2020 gemacht zu haben scheint.

Aleix Espargaro: Respektlosigkeit Iannones

Eine Sichtweise, die bei Teamkollege Aleix Espargaro alles andere als gut ankam. Der Spanier ist ja bereits 2017 Teil von Aprilias MotoGP-Projekt und hat damit zwei Saisons mehr im Unternehmen auf dem Buckel als Iannone. Auf dessen Aussagen angesprochen zeigte sich Espargaro am Samstagabend in Katar verärgert: "Ich war bislang mit all meinen Teamkollegen befreundet. Aber was Andrea gestern gesagt hat bedeutet das Ende unseres guten Verhältnisses. Seine Worte waren sehr respektlos gegenüber mir, Bradley, den Ingenieuren und Mechanikern. Es stimmt einfach nicht und das weiß Andrea selbst. Ich bin seit vier Jahren bei Aprilia, habe nach diesen Dingen gefragt und die Ingenieure angetrieben. Nun ist dieses Bike gekommen, aber Andreas Darstellung ist nicht richtig. Er hat die gesamte Saison über meine Abstimmungen verwendet und lag in 90 Prozent der Session hinter mir. Aber wir wissen ja alle, wie er ist... "

Andrea Iannone bestritt 2019 seine erste Aprilia-Saison, Foto: Aprilia
Andrea Iannone bestritt 2019 seine erste Aprilia-Saison, Foto: Aprilia

Team-interne Streitigkeiten sind für Iannone nichts Neues. In den beiden gemeinsamen Jahren mit Andrea Dovizioso im Ducati-Factory-Rennstall verschlechterte sich die Beziehung der beiden Italiener zusehends, trauriger Höhepunkt war die Kollision in Argentinien 2016. "Es ist unmöglich mit Andrea zu arbeiten. Er denkt nur an sich", sagte Dovizioso später. Bei Suzuki gab es keinen Krieg mit Alex Rins, dafür waren Reibereien mit anderen Teammitgliedern an der Tagesordnung. Manche Mitarbeiter sollen sogar mit einer Kündigung im Fall einer Vertragsverlängerung für Iannone gedroht haben. Der wechselte für die Saison 2019 schließlich zu Aprilia, wo er nun also mit Aleix Espargaro aneinander geriet.

Iannone will nicht über Doping-Sperre sprechen

Die grundlegende Frage bleibt aber freilich, ob die beiden Streithähne überhaupt noch lange Teamkollegen sein werden. Denn im Falle einer längeren Sperre - zwei Jahre scheinen realistisch - ist mit einem Rauswurf Iannones zu rechnen. Der zeigt sich davon aber unbeeindruckt: "In diesem Thema bin ich nicht zuhause. Mein Zuhause ist die Rennstrecke. Ich will über das Motorrad und das Fahren sprechen und nicht über diese Situation. Das ist nicht gut für mich. Ich will stärker und schneller zurückkommen."