Im Finale der MotoGP-Saison nimmt das Transferkarussell noch einmal so richtig Fahrt auf. Der überraschende Rücktritt von Jorge Lorenzo am Donnerstag wirbelte den Fahrermarkt durcheinander, sodass nun plötzlich auch Johann Zarco vor einem Vollzeit-Comeback als Einsatzfahrer stehen könnte.

Glaubt man den aktuellen Gerüchten, so steht bei Honda zwar Alex Marquez auf Pole Position der Wunschliste, doch Zarco hat den Kampf um die vakante RC213V noch nicht aufgegeben. "Viele Faktoren spielen nun eine Rolle, ob ich die Position von Jorge übernehmen kann oder nicht", sagte der Franzose nach dem Qualifying am Samstag.

"Ich versuche, meinen Job bestmöglich zu erledigen und wenn ich hier auf dem Podest landen würde, wäre es wohl einfacher, dass sich Honda für mich entscheidet. Ich denke, ein Top-5-Platz ist drin, aber P13 (Zarcos Startplatz am Sonntag) ist wohl nicht das, was sich Honda vorstellt", so Zarco.

Verstärkung aus Frankreich

Der Franzose erklärte in seiner Presserunde am Samstag, dass er an diesem Wochenende Hilfe für etwaige Vertragsverhandlungen an seiner Seite hat: Claude Michy, Ausrichter des französischen MotoGP-Rennens in Le Mans, hilft Zarco, nachdem dieser sich Anfang des Jahres von seinem Langzeit-Manager Laurent Fellon getrennt hatte und seither seine vertraglichen Geschicke selbst gelenkt hat.

Zudem habe Zarco bei Dorna-Boss Carmelo Ezpeleta angefragt, ob dieser nicht etwas für ihn tun könnte: "Ich habe öfter mal mit ihm gesprochen und er würde mich gerne in diesem Paddock sehen." Sollte sich die Tür bei Honda für Zarco schließen, so gibt es womöglich noch eine weitere Möglichkeit: Ducati.

MotoGP - Jorge Lorenzo hört auf: Sein Honda-Debakel analysiert (08:49 Min.)

In Valencia machten Gerüchte die Runde, dass die Italiener den Franzosen unter Mitwirkung von Ezpeleta zum Kundenteam Avintia schleusen könnten. Dort haben mit Tito Rabat und Karel Abraham zwar schon zwei Piloten für 2020 unterschrieben, doch der finanziell schwach aufgestellte spanische Rennstall könnte seine Pläne gegen monetäre Zuwendungen jederzeit über den Haufen werfen. Zumindest Abraham hat seinen Platz im Team nur aufgrund seiner finanziellen Mitgift.

Diesen Plänen erteilte Zarco am Samstag allerdings eine klare Absage: "Ich will in einem guten Team mit einem guten Motorrad fahren. Und Avintia ist für mich kein Top-Team. Bevor ich mich dort in irgendetwas verliere, sollten wir lieber dafür sorgen, dass ich in der Moto2 unterkomme."

Ducati-Deal mit Pramac?

Französische Kollegen informierten Motorsport-Magazin.com im Paddock allerdings darüber, dass man bei Ducati nun sogar darüber nachdenken soll, Zarco bei Pramac Racing unterzubringen. Diese These würde zu einem anderen Gerücht passen: Demnach soll Jack Miller aufgrund seiner starken Leistungen schon 2020 ins Werksteam aufrücken.

Würde dann Danilo Petrucci von seinem Factory-Posten auf einen Testfahrer-Job durchgereicht, damit Ducati bei Pramac Platz für Zarco schafft? Fakt ist jedenfalls, dass die Rote Rennfraktion aus Bologna mit den Leistungen von Petrucci nicht glücklich ist. Der Italiener ist seit elf Rennen ohne Podestplatz und hatte zuletzt Probleme, Top-10-Plätze im Rennen zu halten.

Vertraglich wäre eine Rochade für Ducati (unter Berücksichtigung eventueller Strafzahlungen an Fahrer) möglich: Sowohl Petrucci als auch die beiden Pramac-Piloten Francesco Bagnaia und Jack Miller sind direkt bei Ducati angestellt und dem Pramac-Rennstall als Leihgaben bereitgestellt. Die aktuellen Gerüchte zeigen jedenfalls, wie nervös die Hersteller nach dem Lorenzo-Rücktritt auf dem MotoGP-Fahrermarkt agieren.

Zumindest eigenartig ist auch die Art, wie man sich bei Ducati und Pramac am Samstagabend verhielt. Jack Miller saß als Dritter des Qualifyings in der Pressekonferenz. Im Anschluss an diese geben die Fahrer traditionell auch einzelne Medienrunden in ihrer Muttersprache. Miller wurde dieses Mal aber schnellstmöglich aus dem PK-Raum geschleust. Wenige Minuten sah ihn Motorsport-Magazin.com mit einem wild gestikulierenden Ducati-Teammanager Davide Tardozzi hinter der Pramac-Box.