Nur ein einziger Fahrer hat aktuell einen MotoGP-Deal für 2021 in der Tasche: Tito Rabat bei Avintia Racing. Alle anderen Verträge laufen mit Saisonende 2020 aus. Damit ist klar, dass das kommende Jahr auf dem Transfermarkt der Königsklasse ein überaus hektisches sein wird. Mit Rücktritten ist zu rechnen, aufsehenerregende Wechsel sind möglich und neue Teams könnten in der MotoGP entstehen. Motorsport-Magazin.com liefert einen Einblick in die Geschehnisse:

Mögliche Abschiede aus der MotoGP

Für viele Fahrer könnte 2020 die letzte Saison in der Königsklasse sein. Zu allererst muss hier natürlich Ikone Valentino Rossi genannt werden. Er feiert im Februar seinen 41. Geburtstag. Schwer vorstellbar, dass die Karriere von 'Il Dottore' nach der kommenden Saison noch weitergehen wird. Entschieden ist noch nichts und Rossi erklärte wiederholt, dass er die ersten Rennen 2020 abwarten möchte, ehe er eine Entscheidung über seine Zukunft trifft. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Rossi weitermacht, ein Rücktritt mit Ende 2020 scheint aber die wahrscheinlichste Option.

Hängt der neunfache Weltmeister tatsächlich seinen Helm an den Nagel, darf man davon ausgehen, dass 2021 Maverick Vinales im Yamaha-Werksteam bleiben und Fabio Quartararo aus dem Petronas-Kundenrennstall in die Factory-Truppe befördert wird.

Ein Rücktrittskandidat ist auch Andrea Dovizioso, der im März 34 Jahre alt wird. Einen Wechsel in diesem Alter wird sich das italienische Urgestein nach dann acht Jahren bei Ducati wohl kaum mehr antun. Und ob er Lust hat, weiter mit der Desmosedici GP zu kämpfen, ist zumindest fraglich. In der vergangenen Saison wich die Euphorie der vergangenen Jahre bei Dovizioso immer mehr Frust. Ducati gelangen nicht die Entwicklungsschritte, die sich Dovizioso erwartet und erhofft hatte.

MotoGP: Die Saison 2019 analysiert - Hersteller für Hersteller (01:12:42)

Tritt Dovizioso ab, hat Ducati aber dennoch einen guten Pool an möglichen Fahrer für 2021 zur Verfügung. Jack Miller zeigte bei Pramac Racing in diesem Jahr starke Leistungen und holte fünf Podiumsplatzierungen. Danilo Petrucci gewann in Mugello sein erstes MotoGP-Rennen, schwächelte allerdings in der zweiten Saisonhälfte. Und Johann Zarco hat für das kommende Jahr einen Vertrag mit Ducati unterschrieben, wird bei Avintia Racing eine GP19 pilotieren. Diese drei Fahrer werden wohl um einen oder zwei Plätze im Werksteam kämpfen. Das hängt zum einen von Dovizioso und zum anderen vielleicht auch von Valentino Rossi ab. Will der weitermachen, wird er das bei Yamaha tun. Dann könnte Maverick Vinales dort abwandern und bei Ducati andocken. Gespräche soll es bereits gegeben haben.

Auch Cal Crutchlow denkt immer wieder und sogar öffentlich über ein Karriereende nach. Er ist ebenfalls 34 Jahre alt und lebt seit Phillip Island 2018 mit einem schwer lädierten Knöchel. Gut möglich, dass er ab 2021 mehr Zeit zuhause mit Frau Lucy und Tochter Willow verbringen wird.

Dauerbrenner Aprilia

Für mächtig Bewegung am Transfermarkt war in den vergangenen Jahren stets Aprilia gut. Seit dem MotoGP-Wiedereinstieg 2015 waren mit Marco Melandri, Alvaro Bautista, Stefan Bradl, Sam Lowes, Scott Redding sowie den aktuellen Piloten Aleix Espargaro und Andrea Iannone nicht weniger als sieben Stammfahrer engagiert. Ein Anwachsen dieser Liste ab 2021 scheint durchaus wahrscheinlich. Aleix Espargaro machte seinem Frust über die stagnierende Entwicklung bei Aprilia zuletzt immer wieder öffentlich Luft. Sollte das Schlusslicht unter den MotoGP-Herstellern auch 2020 nicht in die Gänge kommen, darf mit einem Abgang Espargaros gerechnet werden. Wohin in dieser führt, lässt sich aktuell nicht sagen. Auch Iannone sitzt alles andere als fest im Sattel. Hier könnte das Aus der Partnerschaft aber auf Initiative von Aprilia passieren, denn die Leistungen von 'The Maniac' auf der RS-GP überzeugten bislang nicht. Doch Iannone fehlt es durch seine in den letzten Jahren negativ verlaufende Formkurve und den Ruf, der im vorauseilt, an Alternativen.

Die Konstanten

Passieren kann am MotoGP-Transfermarkt so gut wie alles. Das haben die vergangenen Wochen und Monate eindrucksvoll gezeigt. Einige Fahrer gibt es aktuell in der Königsklasse aber, bei denen man davon ausgehen kann, dass sich jobtechnisch in absehbarer Zeit nicht viel tun wird. Da ist zum einen Überflieger Marc Marquez. Mit Ausnahme von Yamaha würde ihn wohl jeder Hersteller gerne auf einem seiner Motorräder sehen, momentan signalisiert Marquez aber so gut wie keine Wechselbereitschaft. Kann sich auch Bruder Alex in der MotoGP etablieren, scheint das Repsol-Honda-Team auf zwei weitere Jahre fixiert.

Repsol Honda setzt 2020 auf die Marquez-Brüder Marc und Alex, Foto: HRC
Repsol Honda setzt 2020 auf die Marquez-Brüder Marc und Alex, Foto: HRC

Auch bei Suzuki deutet wenig auf Fahrerwechsel hin. Alex Rins zeigte 2019 mit zwei Rennsiegen groß auf, fühlt sich bei den Japanern pudelwohl und wird vom Werk geschätzt. Gleiches gilt, wenn auch noch mit geringeren Erfolgen, für Joan Mir. Transfer wären hier auf jeden Fall eine Überraschung.

KTM wird mit fast an 100 Prozent grenzender Wahrscheinlichkeit mit Pol Espargaro weitermachen. Auf den restlichen drei Plätzen im Werksteam und bei Tech3 könnte zwischen Miguel Oliveira, Brad Binder und Iker Lecuona durchgemischt werden.

Kommt das Rossi-Team?

Abseits der vielen Spekulationen über Fahrerwechsel gibt es noch eine Frage zu klären: Wie viele Startplätze sind 2021 in der MotoGP überhaupt verfügbar? Seit dieser Saison und auch im kommenden Jahr werden 20 sein, nachdem man im Vorjahr Marc VDS und das Angel Nieto Team aus der Königsklasse entfernt und nur das Petronas SRT Team nachbesetzt hatte. Dieser Schachzug der Dorna wurde schon damals als Vorbereitung auf ein Karriereende von Valentino Rossi gesehen. Denn die Größe des Starterfeldes ist auf 24 Plätze beschränkt. Somit könnte Rossi nun problemlos zwei Maschinen in einem von ihm geführten Team einsetzen. Dass das nach seiner aktiven Karriere passieren wird, gilt im Fahrerlager als so gut wie sicher. Die Frage ist nur, ob es schon 2021 so weit ist.